AG Hannover, Beschluss vom 30.10.2017, Az. 908 IK 820/17 – 8

Aus den Gründen:
Der Schuldner hat mit dem Antrag auf Eröffnung eine zulässige Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgelegt. Danach ist es erforderlich, dass von einer geeigneten Person oder Stelle bestätigt wird, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist. Der Zulässigkeit der vorgelegten Bescheinigung steht nicht entgegen, dass hinsichtlich des Schuldenbereinigungsplans vom 26.01.2017 bereits am 30.01.2017 ein Scheitern bescheinigt wurde.
(...) Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan kommt nur dann zustande, wenn sämtliche Gläubiger ihr Einverständnis erklären. Bereits mit der Ablehnung eines Gläubigers liegt ein Scheitern vor. Die Ersetzung kann nur im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren erfolgen. Aus § 305a InsO, wonach ein Scheitern bei einem Vollstreckungsversuch eines Gläubiger automatisch als gegeben gilt, ergibt sich, dass nicht bereits eine verweigerte Zustimmung eines Gläubigers zum endgültigen Scheitern des Plans führt. Vielmehr soll die Bescheinigung dem Gericht ermöglichen abzuwägen, ob ein gerichtliches Schuldenbereinigungsplanverfahren sinnvollerweise durchgeführt werden kann. Ist für die Schuldenberatungsstelle erkennbar, dass auch für ein solches Verfahren keine Mehrheit nach den Gläubigerrückmeldungen vorliegen wird, kann ein Scheitern bescheinigt werden. (...) Entgegen der Ansicht des LG Hamburg war der Schuldner auch nicht verpflichtet, nach Ablauf der Rückäußerungsfrist weitere Verhandlungen mit den Gläubigern zu führen, um doch noch eine Einigung zu erzielen. Ein ernstlicher Einigungsversuch setzt nicht voraus, dass noch Nachverhandlungen mit den Gläubigern geführt werden. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO stellt zunächst keine Anforderungen an den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan.

Mit dieser Entscheidung widerspricht das AG Hannover der Entscheidung des LG Hamburg (LG Hamburg, Beschl. v. 02.01.2017 - 326 T 149/16), da "der Schuldner entgegen der Ansicht des LG Hamburg nicht verpflichtet war, zunächst die Rückmeldung sämtlicher Gläubiger abzuwarten."

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iff-Überschuldungsreport 2017 – Überschuldete bleiben übermäßig lang im Schuldturm

„Überschuldete sind selten an ihrer Situation wirklich schuld. Dennoch werden sie gesellschaftlich ausgegrenzt und durch eine sechsjährige Wohlverhaltensphase übermäßig lange bestraft. Die Bundesregierung wollte das ändern und hat dazu eine Insolvenzrechtsreform beschlossen. Wir haben uns das Ergebnis mit Hilfe der Beratungsdaten angesehen und festgestellt: Die Reform war ein Flop, nur ein vernachlässigbarer Bruchteil der Überschuldeten, die sich überhaupt noch für eine Verbraucherinsolvenz entscheiden, nimmt sie überhaupt in Anspruch. Zeit, sich endlich den international üblichen Regelungen anzunähern.“

Quelle und mehr: www.iff-hamburg.de