BGH: Immaterieller Schadensersatzanspruch eines Mobilfunkkunden wegen Weitergabe personenbezogener Daten durch den Mobilfunkanbieter an die SCHUFA

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 28.01.2025, VI ZR 183/22. Aus der Entscheidung:

Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, 18. Mai 2022, Az: 5 U 2141/21) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren relevant, ausgeführt: Der Beklagten stehe ein Anspruch auf Zahlung von immateriellem Schadensersatz aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von 500 € zu. Die Klägerin habe ihre Pflichten aus Art. 5, 6 i.V.m. Art. 4 Nr. 2 DSGVO verletzt, indem sie personenbezogene Daten der Beklagten an die SCHUFA gemeldet habe, obwohl die Forderungen der Klägerin streitig und noch nicht tituliert gewesen seien, eine Meldung daher nicht hätte erfolgen dürfen. (…) Die zulässige Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. (…)

Da der Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO weder eine Abschreckungs- noch eine Straffunktion erfüllt, darf weder die Schwere des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung, durch den der betreffende Schaden entstanden ist, berücksichtigt werden, noch der Umstand, ob schuldhaft gehandelt wurde (…)

LG Berlin untersagt Schufa-Drohung von Voxenergie

Aus einer PM der Verbraucherzentrale Hamburg: Das Landgericht Berlin II hat der Voxenergie GmbH untersagt, Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem Hinweis auf die Schufa unter Druck zu setzen, wenn es um das Begleichen offener Forderungen geht. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte gegen den Energie- und Telekommunikationsdienstleister geklagt (Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin II vom 26. März 2025, Az. 52 O 53/25).

Voxenergie hatte einen Kunden angeschrieben und zur Zahlung von 190,39 Euro für einen angeblich geschlossenen Vertrag aufgefordert. Der Anbieter wies darauf hin, dass es sich um ein „Spezial-Angebot“ 

handele. Nicht nur der offene Betrag selbst sei reduziert, auch das Honorar des Inkassounternehmens und zusätzliche Kosten für weitere Mahnstufen würden entfallen. Das Schreiben von Voxenergie endete mit den Sätzen: „Sollte die Überweisung nicht (…) erfolgen, werden wir den vollen Betrag verlangen und den Sachverhalt erneut ans Inkasso geben. Den nicht bezahlten Betrag übergeben wir an die Schufa.“ 

„Die Schufa ist ein starkes Druckmittel, oft selbst dann, wenn eine Forderung gar nicht berechtigt ist“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Das Vorgehen von Voxenergie ist unlauter.“

Das Landgericht Berlin II hat die Schufa-Drohung von Voxenergie für unzulässig erklärt und ist damit dem Klageantrag der Hamburger Verbraucherschützer vollumfänglich gefolgt. Voxenergie darf Schreiben dieser Art nicht mehr verschicken. Anderenfalls droht dem Unternehmen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro.

SCHUFA will bei neuem Score „auf völlige Transparenz setzen“

Hier der Hinweis auf die PM der SCHUFA vom 03.04.2025. Deren Beginn:

„Als weltweit erste Auskunftei setzt die SCHUFA mit ihrem neuen Bonitätsscore auf völlige Transparenz. Verbraucherinnen und Verbraucher können den neuen Score, der eine Bonitätsprognose wiedergibt, anhand ihrer eigenen Daten selbst nachrechnen – und das ganz ohne statistische Fachkenntnisse. Dazu hat die SCHUFA ihre teils sehr komplexen Scores einfacher und verständlicher gemacht. Aus mehr als 250 möglichen Kriterien hat die SCHUFA die zwölf verständlichsten und gleichzeitig für die Prognosegüte aussagekräftigsten ausgewählt. Die sechs Branchenscores, die perspektivisch abgelöst werden, verwenden bisher allein in Summe rund 100 Kriterien.

Jedes Kriterium, das in den neuen Score einfließt, erhält Punkte, die ganz einfach zusammengerechnet werden können. Die Höhe der Punktzahl pro Kriterium spiegelt die Gewichtung im Score wider. Verbraucherinnen und Verbraucher können so künftig einfach nachvollziehen, welche Kriterien ihren persönlichen Score wie beeinflussen und Änderungen ihres Scores leichter verstehen. Mit dem neuen SCHUFA-Score wird es zukünftig möglich sein, Einfluss auf den eigenen Score zu nehmen.“

Quelle und mehr: https://www.schufa.de/newsroom/pressemitteilungen/neuer-schufa-score-voellige-transparenz/

Vgl. auch unsere Meldung vom 27.2.2025: EuGH zur „automatisierten Bonitätsbeurteilung“: Die betroffene Person hat das Recht, zu erfahren, wie die sie betreffende Entscheidung zustande kam

OLG Köln: sofortige Löschung eines Aufkunftei-Eintrages nach Ausgleich der Forderung

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Köln vom 10.4.2025, 15 U 249/24.

Daraus: „Die Beklagte hat gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, indem sie die in den ursprünglichen Klageanträgen genannten Einträge über Zahlungsstörungen des Klägers auch nach dem Ausgleich der Forderungen am 2. Dezember 2020, am 4. November 2021 beziehungsweise im Dezember 2022 für drei beziehungsweise gut zwei Jahre weiterhin gespeichert und für ihre Kunden zum Abruf bereitgehalten hat. Nach der Erfüllung der Forderungen war die fortdauernde Speicherung der – nunmehr zusätzlich mit einem Erledigungsvermerk versehenen – Einträge betreffend die zuvor aufgetretenen Zahlungsstörungen rechtswidrig, weil die in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Bedingungen nicht länger erfüllt waren. (…)

Allerdings ist bezüglich der drei Forderungen, die gegen den Kläger gerichtet waren, eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nicht erfolgt und hätte offenbar auch nicht erfolgen dürfen, weil die Voraussetzungen des § 882c Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorlagen. Auch dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte die Forderungen löschen musste, nachdem ihr durch entsprechende Meldungen der Gläubiger deren vollständige Befriedigung nachgewiesen worden war. Denn wenn in den in § 882c Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Fällen, in denen (sogar) Vollstreckungsmaßnahmen (Antrag auf Erteilung einer Vermögensauskunft) zunächst nicht zu einer Befriedigung geführt haben, entsprechende Einträge nach der späteren Befriedigung des Gläubigers gelöscht werden müssen, muss dies auch und erst recht gelten, wenn der Schuldner – wie im Streitfall offenbar der Kläger – den Gläubiger einer titulierten beziehungsweise mehrfach angemahnten unstreitigen Forderung ohne den Druck von Vollstreckungsmaßnahmen befriedigt (zutreffend LG München, Urteil vom 19. Juli 2024 – 47 O 16029/23, Anlage zur Berufungsbegründung). (…)

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Frage, ob die gesetzliche Wertung des § 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO für private Wirtschaftsauskunfteien maßgeblich ist, hat grundsätzliche Bedeutung. (…)“

EuGH zur „automatisierten Bonitätsbeurteilung“: Die betroffene Person hat das Recht, zu erfahren, wie die sie betreffende Entscheidung zustande kam

Heutige PM des EuGH zu 27.2.2025, C-203/22: „In Österreich verweigerte ein Mobilfunkanbieter einer Kundin den Abschluss eines Vertrags, da sie über keine ausreichende Bonität verfüge. Er stützte sich dafür auf eine Bonitätsbeurteilung der Kundin, die von Dun & Bradstreet Austria, einem auf die Erstellung solcher Beurteilungen spezialisierten Unternehmen, automatisiert durchgeführt worden war. Der Vertrag hätte die Kundin zu einer monatlichen Zahlung von zehn Euro verpflichtet.

Im Rahmen des daran anschließenden Rechtsstreits stellte ein österreichisches Gericht rechtskräftig fest, dass Dun & Bradstreet gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen habe. Dun & Bradstreet habe der Kundin nämlich keine „aussagekräftigen Informationen über die involvierte Logik“ der betreffenden automatisierten Entscheidungsfindung übermittelt. Zumindest habe das Unternehmen nicht hinreichend begründet, weshalb es nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln.

Das Gericht, an das sich die Kundin für die Exekution der gerichtlichen Entscheidung wandte, fragt sich, welche Handlungen Dun & Bradstreet in diesem Zusammenhang konkret vornehmen muss. Es hat den Gerichtshof daher um Auslegung der DSGVO und der Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen ersucht.

Dem Gerichtshof zufolge muss der Verantwortliche das Verfahren und die Grundsätze, die konkret zur Anwendung kommen, so beschreiben, dass die betroffene Person nachvollziehen kann, welche ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen der automatisierten Entscheidungsfindung auf welche Art verwendet wurden.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht zur Einmeldung von rückständigen Forderungen an Auskunfteien

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Schleswig vom 22.11.2024, 17 U 2/24. Die Leitsätze:

  1. Die Rechtmäßigkeit der Einmeldung rückständiger Forderungen an eine Wirtschaftsauskunftei (hier: SCHUFA) bestimmt sich im Ausgangspunkt nach Art. 6 DSGVO. Die in § 31 BDSG für die Zulässigkeit des Scoring enthaltenen Maßstäbe haben insoweit allerdings indizielle Bedeutung.
  2. Selbst eine nach dem Maßstab des § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BDSG bei Möglichkeit einer Kündigung des zugrunde liegende Vertragsverhältnisses im Grundsatz rechtmäßige Übermittlung von Daten an die Auskunftei darf nur solche fälligen und rückständigen Forderungen betreffen, wegen derer bei Zahlungsrückstand das zugrunde liegende Vertragsverhältnis fristlos gekündigt werden kann. Dies beinhaltet beim Rückstand mit Abschlagszahlungen auch den abgerechneten Saldo, da dieser nur eine umstands- und zeitbedingte Fortentwicklung der Entgeltforderung darstellt.
  3. Nicht erfasst sind hingegen Nebenforderungen, wie etwa „Mahngebühren“, „Nichterfüllungsschäden“, „Überweisungsgebühren“ oder „Verzugskosten“. Der Rückstand mit derartigen vom Bestand der Hauptforderung abhängigen Nebenforderungen lässt keine Rückschlüsse auf mangelnde Zahlungsfähigkeit oder mangelnden Zahlungswillen des Schuldners zu.
  4. Können nach der Darstellung der Forderungen derartige Nebenforderungen und die Hauptforderung nicht klar voneinander getrennt werden, ist die gesamte Einmeldung unrechtmäßig.

SCHUFA: Verkürzung der Speicherfrist auf 18 Monate bei einmaligen Zahlungsstörungen möglich

Die SCHUFA meldete gestern: „Verbraucherinnen und Verbraucher können bei einmaligen Zahlungsstörungen die Speicherfrist von 36 auf 18 Monate nach Ausgleich verkürzen. Dafür muss die Zahlungsstörung unter anderem innerhalb von 100 Tagen nach Übermittlung durch ein Unternehmen an die SCHUFA bezahlt werden.

Die neue 100-Tage-Regelung ist Teil des Code of Conduct Prüf- und Speicherfristen, den die SCHUFA und weitere deutsche Auskunfteien mit den Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder im Mai 2024 verabschiedet haben. Er regelt die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch Auskunfteien.

Die 100-Tage-Regelung tritt ab dem 1. Januar 2025 zusätzlich zu den bestehenden Speicherfristen in Kraft. Wie bisher gilt auch weiterhin, dass personenbezogene Daten über ausgeglichene Zahlungsstörungen für weitere drei Jahre nach Ausgleich als “erledigte Zahlungsstörungen” gespeichert werden. Im Falle einmaliger Zahlungsstörungen regelt der Code of Conduct die Speicherfristen für Verbraucherinnen und Verbraucher neu, wenn diese durch ihr Zahlungsverhalten zeigen, dass sie nicht nachhaltig zahlungsunfähig sind. (…)

Die neue Regelung sieht für einmalige Zahlungsstörungen vor, dass eine Verkürzung der Speicherfrist auf 18 Monate nach Ausgleich unter drei Bedingungen möglich ist, die alle erfüllt sein müssen:

Verbraucherzentrale NRW zur bonify-App: Datenschutz im Auge behalten

Hier der Hinweis auf den Beitrag unter https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/digitale-welt/bonifyapp-datenschutz-im-auge-behalten-86413

Der Teaser: „Was ist die neue bonify-App und wie will die App Menschen dabei unterstützen, die eigene Kreditwürdigkeit zu verbessern? Wir beantworten die wichtigsten Fragen und erläutern, warum wir das kritisch sehen.“

Siehe auch schon „Schufa: Finger weg von meinem Konto!“ der Bürgerbewegung Finanzwende e.V. (5.6.2023) und von der SCHUFA „SCHUFA-Basisscore in der bonify-App: Das sind die 9 wichtigsten Fragen“ (18.7.2023)

Prüf- und Speicherfristen: Verhaltensregeln von Wirtschaftsauskunfteien

Der Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ hat die „Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien“ überarbeitet.

Zu den Mitgliedern des Verbandes zählen die SCHUFA Holding AG, infoscore Consumer Data GmbH, Crif GmBH und der Verband der Vereine Creditreform e.V. (Mitgliederliste des Verbandes).

Der neue Code of Conduct vom 25.05.2024 sieht für Informationen über ausgeglichene Forderungen bis einschließlich 31. Dezember 2024 die Fortgeltung der Regelungen aus dem (bisherigen) Code of Conduct vor.

Mehr auf der Seite des Verbandes: www.die-wirtschaftsauskunfteien.de/code-of-conduct und von der Fachberatung Schuldnerberatung unter www.fbsb-nrw.de/2024/06/schufa-speicherfristen-privater-auskunfteien-neu-geregelt-uebergangsregelungen/.

Siehe auch die Stellungnahme der BAG-SB.

Bei allem: dieser Code of Conduct ist nicht zu verwechseln mit dem Code of Conduct der Inkassobranche / des BDIU! Diese gibt es hier: www.inkasso.de/code-of-conduct.

AG SBV-Stellungnahme zur Evaluation des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Art. 107a Abs. 1 EGInsO bestimmt, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024 berichtet, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgewirkt hat. Der Bericht soll auch auf etwaige Hindernisse eingehen, die von den bestehenden Möglichkeiten der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien für einen wirtschaftlichen Neustart nach Erteilung der Restschuldbefreiung ausgehen.

Im Rahmen dessen hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) eine sehr lesenswerte Stellungnahme abgegeben, die sich hier findet: www.agsbv.de/2024/05/stellungnahme-zur-evaluation-verkuerzung-des-insolvenzverfahren-und-positionierung-zur-verstrickung-im-insolvenzverfahren-der-ag-sbv/

Daraus:

  • Aus Sicht der AG SBV ist die Regelung bzgl. der dreijährigen Abtretungsfrist zu begrüßen und sollte beibehalten werden.
  • Die AG SBV sieht keine Erledigung der Probleme für Verbraucher*innen durch die Speicherung insolvenzbezogener und anderer vergleichbarer Daten durch das Urteil des EuGH. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf und damit verbunden die Erwartung an den Gesetzgeber eine Regelung zu finden, die die sachdienlichen Hinweise des EuGH aufnehmend, die sensiblen Daten (…) schützt, (…)

Als „weitere Änderungsbedarfe“ wurden angemeldet: Verstrickungsproblematik; sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn kein Gläubiger eine Forderung anmeldet; Ausschlussfrist zur Forderungsanmeldung von 3 Monaten; Einführung einer Frist für Feststellungsklagen der Gläubiger sowie zur Sperrfrist und Dauer eines erneuten Insolvenzverfahrens.

Zur Verstrickung gibt es ein gesondertes Papier der AB SBV: www.agsbv.de/(…)/2024-04-30_AG-SBV_Positionspapier_Verstrickung-Insolvenzverfahren.pdf