SG Köln zu den Passbeschaffungskosten für einen zugewanderten Menschen nach § 21 Abs. 6 SGB II

Aus der Entscheidung des SG Köln vom 17. Mai 2022 – S 15 AS 4356/19 – hier als Scan:

“Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 21 Abs. 6 SGB II. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Bei den Aufwendungen für die Ausweispapiere handelt es sich mit Blick auf die Gültigkeitsdauer um einmalige Aufwendungen (vgl. BS, Urteil vom 29.05.2019 – B 8 SO 8/17 R). (mehr …)

Empfehlungen des Deutschen Vereins für den Einsatz von Einkommen und Vermögen in der Sozialhilfe (SGB XII)

Der Deutsche Verein gibt wiederkehrend Empfehlungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen in der Sozialhilfe heraus – zuletzt in 3. Auflage 2016, welche durch die vorliegende 4. Auflage ersetzt wird. Die Empfehlungen dienen den Trägern der Sozialhilfe als Arbeitshilfe und tragen zu einer einheitlichen Rechtsanwendung bei. Sie stellen ebenso ein Beratungsinstrument der freien Wohlfahrtspflege dar. Die gesetzlichen Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz, das Angehörigenentlastungsgesetz und das Grundrentengesetz erforderten eine Überarbeitung der Vorauflage. Berücksichtigung fanden zudem die Weisungen des BMAS im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung in Bezug auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung. – Quelle

Vollständige Empfehlung/Stellungnahme vom 10.05.2022

Bundesverfassungsgericht: Ablehnung von Beratungshilfe für sozialrechtliches Widerspruchsverfahren verfassungswidrig

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 45/2022 vom 24. Mai 2022 zum Beschluss vom 04. April 2022 – 1 BvR 1370/21: Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Ablehnung von Beratungshilfe für ein sozialrechtliches Widerspruchsverfahren verfassungswidrig war. Der Antrag des Beschwerdeführers auf die Bewilligung von Beratungshilfe wurde vom zuständigen Amtsgericht in mehreren Entscheidungen wegen Mutwilligkeit abgelehnt.

Sachverhalt: Der Beschwerdeführer bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheiden aus dem April 2021 wurde die Leistungsbewilligung des Beschwerdeführers für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 endgültig festgesetzt und daneben eine Erstattungsforderung geltend gemacht. Grund für die Erstattungsforderung war unter anderem eine vom Jobcenter festgestellte Überzahlung aufgrund eines Betriebskostenguthabens aus dem Jahr 2019, welches vom Jobcenter in dem Zeitraum Juni bis November 2020 anteilig leistungsmindernd berücksichtigt wurde.

Der Beschwerdeführer beantragte beim Amtsgericht die Bewilligung von Beratungshilfe. Er zweifelte an der Richtigkeit der Bescheide und wollte für die Gestaltung des Widerspruchs anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. (mehr …)

Bundestag beschließt “Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz”

Heute hat der Bundestag für einen finanziellen Sofortzuschlag für Kinder und einer Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme aus Anlass der Covid-19-Pandemie gestimmt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1411) wurde in einer vom Ausschuss geänderten Fassung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktionen AfD und Die Linke angenommen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (20/1768) und ein Bericht gemäß § 96 der Geschäftsordnung der Haushaltsausschusses (20/1781) zugrunde. – Quelle und mehr: Bundestag

Siehe auch

Erwerbslose und Armutskonferenz kritisieren Gießkannenprinzip bei Energiehilfen: “„Der notwendige Energieverbrauch muss übernommen werden“

Angesichts der Inflation und der durch den Ukraine-Krieg steigenden Energiekosten fordern Erwerbslosengruppen und Nationale Armutskonferenz gezielte Hilfen für in Armut lebende Haushalte.

„Während Erwerbstätige einen Energiekostenzuschlag von 300 Euro erhalten, bekommen Leistungsberechtigte in der Grundsicherung gerade einmal 200 Euro. Das wird in den wenigsten Fällen ausreichen, die ansteigenden Stromkosten aufzufangen“, kritisiert Jürgen Schneider vom Koordinierungskreis der Nationalen Armutskonferenz. Schneider ergänzt: „Damit ist auch noch lange nicht die Inflation ausgeglichen. Die drei Euro Regelsatzerhöhung, die es am Anfang des Jahres gab, ist weit hinter den tatsächlichen Kostensteigerungen zurückgeblieben.“ Schon vor Inflation, Pandemie und Ukraine-Krieg hätte der Regelsatz nach Berechnungen von Sozialverbänden mindestens 160 Euro höher liegen müssen, so Schneider.

Die Erfahrungen mit Energieschulden in der Beratungspraxis der Selbsthilfeorganisationen sind laut Helga Röller vom Frankfurter Arbeitslosenzentrum drastisch. „In den Fallbesprechungen mit dem Beratungsteam häufen sich die Fälle, wo Ratsuchende die eingehenden Rechnungen nicht mehr bezahlen können“, (mehr …)

Thomé: Überblick über die aktuellen Rechtsänderungen in Bezug auf das Grundsicherungsrecht

In seinem aktuellen Newsletter hat Harald Thomé eine gute Übersicht erstellt.

a. Verlängerung der „vereinfachten Antragstellung“ auf Bewilligungszeiträume, die bis 31. Dez. 2022 beginnen
Das heißt weiterhin: Eingeschränkte Vermögensprüfungen und Angemessenheitsfiktion der Unterkunfts- und Heizkosten, Rechtsgrundlage: § 1 Abs. 1 Nr. VZVV, Infos: https://t1p.de/ioag7

b. Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz: „Kindersofortzuschlag“ von 20 € monatlich ab Juli 2022
Dies gilt für (mehr …)