Kon­junk­tur­pa­ket (2): “schneller Neustart nach einer Insolvenz” – für Verbraucher allerdings Verkürzung des Entschuldungsverfahren nur “befristet”

Unter Punkt 9 des Eckpunktepapiers des Konjunkturpakts steht:

Die Corona-Pandemie kann dazu führen, dass viele Unternehmen unverschuldet in finanzielle Schieflage geraten. Mit den zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen helfen wir den Unternehmen, Insolvenzen zu vermeiden. Wo dies trotz aller Anstrengungen nicht möglich ist, soll ein schneller Neustart nach einer Insolvenz erleichtert werden. Deshalb soll das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre verkürzt werden, flankiert durch ausreichende Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung. Die Verkürzung soll für Verbraucher befristet sein und das Antragsverhalten der Schuldner soll nach einem angemessenen Zeitraum evaluiert werden, dies auch im Hinblick auf etwaige negative Auswirkungen auf das Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten. Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen soll ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden.

Was dies konkret bedeutet, ist unklar. (mehr …)

Ko­ali­ti­ons­aus­schuss be­schließt Kon­junk­tur­pa­ket (1)

“Der Koalitionsausschuss hat sich auf Eckpunkte eines beispiellosen Konjunkturpakets verständigt. Gezielte Maßnahmen im Umfang von insgesamt 130 Milliarden Euro sollen Beschäftigte und Familien unterstützen, Unternehmen stabilisieren, die Modernisierung des Landes voranbringen und dafür sorgen, dass Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgeht.”

So steht es auf der Seite des Bundesfinanzministeriums, die auch einen recht guten Überblick gibt. Siehe auch das “Eckpunktepapier“.

LG Gera: Stundung der Verfahrenskosten auch bei Deliktsforderungen in Höhe von 45.000 Euro möglich

Das Landgericht Gera hat mit Beschluss vom 2.6.2020, 5 T 176/20, hier als Scan, eine wichtige Entscheidung gefällt, die eine Pflichtlektüre sein dürfte:

  1. Eine Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO setzt voraus, dass die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neuanfangs gegeben ist. Daher ist die Stundung zu versagen, wenn für einen wesentlichen Teil der Gläubigerforderungen Restschuldbefreiung nicht erlangt werden kann.
  2. Für die Frage, ob mit der Restschuldbefreiung das Ziel eines wirtschaftlichen Neustarts ermöglicht wird, kommt es nicht darauf an, welchen prozentualen Anteil die von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Forderungen an der Gesamtheit der Forderungen haben. Maßgeblich ist vielmehr, ob zu erwarten ist, dass der Schuldner die von der Restschuldbefreiung nicht umfassten Forderungen noch zu Lebzeiten so abbezahlen kann, dass ihm dennoch ein wirtschaftlicher Spielraum verbleibt.
  3. Einem 31jährigen gelernten Tischler kann daher nicht die Stundung verwehrt werden, wenn insgesamt 45.000 Euro von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind und dieser Betrag durch monatliche Raten in Höhe von 150 Euro und einer Laufzeit von 25 Jahren getilgt werden soll. (mehr …)

Bundesverfassungsgericht: Es eilt nicht erst bei einer Räumungsklage

Helge Hildebrandt weist prägnant auf BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017, 1 BvR 1910/12 hin: “(…) Wenn Jobcenter Leistungen für die Unterkunft gar nicht oder nicht in der tatsächlichen Höhe gewährten, haben viele Sozial- und Landessozialgerichte in der Vergangenheit die für einen erfolgreichen Eilantrag notwendige Eilbedürftigkeit pauschal davon abhängig gemacht, ob der Vermieter bereits eine Räumungsklage erhoben hatte. (…) Diese Rechtsprechung, die in erheblichem Umfange zu Räumungsklagen und folgender Obdachlosigkeit von Leistungsberechtigten geführt hat, hat das BVerfG bereits im Jahr 2017 für mit dem in Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz unvereinbar erklärt.” Mehr Infos unter https://sozialberatung-kiel.de/2020/06/01/es-eilt-nicht-erst-bei-einer-raeumungsklage/

Wir hatten schon bei Veröffentlichung des Beschlusses des BVerfG auf diesen hingewiesen (siehe Meldung vom 23.8.17), aber längst nicht so prägnant wie der Kollege Hildebrandt. Da zudem die Entscheidung so bedeutsam ist, gerne also erneut eine Meldung dazu.

Gericht verbietet Auftragsbestätigungen für Vodafone Giga TV App ohne Bestellung

“Das Landgericht München I hat der Vodafone Kabel Deutschland GmbH verboten, Verbrauchern den Abschluss eines Vertrags über das Produkt „Vodafone Giga TV App“ zu bestätigen, wenn diese die App gar nicht bestellt haben. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte die Vodafone Kabel Deutschland GmbH verklagt. Es sind bereits vier Verfahren wegen untergeschobener Verträge, die die Verbraucherschützer in kurzer Zeit gegen Vodafone angestoßen haben (Anerkenntnisurteil vom 3. März 2020, Az. 17 HK O 15392/19).” und “Das betrifft: „Vodafone Giga TV App“, „Vodafone TV Connect“, „Vodafone GigaTV inklusive HD Premium Cable“ sowie „Kabel Digital“ und „Video Select“ – Quellen und mehr: PM VZ Hamburg und Meldung VZ Hamburg

Bundesrat zum neuen “Inkassogesetz”

Diesen Freitag, 5.6.2020, wird sich der Bundesrat unter TOP 22 mit dem Regierungsentwurf eines “Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften” (Bundesrats-Drucksache 196/20) befassen.

Während der federführende Rechtsausschuss dem Bundesrat empfiehlt, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben, regt der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz eine umfangreiche Stellungnahme an. Einzelheiten sind der BR-Drucksache 196/1/20 zu entnehmen. Die Ausschussdrucksache ist eine sehr spannende Lektüre, die sehr zu empfehlen ist! (mehr …)

MdB Zaklin Nastic: “Schufa blockiert Menschenrechte – Bundesregierung schaut weg”

Die Bundesregierung hat auf die Kleine Anfrage “Vereinbarkeit von Bonitätsbewertungen durch die Schufa und andere Wirtschaftsauskunfteien mit den Menschenrechten” (BT-Drs 19/18149) inzwischen geantwortet: BT-Drs 19/18641. Dazu gibt es klare Wort von Zaklin Nastic, Sprecherin für Menschenrechtspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

“In ihrer Antwort (…) verweigert sich die Bundesregierung jeglicher kritischer Bewertung der Geschäftspraktiken von Wirtschaftsauskunfteien um Schufa und Co. (mehr …)

Verband Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) fordert schnelle Umsetzung der Verkürzung der Restschuldbefreiung

Nach B90/Grüne (siehe B90/Grüne fordern sofortige (!) Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre) fordert nun auch der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID) eine schnelle Verkürzung. Aus einem Brief vom 14.5.2020 des Verbandes an Bundesjustizministerin Lambrecht: “Richtigerweise hat die Europäische Union die nationalen Gesetzgeber verpflichtet, europaweit einheitlich den Zeitraum des Verfahrens zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre ohne weitere Voraussetzungen zu begrenzen. Bereits vor der aktuellen Pandemie hat das BMJV im Referentenentwurf vom 13.2.2020 einen ersten Schritt zur Umsetzung dieser Vorgabe unternommen.

Dieser erste Schritt sollte nun schnell umgesetzt werden. Die Möglichkeit einer verkürzten Restschuldbefreiung wird vielen Betroffenen nach dieser Krise einen Neuanfang erleichtern. Dies gilt gerade auch für Unternehmer im KMU-Bereich, die bei der Aufnahme von Unternehmenskrediten regelmäßig gezwungen sind, eine persönliche Mithaftung mit ihrem Privatvermögen zu übernehmen. Sie müssen bei einer Insolvenz ihres Unternehmens meistens auch für sich selbst einen Insolvenzantrag stellen, um nach einer Restschuldbefreiung die Chance eines Neustarts zu bekommen. (mehr …)

Gemeinsame Erklärung des Ratschlags Kinderarmut anlässlich des Internationalen Kindertages 2020

“Anlässlich des Internationalen Kindertages fordert ein breites Bündnis unter Federführung der Nationalen Armutskonferenz (nak) Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen in Deutschland die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdient. Dazu appelliert das Bündnis an die politisch Verantwortlichen endlich konkrete Konzepte mit notwendigen Umsetzungsschritten vorzulegen, die allen Kindern und Jugendlichen ein gutes Aufwachsen ermöglichen!

Jedes fünfte Kind und jede*r fünfte Jugendliche wächst in einem Haushalt auf, in dem Mangel zum Alltag gehört: Mangel an Geld sowie an sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Chancen. Das muss sich ändern: Wir können nicht länger hinnehmen, dass Kindern und Jugendlichen Startchancen genommen werden ihnen bestimmte gesellschaftliche Erfahrungen und Aktivitäten oft dauerhaft verschlossen bleiben. Folgende Grundsätze sind hierbei für die unterzeichnenden Sozial- und Familienverbände, Gewerkschaften, Stiftungen, Kinderrechtsorganisationen und Einzelpersonen von zentraler Bedeutung:

  1. Armut ist kein Versagen der*des Einzelnen! (mehr …)

B90/Grüne: Basiskonten sollen preiswerter werden

HIB-Meldung: Der Zugang zu einem sogenannten Basiskonto, auf dass jede Verbraucherin und jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU unabhängig von der Bonität ein Recht hat, soll für alle sichergestellt werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/19537) insbesondere eine Begrenzung der derzeit häufig überhöhten Kontogebühren, die für die Anspruchsberechtigten eine zu hohe Zugangshürde zu einem Basiskonto darstellen würden. Außerdem stehe keine Vergleichswebsite für Zahlungskonten zur Verfügung, so dass Verbraucherinnen und Verbraucher keine Möglichkeit zu einem objektiven und unabhängigen Vergleich der auf dem Markt vorhandenen Basiskonten-Angebote hätten.

Die Bundesregierung soll dafür sorgen dass die Kontoführungsgebühren für Basiskonten nicht höher sind als die Entgelte für andere Konten mit vergleichbarem Leistungsumfang. “Insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie, in denen viele Menschen durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit in finanzielle Nöte geraten, ist es daher dringend geboten, dass die Bundesregierung hier schnellstens tätig wird”, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.