Sozialhilfeausgaben im Jahr 2022

Aus der PM Nr. 321 des Statistischen Bundesamtes:

“Für alle anderen Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII waren im Jahr 2022 steigende Ausgaben zu verzeichnen.

Der größte Anteil an den Ausgaben für Sozialhilfeleistungen ging mit 59 % auf die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zurück: Auf diese Leistung, die vollständig aus Erstattungsmitteln des Bundes an die Länder finanziert wird, entfielen nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 8,8 Milliarden Euro. Sie stiegen gegenüber dem Vorjahr ebenso wie die Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt um 8,3 %.

Für die Hilfe zum Lebensunterhalt wurden insgesamt knapp 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. In die Hilfen zur Gesundheit, die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie die Hilfe in anderen Lebenslagen flossen zusammen rund 1,3 Milliarden Euro und damit 4,4 % mehr als im Vorjahr.”

Armut oder soziale Ausgrenzung bedrohen ein Viertel der Kinder und Jugendlichen – Anteil in zwei Drittel aller EU-Staaten niedriger als in Deutschland

Aus einer PM des Statistischen Bundesamtes vom 26.7.2023: “Armut ist ein mehrdimensionales Phänomen und kann sich nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen. Im Jahr 2022 war knapp jede oder jeder vierte (24,0 %) unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Armut oder soziale Ausgrenzung sind bei einer Person gemäß Definition dann gegeben, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr verfügbares Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.

EU-weit 24,7 % aller unter 18-Jährigen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht

Im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) lag das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche in Deutschland 2022 mit 24,0 % nur knapp unter dem Durchschnitt: EU-weit waren im vergangenen Jahr 24,7 % der unter 18-Jährigen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dennoch war der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Kinder und Jugendlichen in gut zwei Drittel aller EU-Staaten niedriger als hierzulande.”

Überschuldete 2022: Schulden betragen im Durchschnitt das 26-Fache des monatlichen Nettoeinkommens

PM des Statistischen Bundesamtes: Eine überschuldete Person, die im Jahr 2022 die Hilfe einer Beratungsstelle in Anspruch genommen hat, hatte durchschnittlich 30 940 Euro Schulden. Das war das 26-Fache des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens aller durch Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen beratenen Personen in Deutschland (1 189 Euro). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren beratene Schuldnerinnen und Schuldner im Saarland mit 34 308 Euro an offenen Verbindlichkeiten pro Kopf am stärksten belastet. Die Schulden betrugen dort im Durchschnitt das 31-Fache des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens (1 102 Euro).

Überschuldungsintensität misst individuelle finanzielle Überbelastung

Die Relation zwischen durchschnittlichem monatlichen Nettoeinkommen und Schuldenhöhe – auch Überschuldungsintensität genannt – verdeutlicht in einer Zahl das Ausmaß der finanziellen Schwierigkeiten einer überschuldeten Person. Sie drückt aus, um welchen Faktor die Schuldenlast größer ist als das monatliche Einkommen. Beträgt die Schuldenlast also das 26-Fache des monatlichen Nettoeinkommens und könnte die Person ihr gesamtes monatliches Nettoeinkommen für die Schuldentilgung einsetzen, wäre sie nach frühestens 26 Monaten schuldenfrei.

In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern niedrigste Überschuldungsintensität

DGB: Enttäuschende Mindestlohnanpassung gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen

“Die Mindestlohnkommission hat heute gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst. Demnach soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 lediglich auf 12,41 Euro und ein ganzes Jahr später, zum 1. Januar 2025, auf 12,82 Euro steigen. Im ersten Jahr entspricht dies einer prozentualen Erhöhung um magere 3,4 Prozent, im zweiten Jahr sind es sogar nur 3,3 Prozent. Die Arbeitnehmer*innenseite hat deshalb eine eigene Stellungnahme zum Beschlusstext der Mindestlohnkommission abgegeben.

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission, sagte am Montag in Berlin: 

„Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen. Mit diesem Beschluss erleiden die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. Die Mindestlohnkommission wird damit nicht ihrer Aufgabe gerecht, den gesetzlich geforderten Mindestschutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.

Um diesen Mindestschutz sowie einen Ausgleich der Inflation zu erreichen, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.

Vollkommen aberwitzig ist zudem, dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste Erhöhung nicht den aktuell vom Gesetzgeber festgelegten Mindestlohn von 12 Euro ansetzen. Mit dem jetzt gefassten Beschluss gehen die Arbeitgeber stattdessen vom alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro aus. Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich, der vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation die 12 Euro festgelegt hatte, um den Mindestlohn armutsfest zu gestalten.

Es ist beschämend, dass die Arbeitgeber in dieser Situation mit den höchsten Teuerungsraten gerade bei den finanziell Schwächsten des Arbeitsmarktes sparen wollen. Sie müssten de facto Einkommensverluste hinnehmen und wären komplett von der allgemeinen Lohnentwicklung abkoppelt.“

Quelle und mehr: DGB

Jonas Pieper: “5 Vorurteile über Armut, die einfach falsch sind”

Hier der Hinweis auf den Blog-Beitrag von Jonas Pieper vom Paritätischen Gesamtverband 5 Vorurteile über Armut, die einfach falsch sind:

  • Vorurteil 1: “In Deutschland gibt es doch gar keine Armut.”
  • Vorurteil 2: “Arme Menschen geben ihr Geld doch nur für die falschen Dinge aus.”
  • Vorurteil 3: “Arme Menschen brauchen einen Job, keine Sozialleistungen.”
  • Vorurteil 4: “Arme Menschen haben nichts zu tun.”
  • Vorurteil 5: “Das beste Mittel gegen Kinderarmut ist Bildung.”

Diakonie-Zitat: Jeder investierte Euro gegen Kinderarmut zahlt sich aus

Die Verhandlungen der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung sind derzeit umfangreich Gegenstand der öffentlichen Debatten. Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG nimmt dabei mit Sorge zur Kenntnis, dass immer wieder Mythen und Vorurteile zur Kindergrundsicherung und Armutsbetroffenheit kursieren.

Diese möchte das Bündnis mit folgender Zusammenstellung ein für alle Mal abräumen: Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG räumt Mythen ab!

Kann sich Deutschland überhaupt eine Kindergrundsicherung leisten? Dazu erklärt Ulrich Lilie, Präsident Diakonie Deutschland:

Wofür öffentliche Gelder eingesetzt werden und wofür nicht, ist immer eine Frage politischer Prioritätensetzung. Fest steht: Jeder Euro, der gegen Kinderarmut investiert wird, zahlt sich aus. Jedes Kind verdient eine Chance, unabhängig von sozialer Herkunft und Einkommen der Eltern. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, auf die Potenziale vieler Kinder und Jugendlichen zu verzichten. Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels kann Deutschland es sich nicht leisten, Millionen von Kindern und Jugendlichen auf der Strecke zu lassen. Und genau darum brauchen wir jetzt die Einführung einer echten Kindergrundsicherung.

Blog Ulrich LilieWeitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG – Quelle: Diakonie

Statistisches Bundesamt: Gut ein Fünftel der Bevölkerung Deutschlands von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht

In Deutschland waren im Jahr 2022 gut 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren 20,9 % der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. So waren im Jahr 2021 knapp 17,3 Millionen Menschen oder 21,0 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

Eine Person gilt in der Europäischen Union (EU) als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Für jede dieser Lebenssituationen kann jeweils der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung ermittelt werden.

Im Jahr 2022 war etwa jede siebte Person (14,7 % der Bevölkerung oder 12,2 Millionen Menschen) in Deutschland armutsgefährdet. Im Jahr 2021 hatte die Armutsgefährdungsquote 16,0 % betragen. Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland netto (nach Steuern und Sozialabgaben) bei 1 250 Euro im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag der Schwellenwert bei 2 625 Euro im Monat. Um das Einkommen vollständig zu erfassen, wird das Jahreseinkommen erfragt. Dadurch beziehen sich die Fragen zum Einkommen auf das Vorjahr der Erhebung, in diesem Fall also auf das Jahr 2021.

“Deutsche Altersarmut und Armutsgefährdung im europäischen Vergleich”

Bundestagsmeldung: Mit 28,1 Prozent ist die Armutsrisikoquote bei den über 65-Jährigen in Deutschland im Jahr 2021 höher als die des EU-Durchschnitts gewesen. Diese belief sich schätzungsweise auf 27,4 Prozent. Das antwortet die Bundesregierung (20/6386) auf eine Kleine Anfrage zum Thema Altersarmut.

In Deutschland zeigen sich laut Antwort mit Blick auf die Staatsangehörigkeit große Unterschiede beim Armutsrisiko. Insgesamt sei die Quote bei ausländischen Staatsangehörigen höher. Seit 2019 sei sie von 16,2 Prozent auf 27,6 Prozent (2021) gestiegen. Bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit hingegen ist sie nach Angaben der Bundesregierung leicht gesunken – von 15,4 Prozent (2019) auf 14,2 Prozent (2021).

Um die Zahl der von Altersarmut Betroffenen zu senken, würden ältere Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten könnten, durch die Grundsicherung geschützt. Zuallererst gehe es allerdings darum, Altersarmut durch präventive Maßnahmen zu verhindern. Hierbei nennt die Bundesregierung beispielsweise die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde ab Oktober 2022 oder die geplant Pflicht zur Altersvorsorge für neue Selbstständige.

Zahl der Einkommensmillionärinnen und -millionäre im Jahr 2019 in Deutschland um 4,6 % gestiegen

Wer über Armut spricht, muss auch Reichtum thematisieren. Aus einer PM des Statistischen Bundesamts vom 8.5.2023:

Im Jahr 2019 hatten gut 27.400 aller in Deutschland erfassten Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen Einkünfte von mindestens einer Million Euro. Das waren 4,6 % beziehungsweise knapp 1.200 Einkommensmillionärinnen und -millionäre mehr als im Jahr 2018. 

Im Bundesländervergleich war der Anteil der Millionärinnen und Millionäre an allen Einkommensteuerpflichtigen wie bereits in den Vorjahren in Hamburg am höchsten. Dort hatten 12 von 10 000 unbeschränkt Einkommen­steuerpflichtigen (1,2 Promille) Jahreseinkünfte jenseits der Millionengrenze. In Bayern waren es 9 von 10 000 Steuerpflichtigen (0,9 Promille), in Sachsen-Anhalt und Thüringen dagegen jeweils weniger als 2 von 10 000 Steuerpflichtigen (0,19 und 0,17 Promille).

Insgesamt erzielten die 42,8 Millionen Steuerpflichtigen im Jahr 2019 Einkünfte in Höhe von 1,9 Billionen Euro, das waren 81 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Zusammen veranlagte Personen werden dabei als ein Steuerpflichtiger gezählt. Die Höhe der erzielten Einkünfte lag bei den Einkommensmillionärinnen und -millionären im Bundesdurchschnitt bei 2,7 Millionen Euro (2018: 2,6 Millionen Euro).

Heute und morgen: Aktionskongress #ArmutAbschaffen 2023

Heute und morgen findet ein Aktionskongress des Paritätischen statt #ArmutAbschaffen. Dazu gibt es Live-Streams.

PM des Paritätischen: Sich vernetzen, einander Mut und gemeinsam politisch Druck machen – darum geht es beim Aktionskongress “Armut? Abschaffen!”, zu dem der Paritätische Gesamtverband am 4. und 5. Mai 2023 einlädt.

Der Verband verschafft Armutsbetroffenen Gehör, sensibilisiert für das Thema und  will ein Zeichen im Kampf gegen Armut setzen. Auf dem Programm stehen Beiträge von vielen Aktivist*innen und Expert*innen. Von #IchBinArmutsbetroffen-Initatorin Anni W. bis Familienministerin Lisa Paus wird eine große Bandbreite auf dem Kongress vertreten sein, die aus Theorie und Praxis berichtet.

“Unser Kongress setzt ein starkes Zeichen im Kampf gegen Armut”, ist Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, sicher. “Hunderte Anmeldungen zeigen das große Interesse am Thema und seine Relevanz.” Laut aktuellen Zahlen des Paritätischen Armutsberichts leben über 14 Millionen Menschen in Deutschland in Armut. Ulrich Schneider: “Denen müssen wir als Paritätischer Gehör verschaffen und ihnen Mut machen. Wir dürfen nicht locker lassen und müssen weiter Druck aufbauen.”