AG SBV: Neue P-Konto- Bescheinigung und Kundeninformation – gültig ab 01.07.2024

Ab dem 1.7.2024 wird es eine neue Pfändungstabelle geben (Pfändungstabelle 2024 ist nun veröffentlicht). Die AG SBV hat nun die entsprechenden Dokumente aktualisiert. Vielen Dank!

Diese sind nun unter www.agsbv.de/2024/06/neue-p-konto-bescheinigung-und-kundeninformation-gueltig-ab-01-07-2024/ zu finden.

BGH: die vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie ist Arbeitseinkommen und als solches pfändbar

BGH, Beschluss vom 25. April 2024 – IX ZB 55/23 – Leitsätze

1. Die vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie ist Arbeitseinkommen und als solches pfändbar.

2. Die Prämie ist Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens.

Aus der Entscheidung:

„Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 Abs. 1 ZPO, das nur nach Maßgabe der § 850a bis § 850i ZPO gepfändet werden kann. Arbeitseinkommen sind nach § 850 Abs. 2 ZPO unter anderem die Arbeits- und Dienstlöhne. Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst nach § 850 Abs. 4 ZPO alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- und Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart. (…) Die Inflationsausgleichsprämie ist keine aus öffentlichen Mitteln finanzierte staatliche Hilfsmaßnahme (…), sondern lediglich steuerlich und abgabenrechtlich begünstigt. (…)

Danach bemisst sich im Streitfall der Pfändungsschutz für die Inflationsausgleichsprämie nach den §§ 850a bis 850h ZPO, insbesondere nach § 850c ZPO. Die Prämie ist Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens (…)

Pfändungstabelle 2024 ist nun veröffentlicht

Letzte Woche hatten wir noch gefragt, wann denn wohl die Pfändungstabelle erscheinen wird und eine Prognose gewagt: Pfändungstabelle 2024: steigt der Pfändungsfreibetrag auf fast 1.500 Euro?

Nun ist heute (endlich) die „Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2024“ verkündet worden und zwar im BGBl. 2024 I Nr. 160 vom 16.05.2024. Diese ist abrufbar – und seit 2023 auch direkt ausdruckbar – unter https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/160/VO.html.

Die neuen Werte werden ab 1.7.2024 wirksam sein und basieren auf § 850c Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit der Erhöhung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Beträge wurden um über 6% angehoben und lauten dann wie folgt:

  • Der unpfändbare Betrag für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten steigt von aktuell 1.402,28 Euro auf 1.491,75 Euro.
  • Der Erhöhungsbetrag für die erste Unterhaltspflicht steigt von 527,76 Euro auf 560,90 Euro [1].
  • Für die zweite bis fünfte Unterhaltspflicht steigt der Erhöhungsbeitrag von 294,02 Euro auf 312,78 Euro.

Gut nutzbar ist die tabellarische Darstellung der sog. Pfändungstabelle, die als Anhang der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung angefügt sind und nach Nr. 2 der Bekanntmachung gelten („Die ab 1. Juli 2024 geltenden Pfändungsfreibeträge ergeben sich im Übrigen aus den als Anhang abgedruckten Tabellen.“)

Um eine kompakte Schnell-Übersicht zu gewinnen, haben wir wieder eine 1-Seiten-Ansicht in 100er-Schritten mit gerundeten Zahlen erstellt. Der Beginn sieht so aus:

Wie ist die Tabelle zu lesen? Die roten Zahlen zeigen den pfändbaren Betrag, also den Anteil, den der Gläubiger erhält. Die grün hinterlegten Zahlen zeigen, was dem Schuldner übrig bleibt.

Ein Beispiel: Ein Schuldner ohne Unterhaltspflichten verdient netto 2.100 €. Dann sind 426 € pfändbar, d.h. ihm verbleiben 1.674 €. Bekommt er ein Kind (= dann 1 Unterhaltspflicht), sind 24 € pfändbar und ihm verbleiben 2.076 €.

Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

Die Bundesregierung hat den „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung“ (20/11310) eingebracht. Ziel ist es danach, die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form bei den Vollstreckungsorganen zu reduzieren.

Durch Änderungen in der Zivilprozessordnung (Paragrafen 754a und 829a) soll es umfangreicher als bisher erlaubt werden, anstatt der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke in Papierform elektronische Kopien davon an das Vollstreckungsorgan zu übermitteln. Weitere Neuregelungen beziehen sich etwa auf den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Gerichtsvollzieher.

In seiner Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf schlägt der Bundesrat vor, eine im Gerichtskostengesetz enthaltene Regelung zu Vorauszahlungspflicht der Gerichtsgebühren in Zwangsvollstreckungsverfahren zu streichen. Dadurch solle die Digitalisierung der Zwangsvollstreckung gefördert werden. Die Bundesregierung zeigt sich in ihrer Gegenäußerung grundsätzlich offen für den Vorschlag, will die Streichung aber zunächst zurückstellen.

Quelle: Bundestagsmeldung

Pfändungstabelle 2024: steigt der Pfändungsfreibetrag auf fast 1.500 Euro?

So langsam wird es Zeit. Wann kommt die neue Pfändungstabelle? Immerhin soll diese sich jährlich zum 1.7. ändern – vgl. § 850c Abs. 4 ZPO. Satz 2 dieses Absatzes lautet zur Berechnung:

„Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.“

Der Grundfreibetrag ist um über 6% von 10.908 Euro auf 11.604 Euro gestiegen. Demnach müssten die neuen Pfändungsfreigrenzen wie folgt lauten:

Vor dem Hintergrund der Rundungsregel des § 805c Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ZPO würde dann ein Einkommen bis zu 1.499,99 Euro pfändungsfrei sein.

Zur aktuell gültigen Tabelle siehe hier www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/2023/pfaendungstabelle-2023-erschienen

Erfolgreicher Eilantrag betreffend die Räumung und Herausgabe einer Wohnung im Wege der Zwangsvollstreckung

Das Bundesverfassungsgericht muss sich immer mal wieder mit dem Thema der Wohnungsräumung befassen (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht zum Schutz vor Wohnungsräumung zur Erhaltung von Leben und Gesundheit)

Nun erneut mit Beschluss vom 26. Februar 2024, 2 BvR 51/24. Daraus:

„Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. (…)

Macht der Vollstreckungsschuldner für den Fall einer Zwangsräumung substantiiert ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend, haben sich die Tatsacheninstanzen – beim Fehlen eigener Sachkunde – zur Achtung verfassungsrechtlich verbürgter Rechtspositionen wie in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG regelmäßig mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind, insbesondere welchen Schweregrad zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies eintreten kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Dezember 2023 – 2 BvR 1233/23 -, Rn. 20 m.w.N.).

Update für 2024: Bescheinigungen des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ nach SGB II und SGB XII

Im Rahmen des Schuldnerschutzes bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie bei privilegierten Aufrechnungen/Verrechnungen von Sozialleistungen ist der Nachweis des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ von Bedeutung.

Zuverlässig wie stets hat Dieter Zimmermann dazu das jährliche Update verfasst, welches unter https://infodienst-schuldnerberatung.de/beratung/2024-bescheinigungen-des-sozialrechtlichen-existenzminimums-nach-sgb-ii-und-sgb-xii/ aufrufbar ist.

Dort gibt es dann auch diverse Vorlagen / Dateien zum Download.

Die Überschriften des Beitrags:

I. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850d ZPO
II. Pfändung in den Vorrechtsbereich nach § 850f Abs. 2 ZPO
III. Aufrechnung/Verrechnung von Sozialleistungen bis zur Hälfte
IV. Unterschiede zwischen SGB II- und SGB XII-Bescheinigung
V. Fazit

LG Münster lehnt Erhöhung des pfandfreien Betrages wegen zu erwartender Steuerschuld bei Rentner:in ab

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des LG Münster vom 18.9.2023, 5 T 394/23 mit dem Leitsatz

Dem Rentner/Der Rentnerin ist eine Erhöhung des pfandfreien Betrages wegen zu erwartender Steuerschuld nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht zuzugestehen(s. a. BGH-Beschluss vom 19.09.2019 – Az. IX ZB 2/18 -).

Aus der Entscheidung: Mit Eintritt der Beschwerdeführerin in die Altersrente zum 01.08.2023 beantragte diese unter Hinweis auf die nachgelagerte Besteuerung ihrer Altersrente Ihre Gleichstellung bei der Ermittlung der pfändungsfreien Beträge zu der Situation, in der sie ausschließlich Arbeitseinkommen als abhängig Beschäftigte beziehen würde und in diesem Zuge die auf dieses Arbeitseinkommen abzuführende Lohnsteuer gemäß § 36 InsO, § 850 Nr. 1 ZPO nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen gerechnet würde.

Hierzu trägt die Beschwerdeführerin vor, dass ihre Ungleichbehandlung daraus resultiere, dass sie für die zu erwartende Steuerschuld auf ihre Rentenzahlung eine monatliche Rücklage bilden müsse, die sie im Falle ihrer abhängigen Beschäftigung nicht bilden müsse.

Das Amtsgericht Münster hat diesen Antrag im angegriffenen Beschluss unter Verweis darauf zurückgewiesen, dass höchstrichterlich entschieden sei, dass die Entstehung einer Steuerschuld in der Regel kein ausreichender Grund für die Erhöhung des unpfändbaren Betrages sei.

Forderungspapier der AG SBV zur Unpfändbarkeit der Kindergrundsicherung

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) sieht dringenden Ergänzungsbedarf zum Pfändungsschutz:

Mit der Einführung der Kindergrundsicherung sollen Kinder und Jugendliche bessere Chancen erhalten, mehr Familien und ihre Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht und Kinderarmut wirksam bekämpft werden. Hierzu sollen die bisherigen finanziellen Leistungen Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zusammengeführt werden.

Das Gesetz enthält jedoch keine separate Regelung zur (Un)pfändbarkeit der Kindergrundsicherung. Beim P-Konto durchbricht die Kindergrundsicherung die bisherige Systematik der Freibeträge. Daraus ergeben sich mehrere Probleme.

Geforderte Lösungen:
(1) Das geplante Gesetz einer Kindergrundsicherung wird dahingehend ergänzt, dass Leistungen der Grundsicherung grundsätzlich unpfändbar sind.

(2) § 902 Nummer 4 ZPO wird ergänzt: für den Fall, dass die Zahlungseingänge auf dem P-Konto inkl. Kindergrundsicherung den Grundfreibetrag plus Leistungen des § 902 Nummer 5 ZPO (Leistungen für Kinder) plus die Pauschalen des § 902 Nummer 1 ZPO, überschreiten. In diesem Fall kann die Differenz ebenfalls bescheinigt werden. Unberührt bleiben Leistungen im Sinne von § 902 Nummer 2,3 und 6 ZPO.

(3) Für nachgezahlte Kindergrundsicherung gemäß § 904 ZPO ist eine vergleichbare Lösung zu finden.

Zum Forderungspapier