Aktuelle Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Kürzungen nach § 1a AsylbLG / Regelbedarfe in Unterkünften

Harald Thomé weis in seinem Newsletter hin auf:

a. Verfassungskonformität der Leistungskürzungen nach § 1a AsylbLG
„Grundlegende verfassungsrechtliche Zweifel an allen Kürzungstatbeständen der des § 1a AsylbLG, im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 5.11.2019 – 1 BvL 7/16, insbesondere um einzureisen iSd § 1a AsylbLG.  Daher PKH und unmissverständliche Ankündigung eines positiven ER-Beschlusses. (mehr …)

Paritätischer Armutsbericht 2019 zeigt ein viergeteiltes Deutschland

Der DPWV meldet: „30 Jahre nach Mauerfall ist Deutschland ein regional und sozial tief zerklüftetes Land, so der Befund des aktuellen Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Trotz eines erfreulichen Rückgangs der bundesweiten Armutsquote auf 15,5 Prozent (2018) zeichnen sich besorgniserregende Entwicklungen und neue Problemregionen insbesondere in Westdeutschland ab. Der Verband spricht von einer Vierteilung Deutschlands und fordert einen Masterplan zur Armutsbeseitigung.

„Die Kluft zwischen Wohlstandsregionen auf der einen und Armutsregionen auf der anderen Seite wächst stetig und deutlich und der Graben verläuft längst nicht mehr nur zwischen Ost und West“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Bei genauerer Betrachtung zeige sich Deutschland bei der Armut inzwischen viergeteilt. (mehr …)

Fachgespräch im BT-Gesundheitsausschuss: „Unzureichende Versorgung für Obdachlose“

Die medizinische Versorgung von Obdachlosen ist nach Einschätzung von Gesundheits- und Sozialexperten unzureichend. Bestehende Hilfseinrichtungen für Betroffene seien unterfinanziert und auf ehrenamtliches Engagement angewiesen, erklärten die Experten am Mittwoch bei einem Fachgespräch im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Nach Ansicht der Fachleute müssen Finanzierung und Versorgungsstrukturen deutlich verbessert werden. – Quelle und mehr: HIB-Meldung

Der EuGH zu der Möglichkeit von Sanktionen bei existenzsichernden Leistungen

Ibrahim Kanalan weist auf eine frische Entscheidung des EuGH hin und setzt diese in den Kontekt der Sanktionsentscheidung des BVerfG:

Leistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebensstandards sind unantastbar. Das hat die große Kammer des EuGH in der Rs Haqbin (C-233/18) am 12. November 2019 für das Flüchtlingssozialrecht entschieden. § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) wird den Anforderungen des EuGH nicht gerecht, und das BVerfG könnte am Ende den Kürzeren ziehen, wenn es die Rechtsprechung des EuGH nicht berücksichtigt und die Sozialgerichtsbarkeit in Sachen Sanktionssystem stattdessen Rat in Luxemburg sucht.

Die Entscheidung kam nur eine Woche, nachdem das BVerfG mit langen, aber kaum überzeugenden Ausführungen (dazu z.B. hier) versucht hat, zu plausibilisieren, warum ein Entzug existenzsichernder Leistungen (ein Minimum unter Minimum) möglich ist (mehr …)

Für ein sicheres Existenzminimum: Grundsicherungsbeziehende fördern statt Eingriffe ins Existenzminimum!

Vertreter von DGB, Diakonie Deutschland, DPWV, AWO sowie VdK Deutschland, ver.di, Kinderschutzbund und weitere fordern in einer gemeinsamen Erklärung:

„Das menschenwürdige Existenzminimum ist ein allgemeines Menschenrecht. Es ist durch das deutsche Grundgesetz geschützt und vom Staat zu gewährleisten. Sanktionen in der Grundsicherung kürzen das Lebensnotwendige und machen soziale Teilhabe unmöglich. Sie können alle Menschen in der Grundsicherung treffen. Von Sanktionen sind jedes Jahr 8 Prozent der Leistungsberechtigten betroffen. Ihnen droht existentielle Not.
Ungeachtet der verfassungsrechtlichen Bewertung durch das Bundesverfassungsgericht sind sich die Unterzeichnenden einig: Es darf keine Kürzungen am Existenzminimum geben!“

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsberechnung gemäß § 238 AO

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat eine Ausarbeitung zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsberechnung gemäß § 238 AO herausgebracht. Das ist deshalb von Interesse, weil damit auch die sog. Säumniszuschläge verbunden sind.

Siehe dazu LSG Rheinland-Pfalz: Säumniszuschläge einer Sozialversicherung sind bei Insolvenzeröffnung hälftig zu erlassen und FG München: Säumniszuschläge sind bei Überschuldung unbillig und teilweise zu erlassen.

Das Fazit der Ausarbeitung: „Nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG ist die Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen gemäß §§ 233 a i.V.m. 238 AO verfassungsgemäß. Der BFH hat in seinen AdV-Beschlüssen aus dem Jahr 2018 jedoch erstmal die Zinshöhe als verfassungswidrig zweifelhaft beurteilt. (mehr …)

Repräsentation durch institutionalisierte Gegenmacht: Unabhängige Beratungsstellen für Erwerbslose im Rechtskreis des SGB II

Aus 2017 und insoweit schon ein wenig älter ist ein Beitrag von Hans-Peter Sokoll und Christine Weinbach im Rahmen von Wiso-Direkt (Friedrich-Ebert-Stiftung), der dennoch wohl nach wie vor interessant dürfte. Er trägt den Titel „Repräsentation durch institutionalisierte Gegenmacht: Unabhängige Beratungsstellen für Erwerbslose im Rechtskreis des SGB II“.

Die Zusammenfassung (Auf einen Blick): „Der neue Populismus gilt als Sprachrohr der sogenannten ‚Abgehängten’ beschäftigungspolitischer Umbrüche. Eine Ursache ist die mangelhafte Repräsentation der Interessen dieser Menschen, die (mehr …)

WISO Diskurs 3/2019: Die Grundversorgung mit Strom und Gas in Deutschland

Hier der Hinweis auf den WISO-Diskurs-Beitrag der Friedrich-Ebert-Stiftung von Andreas Jahn, Julius Ecke: „Die Grundversorgung mit Strom und Gas in Deutschland – Potenziale zur Verbraucherentlastung und Handlungsoptionen“. Aus der Vorbemerkung: „Energiearme Verbraucher_innen dürften in vielen Fällen aus Gründen der Bonität in Tarifen der Grundversorgung „gefangen“ sein. Seit Jahren wird daher immer wieder darüber diskutiert, inwieweit die Preisgestaltung der Grundversorgung gerecht fertigt ist und wie ggf. regulatorisch den Verbraucherinteressenbesser Geltung verschafft werden kann. (…) Im Kern schlagen die Autoren vor, die Grundversorgung künftig über eine Ausschreibung zu vergeben. Sie schätzen, dass dies die Verbraucher_innen um ca. 1,15 Milliarden Euro jährlich entlasten könnte.“

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen

Vorgestern hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen vorgelegt (Drucksache 19/15651).

Aus der Begründung: „Wohnungslosigkeit ist eng mit gravierender Armut und sozialer Ausgrenzung ver-bunden und mit einem menschenwürdigen Dasein nicht vereinbar. Über die Größenordnung des Problems und die Frage, wer von Wohnungslosigkeit betroffen ist, gehen die Einschätzungen weit auseinander. (…) Für die Berichterstattung und für sozialpolitisch fundierte Entscheidungen sind belastbare Informationen über das Ausmaß von Wohnungslosigkeit sowie über die betroffenen Personen für das gesamte Bundesgebiet erforderlich.“