Marcel Fratzscher: Die populistische Debatte um das Bürgergeld

Marcel Fratzscher vom Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) widmet sich in seinem Blog der Debatte um die Erhöhung des Bürgergeldes.

Er meint: “Das Fatale dieser Diskussion ist, dass sie von populistischen und falschen Argumenten geprägt wird. Es ist höchste Zeit, mit den Mythen aufzuräumen.”

Nachzulesen unter www.diw.de

Siehe auch “Vorsicht, vergiftete Erzählungen!” von Barbara Dribbusch in der taz. Schon ein wenig älter, nämlich vom 2.9.2023, aber immer noch lesenswert!

Kabinett beschließt Kindergrundsicherung

Vorgestern hat das Bundeskabinett die Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen. Dazu:

Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister I: “Missbräuchliche Erhebung aussichtsloser Klagen – Reformbedarf im sozialgerichtlichen Verfahren”

Ende letzter Woche fand die 94. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister statt. Unter TOP I.14 wurde beschlossen:

Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich mit dem Phänomen beschäftigt, dass einzelne wenige Klägerinnen und Kläger eine Vielzahl von vornherein offensichtlich erfolgloser Verfahren vor den Sozialgerichten führen. Sie sehen hierin eine große Belastung für die Funktionsfähigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Dies geht zulasten derjenigen, die auf die schnelle gerichtliche Durchsetzung ihrer materiellen Rechte angewiesen sind.

Die Justizministerinnen und Justizminister sind der Auffassung, dass die Gerichtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips und der Garantie des effektiven Rechtsschutzes beibehalten werden muss. Gleichwohl gibt es Reformansätze, einem Missbrauch im Einzelfall entgegenzuwirken.

Sie bitten den Bundesminister der Justiz, gegenüber dem Bundesminister für Arbeit und Soziales einen Reformprozess anzustoßen mit dem Ziel zu prüfen, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dieser Problematik ohne Einschränkung der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes besser begegnen können.

Quelle: https://www.berlin.de/sen/justv/jumiko/beschluesse/top-i14-vielklaeger-sozialgericht.pdf?ts=1685093862

Das Thema ist nicht völlig neu. Siehe die Befassung im Bundesrat: Keine Mehrheit für Vielklägergebühr bzw. https://www.bundesrat.de/bv.html?id=0495-20

DGB: Kinderzuschlag und Kindergrundsicherung

DGB-Meldung: Den Kinderzuschlag (KiZ) erhalten Eltern, die eine finanzielle Unterstützung für den Lebensunterhalt der gesamten Familie benötigen. Wir beantworten die häufigsten Fragen und erklären, wer den Kinderzuschlag beantragen kann, wieviel Geld es gibt und wie man den KiZ beantragt. Außerdem informieren wir zur aktuellen Diskussion um die geplante Kindergrundsicherung, die laut Koalitionsvertrag Kindergeld und Kinderzuschlag zusammenführen soll.

Bundesverfassungsgericht: keine Pflicht, sich vor Erhebung einer Untätigkeitsklage noch einmal an das Jobcenter zu wenden

Helge Hildebrandt weist unter sozialberatung-kiel.de auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 08. Februar 2023, 1 BvR 311/22 hin.

Aus der PM des Gerichts: “Ist die Untätigkeitsklage – wie hier – aufgrund Fristablaufs und mangels zureichenden Grundes für die Verspätung zulässig und begründet, ist zwar nicht ausgeschlossen, dass das Gericht in pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens aus Gründen der Billigkeit gleichwohl eine Kostenerstattung ablehnt. Hier hat das Sozialgericht das ihm eingeräumte Ermessen mit der Ablehnung der Kostenerstattung jedoch in nicht mehr nachvollziehbarer Weise gehandhabt. Es hat den seine Ermessensausübung leitenden Grundsatz, ein anwaltlich vertretener Leistungsempfänger sei grundsätzlich verpflichtet, sich vor Erhebung einer Untätigkeitsklage nochmals an den Leistungsträger zu wenden und deutlich zu machen, dass eine Entscheidung über einen Antrag oder Rechtsbehelf noch ausstehe und die Behörde bei weiterem Ausbleiben einer Entscheidung mit einer Untätigkeitsklage rechnen müsse, nicht nachvollziehbar aus dem geltenden Recht abgeleitet.

Eine allgemeine Pflicht, die Behörde nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist zunächst auf die ausstehende Entscheidung über den Antrag oder Widerspruch aufmerksam zu machen, die Klageerhebung anzukündigen und nachzufragen, ob sie bald entscheide, findet keine Stütze im Gesetz und kann im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung auch auf keinen der Begründungsansätze des Sozialgerichts gestützt werden. Eine Pflicht, vor der Erhebung einer Untätigkeitsklage den Sachstand zu erfragen, besteht nicht generell, sondern nur unter besonderen Umständen des Einzelfalls.”

LSG Sachsen zum SGB II – Anspruch von Unionsbürger*innen

Der Paritätische weist auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen vom 6.12.2022 unter dem Aktenzeichen L 4 AS 939/20 hin.

Eine EU-Bürger*in hat mit einem geduldeten tunesischen Staatsbürger ein gemeinsames Kind, die Eltern sind nicht miteinander verheiratet, die Mutter ist während der Schwangerschaft „betriebsbedingt“ gekündigt worden. Das LSG Sachsen hat darin zum einen festgestellt, dass in diesem Fall der fortwirkende Arbeitnehmer*innenstatus nicht nach sechs Monaten endet, sondern sich um die Zeit des Mutterschutzes verlängert. Zum anderen führt der Schutz der Familie dazu, dass auch danach ein Anspruch auf SGB-II-Leistungen besteht, weil für die EU-Bürger*in ein fiktiver Anspruch auf ein humanitäres oder familiäres Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG besteht.

Ausführlich unter www.der-paritaetische.de

Thomé zu den Kosten der Haushaltsenergie im SGB II und SGB XII

Unbedingt zu lesen ist der Beitrag von Harald Thomé zum Thema Energiekosten und SGB II/XII.

Aus dem dortigen Fazit: Es bedarf jetzt Leistungsbeziehende, die Stromkosten, welche mind. um 20 EURO höher sind als die dafür im Regelsatz vorgesehenen Kosten [siehe unten], bei den Behörden und vor Gericht geltend machen. Die laufenden Kosten sind im SGB II als “Härtefallmehrbedarf” nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend zu machen, im SGB XII als „abweichende Regelsatzfestsetzung“ nach § 27a Abs. 4 SGB XII.

Auch können und sollen hohe Stromnachzahlungen geltend gemacht werden, diese sollten natürlich zunächst als einmaliger Bedarf im SGB II nach § 21 Abs. 6 SGB II und im SGB XII nach § 30 Abs.10 SGB XII, in der Variante, dass ein Darlehn wegen der zu geringen Berücksichtigung von Stromkosten im Regelsatz nicht zumutbar ist, geltend gemacht werden.

Solche Zuschussanträge werden von den Jobcentern/Sozialämtern abgelehnt werden und es wird ein Darlehn für vom Regelsatz umfassten Bedarf angeboten werden, im SGB II nach § 24 Abs. 1 SGB II im SGB XII nach § 37 Abs. 1 SGB XII. Hier empfiehlt es sich, zunächst ein solches Darlehen anzunehmen und dann dagegen in den Widerspruch und später ins Klageverfahren zu gehen.


Im Regelsatz (2023) sind abzüglich der Kosten für Wohnen und Wohninstandhaltung nachfolgende Kosten für Haushaltsenergie enthalten:

Elektronischer Datenaustausch der Bundesagentur für Arbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen

“Kundinnen und Kunden, die Arbeitslosengeld beantragen, brauchen keine Papierbescheinigungen (bspw. über den Krankengeldbezug) mehr bei der Krankenkasse einholen und bei der BA vorlegen. Auch Mitgliedsbescheinigungen in Papierform entfallen, denn die Krankenkassen melden automatisch die Krankenkassenmitgliedschaft ihrer Kundinnen und Kunden an die BA.

Ab Juli 2023 wird auch die Deutsche Rentenversicherung am Datenaustauschverfahren teilnehmen. Die beiden Behörden werden dann bestehende Erstattungsansprüche untereinander auf elektronischem Weg abwickeln. 

Ab Januar 2024 wird es der BA dann auch gesetzlich möglich sein, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) von Kundinnen und Kunden der Agenturen für Arbeit bei den Krankenkassen abzurufen. Bis dahin müssen Kundinnen und Kunden der Agenturen weiterhin eine AUB im Krankheitsfall oder bei Arbeitsunfähigkeit vorlegen. 

Elektronischer Datenaustausch der Bundesagentur für Arbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen

“Kundinnen und Kunden, die Arbeitslosengeld beantragen, brauchen keine Papierbescheinigungen (bspw. über den Krankengeldbezug) mehr bei der Krankenkasse einholen und bei der BA vorlegen. Auch Mitgliedsbescheinigungen in Papierform entfallen, denn die Krankenkassen melden automatisch die Krankenkassenmitgliedschaft ihrer Kundinnen und Kunden an die BA.

Ab Juli 2023 wird auch die Deutsche Rentenversicherung am Datenaustauschverfahren teilnehmen. Die beiden Behörden werden dann bestehende Erstattungsansprüche untereinander auf elektronischem Weg abwickeln. 

Ab Januar 2024 wird es der BA dann auch gesetzlich möglich sein, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) von Kundinnen und Kunden der Agenturen für Arbeit bei den Krankenkassen abzurufen. Bis dahin müssen Kundinnen und Kunden der Agenturen weiterhin eine AUB im Krankheitsfall oder bei Arbeitsunfähigkeit vorlegen.