LG Frankenthal verneint Vertretungsbefugnis eines Inkassounternehmens bzgl. der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung

Hier der Hinweis auf LG Frankenthal, Beschluss vom 14.02.2017, Aktenzeichen: 1 T 28/17. Daraus: „Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass ein Inkassounternehmen bei der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht zur Vertretung berechtigt ist, da sich eine Vertretungsbefugnis weder aus einer direkten noch einer analogen Anwendung von § 205 Abs. 4 Satz 2 InsO ergibt. (…) Aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, ergibt sich entsprechend der Ausführungen in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts anderes.  (…) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich eine wirksame Antragsstellung nicht aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 3 ZPO, da es an einer wirksamen Bevollmächtigung fehlt. Die der Restschuldbefreiungsversagungsantragseinreicherin erteilte Vollmacht ist jedenfalls gemäß §§ 134 BGB, 3 RDG insoweit nichtig, als Sie die Vertreterin der Antragstellerin dazu ermächtigt einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen.“

„Bleibt die Frage, ob der Schuldner seinen eigenen Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknehmen kann, wenn er nach Eröffnung des Verfahrens neue Verbindlichkeiten begründet hat.“

RA Kai Henning merkt in seinem aktuellen Newsletter zum Beschluss des BGH vom 4.5.2017, IX ZB 92/16 (dazu unsere Meldung vom 16.6.2017) an:

„Der 9. Senat des BGH stellt hier zunächst unmissverständlich und überzeugend fest, dass es eine Trennung von zulässigem Restschuldbefreiungsantrag und einer Bewilligung der Stundung der Verfahrenskosten in den ab dem 1.7.2014 beantragten Verfahren nicht geben kann. Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig und ist die Restschuldbefreiung für den Schuldner auch erreichbar, sind die Verfahrenskosten zwingend zu stunden. AG Montabaur (Beschl. v. 8. 7. 2016 – 14 IK 88/16) und AG Aachen (Beschl. vom 4.7.16 -91 IK 78/16-) haben dies -neben dem LG Stralsund im vorliegenden Verfahren- anders gesehen und den Schuldner über die Nichtbewilligung der Stundung von einem neuen Verfahren ausgeschlossen. Das AG Montabaur hatte sogar eine zeitlich unbefristete Stundungs-Sperre angenommen, während das AG Aachen eine 3-Jahressperrfrist für angemessen hielt.

Der BGH geht in seiner Entscheidungsbegründung auch intensiv auf die Rechtsfrage ein, welche Sperrfristen für erneute Anträge auf Restschuldbefreiung ab dem 1.7.2014 noch gelten. Auch wenn die Feststellungen des BGH hierzu nicht abschließend sind, deuten die Ausführungen zu einer möglichen analogen Anwendung des § 287 Abs. 2 InsO doch stark darauf hin, dass neben den Sperrfristen des § 287a Abs. 2 InsO ab dem 1.7.2014 keine weiteren Sperrfristen greifen.

Bleibt die Frage, ob der Schuldner seinen eigenen Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknehmen kann, wenn (mehr …)

LG Braunschweig bejaht „faktische Unterhaltspflicht“ bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens

RA Henning weist in seinem aktuellen Newsletter auf LG Braunschweig, Beschl. vom 13.12.16, AZ: 6 T 691/16 hin.

Daraus: „[Die] gesetzgeberischen Wertentscheidungen des Sozialhilferechts, d.h. auch des SGB II, [sind] bei der Auslegung der Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts zu berücksichtigen. Wenn Sozialleistungen – wie im vorliegenden Fall mit Bescheid des Jobcenters vom 15.09.2016 unter Hinweis auf das Einkommen des Partners – versagt werden, könnte sich der Schuldner der daraus resultierenden finanziellen Belastung nur durch Beendigung der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin entziehen. Dies kann ihm jedoch auch unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen nicht zugemutet werden. Die in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind deshalb auch bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags zu berücksichtigen und das Arbeitseinkommen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, wenn der notwendige Bedarf des Schuldners und der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ansonsten tatsächlich nicht gedeckt wäre“

Anmerkung RA Kai Henning: (mehr …)

Zur Zwangsvollstreckung eines Neugläubigers zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und Ende der Abtretungsfrist

Hier der Hinweis auf AG Dortmund, Beschl. v. 8. 11. 2016 – 257 IN 36/13.

Daraus: „Danach ist die Einzelvollstreckung für Insolvenzgläubiger in der Zeit zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und Ende der Abtretungsfrist unzulässig. Neugläubiger, deren Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden ist, können aber auf das nicht auf den Treuhänder übertragene Vermögen vollstrecken, soweit dieses pfändbar ist (Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 294 Rn. 4). (…)

Da der Insolvenzverwalter den Neuerwerb aus dem von der Schuldnerin betriebenen Unternehmen aus dem Insolvenzbeschlag gem. § 35 Abs. 2 InsO freigegeben hatte, gab es auch theoretisch Vermögen, das nicht auf den Treuhänder übertragen war. Die Beteiligte zu 1. durfte also die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin betreiben.“

vgl. BGH, 09.02.2012 – IX ZR 75/11

AG Düsseldorf zur Ermäßigung der Vergütung im Verbraucherinsolvenzverfahren (§ 13 InsVV)

AG Düsseldorf, 20.03.2017 – 513 IK 22/16 – daraus:

„Für den im Verbraucherinsolvenzverfahren bestellten Insolvenzverwalter reduziert sich die Mindestvergütung des § 2 Abs. 2 S.1 InsVV gem. § 13 InsVV auf 800,– EUR, wenn die Unterlagen nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 der Insolvenzordnung von einer geeigneten Person oder Stelle erstellt worden sind. (…) Was der Gesetzgeber mit „Unterlagen erstellt“ meint, ist allerdings auslegungsbedürftig (so LG Stuttgart, 10 T 517/15, Rdn. 15 – zitiert nach juris-). (…)

Ob die Vordrucke stets maschinenschriftlich ausgefüllt sein müssen, kann vorliegend dahinstehen, da zumindest die Anlage 6 und 7 maschinenschriftlich vorgelegt worden sind, Letzteres gibt ein Indiz für ein „Erstellen“ i.S.v. § 13 InsVV. (…)

Ist wie vorliegend jedoch die Scheiterungsbescheinigung von einer der Verbände oder Mitgliedsorganisationen der freien Wohlfahrtspflege, Kirchen, Gemeinden angehörigen Stelle oder einer Verbraucherzentrale ausgestellt worden, ist (mehr …)

BGH: keine Sperrfrist bei Aufhebung der Kostenstundung im Erstverfahren wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten

Pflichtlektüre! – Der BGH hat am 4. Mai 2017 – IX ZB 92/16 – beschlossen – Leitsätze des Gerichts:

  1. Der Schuldner kann ohne Einhaltung einer Sperrfrist einen neuen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen, wenn in einem vorausgegangenen Insolvenzverfahren die Kostenstundung wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten aufgehoben und das Insolvenzverfahren sodann mangels Masse eingestellt worden ist.
  2. Der Schuldner handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er nach Aufhebung der Kostenstundung und Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ohne Einhaltung einer Sperrfrist erneut einen Antrag auf Kostenstundung für ein neues Insolvenzverfahren stellt, auch wenn die Aufhebung der Kostenstundung darauf beruht, dass er seine Mitwirkungspflichten verletzt hat.

Vorinstanzen: AG Stralsund, Entscheidung vom 31.05.2016 – 92 IK 102/16 – LG Stralsund, Entscheidung vom 15.08.2016 – 8 T 114/16

LG Köln: Pauschale Rücklastschriftgebühr von 5,– Euro ist unwirksam

Der vzbv weist auf Landgericht Köln, Urteil vom 21.12.2016, 26 O 331/15 hin. Daraus:

„Die streitgegenständliche Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 5a) BGB, weil die Beklagte weder dargelegt noch bewiesen hat, dass die Rücklastschriftpauschale in Höhe von 5,00 € dem durchschnittlich zu erwartenden Schaden entspricht. (mehr …)

AG Kiel gibt Rentennachzahlung auf gepfändetes P-Konto via § 850k Absatz 4 ZPO frei

„Wird eine Rentennachzahlung auf einem Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO gutgeschrieben, die über dem pfändungsfreien Betrag liegt (hier 3.949,49 € für rund 19 Monate), kann das zuständige Amtsgericht die Rentennachzahlung durch Beschluss nach § 850k Abs. 4 ZPO freigeben, wenn die monatliche Rente (hier rund 287,00 €) innerhalb der Pfändungsfreigrenze liegt. Denn Nachzahlungen sind für den Abrechnungszeitraum zu berücksichtigen, für den sie geleistet werden (Beschluss AG Kiel vom 19.05.2017 unter Bezugnahme auf Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl. Rn. 1042).“ – Quelle: sozialberatung-kiel.de / RA Hildebrandt

LG Essen: Pflegegeld nach § 39 SGB VIII ist unpfändbar

DAS LG Essen hat mit Beschl. v. 25.05.2016, Az. 10 T 110/16, festgestellt, dass Pflegegeld nach § 39 SGB VIII unpfändbar ist.

„Das an die Beschwerdeführerin gezahlte Pflegegeld ist unpfändbar. Der BGH hat in seinem Urteil vom 04.10.2005 (Az. VII ZB 13/05) klargestellt, dass der hier als Aufwandsentschädigung bezeichnete Erziehungsbeitrag bei der Hilfe zur Erziehung der Bedarfsdeckung des Kindes dient. Er ist nicht an den Bedarf der Pflegeperson, sondern allein an den des Kindes geknüpft (mehr …)