OLG Stuttgart zum Rechtsmissbrauch bei Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags

OLG Stuttgart, Urt. v. 06.09.2016 – 6 U 207/15 – Leitsatz des Gerichts:
Der Herleitung von Rechten des Verbrauchers aus einem wegen eines Belehrungsfehlers möglichen Widerruf eines vor langer Zeit abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags kann der Einwand der Verwirkung oder des Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht generell und nicht allein wegen des Zeitablaufs und der Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Verbrauchers in Unkenntnis der fortbestehenden Widerruflichkeit entgegengehalten werden. Eine Treuwidrigkeit kommt vielmehr nur wegen Besonderheiten im Einzelfall in Betracht.

BGH bejaht einseitiges Recht des Strom-Grundversorgers zur Bestimmung der Leistungszeit

BGH, Urt. v. 08.06.2016 – VIII ZR 215/15 – Leitsatz des Gerichts:
Einem Grundversorger steht gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV ein einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit i. S. d. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, so dass ein Stromkunde im Grundversorgungsverhältnis mit Ablauf eines vom Versorger in der Rechnung mitgeteilten Datums ohne Mahnung in Verzug gerät, sofern dieses Datum wenigstens zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung liegt. (Unterstreichung durch uns);  § 286 Abs 2 Nr 1 BGB, § 315 BGB, § 17 Abs 1 S 1 StromGVV

Unpünktliche Mietzahlung kann fristlose Kündigung begründen

Hier der Hinweis auf eine wichtige Entscheidung des BGH: Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15 zur Wohnraummiete: Sozialbehörde als Erfüllungsgehilfe des Mieters bei Erbringung staatlicher Transferleistungen; unpünktliche Mietzahlungen als wichtiger Grund für die fristlose Kündigung – die Leitsätze des Gerichts:

1. Eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahlt (Bestätigung der Senatsurteile vom 21. Oktober 2009, VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781 Rn. 27 ff.; sowie vom 4. Februar 2015, VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 20).

2. Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters – allein in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen liegen, wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist. (mehr …)

BGH zur Einrede des selbstschuldnerischen Bürgen wegen Verjährung der Hauptschuld

BGH, Urt. v. 14.06.2016 – XI ZR 242/15 – Leitsatz des Gerichts:
Der Bürge verliert das Recht, sich gegenüber dem Gläubiger auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Hauptforderung zu berufen, wenn aufgrund eines gegen den Hauptschuldner ergangenen rechtskräftigen Urteils gegen diesen eine neue 30-jährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wird, und sich der Hauptschuldner erfolglos auf die Einrede der Verjährung berufen hatte (Klarstellung BGH, Urt. v. 12. 3. 1980 – VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222).

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Berücksichtigung von Einkommen eines Familienangehörigen bei der Gewährung von Grundsicherung

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. Juli 2016, 1 BvR 371/11:

„Wenn von Familienangehörigen, die in familiärer Gemeinschaft zusammen leben, zumutbar erwartet werden kann, dass sie „aus einem Topf“ wirtschaften, darf bei der Ermittlung der Bedürftigkeit für die Gewährung existenzsichernder Leistungen unabhängig von einem Unterhaltsanspruch das Einkommen und Vermögen eines anderen Familienangehörigen berücksichtigt werden. Allerdings kann nicht in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden, wer tatsächlich nicht unterstützt wird.“ – zur ganzen Pressemitteilung Nr. 60/2016 des Bundesverfassungsgericht vom 7. September 2016

Siehe dazu auch Kommentar von Gernot Kramper auf stern.de („Jetzt wird Armut ansteckend“)

„Rote Karte für Kostendopplungen durch Inkassounternehmen und Inkassoanwälte“

An dieser Stelle der Hinweis auf einen sehr lesenwerten Beitrag im Infodienst-Schuldnerberatung mit dem Titel „Rote Karte für Kostendopplungen durch Inkassounternehmen und Inkassoanwälte“.

Der Beginn: „Das AG Coburg (das Zentrale Mahngericht für Bayern) hat mit Beschluss vom 03.03.16 (AZ: 15-7790975-00-N) den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurückgewiesen, in dem sowohl Inkasso- als auch Anwaltskosten tituliert werden sollten. (mehr …)

Rote Karte für Kostendopplungen durch Inkassounternehmen und Inkassoanwälte

Das Zentrale Mahngericht für Bayern, das AG Coburg, hat in einem Beschluss festgestellt, das Rechtspfleger im Rahmen des automatisierten gerichtlichen Mahnverfahrens einschreiten dürfen, wenn versucht werde, das Verfahren dazu zu mißbrauchen, nicht bestehende Ansprüche (hier: Kostendoppelung Inkasso- und Rechtsanwaltsgebühren) durchzusetzen.

AG Göttingen: Inkassounternehmen sind nicht zur Stellung von Restschuldbefreiungsversagungsanträgen befugt

Hier der Hinweis auf AG Göttingen, Beschluss vom 15.07.2016 – 71 IK 111/10 NOM:

Inkassounternehmen sind nicht zur Stellung von Restschuldbefreiungsversagungsanträgen befugt (AG Köln, NZI 2013, 149). Das gilt auch in ab dem 01.07.2014 beantragten Verfahren. (a.A. AG Coburg, ZVI 2016, 140).  Ein derartiger Antrag ist als unzulässig abzuweisen. (Leitsätze des Gerichts)