Thesenpapier des iff: Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Soziale Schuldnerberatung?

Das institut für finanzdienstleistungen hat das Projekt “Zur Bedeutung von Nachhaltigkeit in und für die Soziale Schuldnerberatung” abgeschlossen und ein Thesenpapier veröffentlicht. Das Projekt lief vom 1. Februar 2023 bis zum 30. November 2023 und erfolgte in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kerstin Herzog (Hochschule RheinMain) und Dr. Katharina Angermeier (HAW Hamburg), seitens des iff waren Dr. Hanne Roggemann und Dr. Sally Peters beteiligt.

Ziel des Forschungsprojekts war es, auf der Basis von Expert:inneninterviews wissenschaftliche Erkenntnisse zum aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsdiskussion innerhalb der Sozialen Schuldnerberatung zusammenzutragen und Weiterentwicklungsbedarfe zu identifizieren.

Die Projektergebnisse sind explizit als Diskussionseinladung ausgestaltet. 

Quelle und mehr und direkt zum Thesenpapier

Verbraucherzentrale warnt: “Vorsicht vor Schreiben des Rechtsanwalts Ralf Heyl”

In einer Meldung vom 6.2.2024 unter www.verbraucherzentrale.de wird berichtet, dass Rechtsanwalt Ralf Heyl aus Hürth bei Köln Forderungsschreiben an Verbraucher:innen versendet habe, die Kund:innen bei der Postbank waren. Gerichtsurteile (OLG Braunschweig und OLG Frankfurt) hätten nun gezeigt, dass Forderungen verjährt, verwirkt oder sogar zweifelhaft sein können.

In Fällen unberechtigter bzw. zweifelhafter Altforderungen würden kurzfristige Zahlungen von Betroffenen aufgrund von Restschulden aus Krediten oder Kontoüberziehungen verlangt werden. Gleichzeitig würde eine kostenpflichtige Ratenzahlung angeboten werden, ohne die genauen Kosten transparent zu machen.

In aktuellen Beschwerden – die die Verbraucherzentrale bis Januar 2024 erreicht habe – würde darauf hingewiesen werden, dass der betreffende Anwalt Forderungen von vor sechs Jahren geltend macht. Es wird angenommen, dass der Anwalt der Postbank 770.000 Altforderungen abgekauft habe. Inzwischen würde keine Zusammenarbeit zwischen dem Anwalt und der Postbank mehr bestehen.

Rechtsanwalt Ralf Heyl habe dennoch versucht, die Forderungen zu Geld zu machen, indem er Forderungsbriefe verschickt und Verbaucher:innen gerichtliche Schritte angedroht habe. In einigen Fällen mussten Betroffene tatsächlich vor Gericht, da der Rechtsanwalt Heyl Klage erhob. Doch in den der Verbraucherzentrale bekannten Fällen seien die Klagen abgewiesen worden.

In der Meldung wird geraten, sich nicht unter Druck setzen zu lassen und die Forderungen nicht ohne weiteres zu begleichen. Betroffene könnten die interaktive Briefvorlage nutzen, um dem Rechtsanwalt zu antworten und die vermeintlich unberechtigte Forderung abzulehnen.

Diakonie Schleswig-Holstein: Schuldnerberatung am Limit – Angebote in Gefahr

“Die Diakonie Schleswig-Holstein fordert vom Land mehr Geld für die Schuldnerberatungsstellen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Beratungsstellen ihre Angebote und Öffnungszeiten einschränken oder sogar komplett schließen müssten. Hintergrund ist die durch die Inflation bedingte hohe Zahl von Ratsuchenden bei zugleich steigenden Betriebs- und Personalkosten.

„Die Schuldnerberatungsstellen in Schleswig-Holstein arbeiten am Limit“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Dabei leisten die Beraterinnen und Berater einen anerkannt wesentlichen Beitrag, um Menschen einen Weg aus Überschuldung zu ebnen oder eine Überschuldung überhaupt zu vermeiden. Insofern wäre es vor allem für die Betroffenen, ihre Familien und Angehörigen ein fatales Signal, wenn Beratungsangebote eingeschränkt oder gestrichen werden müssten.“

Als Folge der Coronakrise und den stark gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten hat sich in Schleswig-Holstein die Zahl der Menschen, die eine Schuldnerberatung in Anspruch nehmen wollen, deutlich erhöht. Gleichzeitig berichten die Beratungsstellen, dass die einzelnen Fälle immer komplexer werden, so dass der Beratungsbedarf insgesamt beträchtlich gestiegen ist. Deshalb müssten die Einrichtungen eigentlich ihr Personal aufstocken.  

Das Gegenteil ist der Fall:

Bundestag entscheidet morgen über 100%-Bürgergeld-Regelsatz-Sanktion

Morgen stimmt der Bundestag auch über den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für ein zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (20/9999) ab. – Quelle und mehr

In diesem Gesetz versteckt ist die neue Regelung, welche die totale Streichung des Regelsatzes im SGB II vorsieht, “wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Bürgergeld wegen einer Pflichtverletzung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 4 innerhalb des letzten Jahres gemindert war, eine zumutbare Arbeit nicht aufnehmen.” (Artikel 5 des Gesetzes)

Die Neue Richtervereinigung macht diesbezüglich auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Einführung einer den gesamten Regelbedarf umfassenden Leistungsminderung (vormals: Sanktion) und die drohende Zweckverfehlung des Vorschlages aufmerksam. Sie sieht eine Gefahr, “denn auflaufende Stromschulden und Zahlungsprobleme bei Ausgaben für Kommunikation, Verkehr und Gesundheitskosten (Zuzahlungen und verschreibungsfreie Medikamente) werden regelmäßig entstehen und nach dem Vorschlag nicht durch Sachleistungen aufgefangen. Sie belasten die Betroffenen nicht nur in besonderer Weise, sondern behindern sie in der Wahrnehmung von Aktivitäten zur Arbeitsaufnahme.”

Die Richtervereinigung weist darauf hin, dass das BVerfG betont hat, dass auch Personen, denen “unwürdiges” Verhalten oder sogar schwerste Verfehlungen vorzuwerfen sind, den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht verlieren (Urteil vom 05.11.2019, 1 BvL 7/16, Rn 120). Vor diesem Hintergrund bedürfen – so die Vereinigung weiter – “die gesetzgeberischen Entscheidungen einer besonders sorgfältigen Abwägung, die nicht in einem gesetzgeberischen Schnellverfahren mit fehlerhafter Zweckausrichtung, nämlich zur Realisierung fiskalischer Interessen statt der Ausrichtung auf die teilhabeorientierte Mitwirkung, getroffen werden sollten.”

Kreditzweitmarktförderungsgesetz in Kraft

Das “Kreditzweitmarktförderungsgesetz” ist in Kraft, siehe www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/411/VO.html und www.gesetze-im-internet.de/krzwmg/index.html

Siehe hierzu die Gemeinsame Stellungnahme des Arbeitskreises InkassoWatch, der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V.,
des Verbraucherzentrale Bundesverbands und weitere VZs zum Referentenentwurf. Diese trägt den Titel “ZENTRALE INKASSOAUFSICHT ERHALTEN”

Es sieht so aus, dass die Warnungen erfolglos waren und nun eine Zersplitterung der Inkassoaufsicht droht, die ja nun gerade an sich zentralisiert werden sollte ab 2025; mehr hier.

Siehe § 1 Abs. 3 KrZwMG (” Teil 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes findet vorbehaltlich § 15 Absatz 4, § 28 Absatz 2, § 30 Absatz 2 und § 46 Absatz 1 Satz 2 auf Kreditdienstleister, soweit sie Kreditdienstleistungen erbringen, die diesem Gesetz unterfallen, keine Anwendung.” –> also vor allem nicht § 13h RDG!) und § 3 Abs. 5 KrZwMG (“Die Bundesanstalt und das Bundesamt für Justiz wirken zusammen auf eine widerspruchsfreie Aufsichtspraxis über Kreditdienstleistungen und Inkassodienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz hin, soweit für diese Tätigkeiten vergleichbare gesetzliche Anforderungen gelten.”)

Online-Seminar “Unterhalt im Spannungsverhältnis Insolvenz”

Hiermit laden wir herzlich zum Online-Seminar

„Unterhalt im Spannungsverhältnis Insolvenz“
mit Gabriele Janlewing
am Donnerstag, 20. Juni 2024, 9 – 16 Uhr, via ZOOM ein.

Trennung und Scheidung zählen zu den „Big Five“ der Überschuldungsgründe. Der Schnittstelle zwischen Insolvenz- und Familienrecht kommt daher in der Schuldnerberatung eine besondere Bedeutung zu.

Anhand konkreter Beispielsfälle soll der Umgang mit typischen, in der Schuldner – und Insolvenzberatung vorkommende Unterhaltskonstellationen aufgezeigt werden.

Anmeldefrist: 31.3.2024, Details in der Seminareinladung, direkt zur Anmeldeseite

vzbv: Auch nach Inkassoreform bieten die Regelungen keinen hinreichenden Verbraucherschutz

Der vzbv meldet: Mehr als 12.000 Verbraucherbeschwerden sprechen für sich: Im Inkassorecht besteht weiterhin Handlungsbedarf. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gemeinsam mit weiteren Verbraucherverbänden überprüft, ob sich die neuen Regelungen seit der Inkassoreform im Jahr 2021 in der Praxis bewährt haben.

Siehe Gemeinsame Stellungnahmezur Evaluation des
„Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“

„Seit Januar 2022 wurden in den Verbraucherzentralen bundesweit über 12.000 Beschwerden zum Thema Inkasso erfasst. Die Inkassoreform hat nicht zu ausreichend verbraucherfreundlichen Regelungen geführt“, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop. „Können Verbraucher:innen nicht sofort zahlen, werden sie schnell mit hohen Kosten konfrontiert. Darunter leiden insbesondere einkommensschwache und überschuldete Menschen.“   

Eine aktuelle Untersuchung der Praxis von Inkassounternehmen zeigt diverse Probleme auf. Bei einer stichprobenartigen Fallsammlung wurden etwa Inkassoschreiben mit erhöhten Kostensätzen gefunden. Ein Hinweis, dass eigentlich ein geringerer Kostensatz gelte, erfolgte mitunter in kleiner Schriftgröße oder auf einer anderen Seite des Schreibens. Auch kam es vor, dass auf einen möglichen geringeren Gesamtbetrag hingewiesen wurde, Verbraucher:innen diesen allerdings selbst ausrechnen mussten. Sehr kurze Zahlungsfristen waren ein weiteres Problem.

Teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot

Das kommt auch nicht alle Tage vor. Am 13.12.2023 hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen (2 BvR 2204/21), dass der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 25. Oktober 2021, 330 T 54/20, die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes verletze und daher aufzuheben sei. 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liest sich wie eine gehörige Klatsche. Daraus:

“Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. (…9

So liegt der Fall hier. Die Entscheidung des Landgerichts ist schlechterdings unhaltbar. Die tragende Erwägung, auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Insolvenzantrags komme es nicht an, sofern nur zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ein Insolvenzgrund tatsächlich gegeben sei, verkennt die Bedeutung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO, deren Zusammenspiel mit § 16 InsO und den Prüfungsumfang des Gerichts in nicht mehr nachvollziehbarer Weise. Sie ist damit unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar.

Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist ein Insolvenzantrag (§ 13 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dieser muss zulässig und begründet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 – IX ZB 214/05 -, juris, Rn. 6, 13). Stellt ein Gläubiger den Insolvenzantrag, setzt die Zulässigkeit desselben gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO voraus, dass der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Begründet ist der Insolvenzantrag, wenn gemäß § 16 InsO ein Eröffnungsgrund gegeben ist, im Falle eines Gläubigerantrags also Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) zur Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Eröffnung vorliegen (vgl. BGHZ 169, 17 <20 Rn. 8>). (…)

Update für 2024: Bescheinigungen des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ nach SGB II und SGB XII

Im Rahmen des Schuldnerschutzes bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie bei privilegierten Aufrechnungen/Verrechnungen von Sozialleistungen ist der Nachweis des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ von Bedeutung.

Zuverlässig wie stets hat Dieter Zimmermann dazu das jährliche Update verfasst, welches unter https://infodienst-schuldnerberatung.de/beratung/2024-bescheinigungen-des-sozialrechtlichen-existenzminimums-nach-sgb-ii-und-sgb-xii/ aufrufbar ist.

Dort gibt es dann auch diverse Vorlagen / Dateien zum Download.

Die Überschriften des Beitrags:

I. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850d ZPO
II. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850f Abs. 2 ZPO
III. Aufrechnung/Verrechnung von Sozialleistungen bis zur Hälfte
IV. Unterschiede zwischen SGB II- und SGB XII-Bescheinigung
V. Fazit