Umgang mit Geld und Schulden seit dem Mittelalter – ein Besuch der Redaktion Infodienst Schuldnerberatung im Landesarchiv Baden-Württemberg

Im März 2023 bot sich für einige Redaktionsmitglieder des Infodienst Schuldnerberatung in der Abteilung Hauptstaatsarchiv des Landesarchivs (https://www.landesarchiv-bw.de ) in Stuttgart die Möglichkeit, bei einer Führung durch Abteilungsleiter Prof. Dr. Peter Rückert einen Einblick in das Thema Geld und Schulden anhand von Dokumenten bis zurück ins Mittelalter zu bekommen (weitere Informationen zum Hauptstaatsarchiv und dessen Aufgaben als „Ministerialarchiv“: https://www.landesarchiv-bw.de/de/landesarchiv/standorte/hauptstaatsarchiv-stuttgart/47272 )

Auch wenn uns unsere digitale Welt im Vergleich mit der Zeit des Mittelalters so anders und weit fortgeschritten scheint, so haben uns bei der Führung die vielen Parallelen bzw. Fortschreibungen des Umgangs mit Geld und Schulden seit dieser Zeit erstaunt. Bereits vor hunderten von Jahren gab es Schuldtitel, wir durften zwei sehr alte Titel aus 1342 und 1464 einsehen.

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Titel hatten seinerzeit Schriftform und wurden handschriftlich zunächst auf Pergament (Tierhaut – sprachlich von damals bis heute in Gebrauch: „Es geht auf keine Kuhhaut“!) und später auf Papier verfasst. War eine Schuld erfüllt, wurde der Schuldtitel durch einen Schnitt ins Pergament bzw. Papier entwertet, was sehr an die heutige Praxis eines entwerteten Vollstreckungsbescheids erinnert.

Um Schulden zu bezahlen, wurden teilweise Forderungen gegen Dritte abgetreten, beispielsweise das Recht der Steuerbeitreibung in den dem Schuldner gehörenden Städten und Dörfern. Ein weiteres Mittel um zusätzliche Geldeinnahmen zu generieren, war die Erhöhung der Abgaben von den Untertanen – eine heute noch gängige Praxis von Kommunen, Ländern und Staaten.

Besonders hervorgetan in der württembergischen Geschichte der Überschuldung hat sich Herzog Ulrich von Württemberg (1487 – 1550). Für seine Kriegszüge und seinen kostspieligen Lebensstil am Hof brauchte er Unmengen an Geld. Dieses versuchte er über immer neue Steuern bei der armen Bevölkerung einzunehmen. So wurde eine geplante Vermögenssteuer in eine Verbrauchssteuer auf Fleisch, Wein und Frucht (Getreide) umgewandelt. Das führte bei den sonst so duldsamen Württembergern im Jahr 1514 zum Aufstand des „Armen Konrad“; schließlich wurde Ulrich auch aufgrund weiterer Vergehen aus dem Land verbannt. Zu Ulrichs Schulden liegen dem Landesarchiv zahlreiche historische Dokumente vor, die ein problematisches Schuldenmanagement in der Landesverwaltung vor 500 Jahren eindrucksvoll verdeutlichen.

Überschulungsindex – Zwischenbericht März 2023

Nicolas Mantseris, Neubrandenburg

Nicolas Mantseris veröffentlicht seinen Überschuldungsindex seit fünf Jahren regelmäßig im Herbst nach der Veröffentlichung der Gerichtsstatistik für das Vorjahr. Der Überschuldungsindex setzt sich aus drei ausgewählten Indikatoren aus dem Bereich der Zwangsvollstreckung zusammen und ermöglicht so die Darstellung der Entwicklung privater Überschuldung.

Der Autor hat nun bereits jetzt im Frühjahr 2023 einen Zwischenbericht erstellt, der auf einem der o.g. Indikatoren aufbaut: Die im Monatsrhythmus veröffentlichten Daten zum Verbraucherinsolvenzverfahren. Nach den Jahren der Pandemie sind diese Zahlen von besonderer Bedeutung.

Wie sich bereits bei der Vorstellung des letzten Überschuldungsindex im Herbst angedeutet hat, ist die Zahl der eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren im Jahr 2022 nahezu auf das Niveau von 2017 gestiegen. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 74.493 IK-Verfahren eröffnet worden, darunter 9.006 vereinfachte Insolvenzverfahren für ehemals Selbständige.

Eine Gesetzesänderung in 2020 führte zu Anomalien in der Entwicklung der Insolvenzantragszahlen. In 2020 wurden Insolvenzanträge von Überschuldeten zurückgestellt und zu Beginn des Jahres 2021 nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung nachgeholt. Auf diesem Hintergrund sanken einerseits die Zahlen im Jahr 2020 und stiegen andererseits im Jahr 2021 auf ungewöhnliche Höhe an. Lässt man nun aber die Ausschläge dieser beiden Jahre außer Betracht, ist die Zahl der eröffneten Verfahren im Jahr 2022 so hoch wie seit 2017 nicht mehr. Seit 2010 sanken die Verbraucherinsolvenzverfahren von 111.524 auf 66.917 Verfahren im Jahr 2019 stetig.

Gemäß des Zwischenberichts kann spätestens im Jahr 2022 von einer Trendwende gesprochen werden. Das Insolvenzgeschehen weist lt. Autor Mantseris auf eine gestiegene Überschuldung für die Zeit nach der Pandemie hin.

Download: Zwischenbericht Überschuldungsindex 2023

P-Konto Bescheinigung ab dem 01.07.2022 bis 30.06.2023

Der „AK Girokonto und Zwangsvollstreckung der AG SBV“ veröffentlicht jährlich in Abstimmung mit der Deutschen Kreditwirtschaft die Formulare zur „Bescheinigung nach § 903 Abs. 1 ZPO über die gemäß §§ 902 und 904 ZPO von der Pfändung nicht erfassten Beträge auf einem Pfändungsschutzkonto“.

Die Dokumente sind geschützt und dürfen nicht verändert werden.

P-Konto Bescheinigung ab dem 01.07.2022 bis 30.06.2023 (Pdf)
P-Konto Bescheinigung ab dem 01.07.2022 bis 30.06.2023 (Word)
P-Konto Bescheinigung ab dem 01.07.2022 bis 30.06.2023 (Excel)

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Pfändungstabelle 2023 veröffentlicht

Im Bundesgesetzblatt ( BGBl., 2023, Teil I, Nr. 79 vom 20.02.23) ist die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2023 erschienen.

Die neuen Pfändungsfreigrenzen gelten ab dem 01. Juli 2023 und wurden um durchschnittlich 5% erhöht. Der unpfändbare Betrag für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten beträgt zukünftig 1.402,28 Euro (bisher: 1.330,16 Euro). Für die erste weitere Unterhaltspflicht steigt der Freibetrag um 527,86 Euro (bisher: 500,62 Euro).

Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung mit Pfändungstabelle (Seite 3)

Gesetz zur Zentralisierung der Inkassoaufsicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht

Das am 09. Februar 2023 vom Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen“ ist am 15.03.2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. 2023 I Nr. 64 vom 15.03.2023).

Ab dem 01.01.2025 wird die Aufsicht nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz über Inkassounternehmen damit in einer zentralen Behörde, dem Bundesamt für Justiz, gebündelt. Derzeit gibt es 32 Aufsichtsbehörden , zum überwiegenden Teil Gerichte, die diese Aufgabe ausführen. In Baden-Württemberg die Landgerichte Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart.
Dies führt immer wieder zu einer uneinheitlichen Entscheidungspraxis. Die Beschwerdeverfahren dauern zudem in der Regel sehr lange, weil die Aufsichtsabteilungen der Gerichte personell nicht ausreichend ausgestattet sind, oft nur als „Nebenamt“ wahrgenommen werden und eine hohe Fluktuation beobachtet werden kann .

Mit der Schaffung einer zentralen Aufsichtsbehörde wird auch eine Forderung aus der Schuldnerberatungspraxis, dem Verbraucherschutz und auch der Inkassobranche selbst erüllt.

Gemeinsame Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung, der Verbraucherzentrale NRW und dem Arbeitskreis InkassoWatch zum Gesetzesentwurf

Generalanwalt am EuGH hält SCHUFA-Praktiken für rechtswidrig

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof ( EuGH) hält in einem Gutachten die Erstellung des SCHUFA-Scorewertes für unvereinbar mit Europarecht. Auch dürfe die Schufa Daten aus öffentlichen Verzeichnissen – wie die Register der Insolvenzgerichte – nicht länger speichern als das öffentliche Verzeichnis selbst.

Hintergrund sind Verfahren in mehreren Fälle aus Deutschland. Im ersten Verfahren (Az. C-26/22) hatte ein Verbraucher auf Löschung seines SCHUFA-Score-Wertes und auf Einsicht in die von der SCHUFA gespeicherten Daten geklagt. Das Gericht hatte dem EuGH die Angelegenheit vorgelegt, um grundsätzlich das Verhältnis zur europäischen Datenschutzgrundverordnung klären zu lassen. Diese untersagt automatisiert getroffene Entscheidungen, die rechtliche Wirkung für Betroffene entfalten. Der Generalanwalt vertritt die Ansicht, dass die Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit einer Person eine solche unzulässige automatisierte Entscheidung sei, auch wenn letzlich die Bank die letzte Entscheidung über die tastsdächliche Vergabe eines Kredites trifft.

Im zweiten Fall (Az. C-64/22) geht es um den Eintrag der Restschuldbefreiung nach einer Verbraucherinsolvenz. Solche Einträge werden nach drei Jahren gelöscht, während sie im staatlichen Register schon nach sechs Monaten getilgt werden. Das ist nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts rechtswidrig. Ziel der Restschuldbefreiung sei es, dass die Betreffenden sich wieder am Wirtschaftsleben beteiligen können. Das würde vereitelt, wenn private Wirtschaftsauskunfteien die Daten über die Insolvenz länger speichern dürften. Der Bundesgerichtshof prüft derzeit einen ähnlichen Fall und hatte in einer ersten mündlichen Verhandlung durchklingen lassen, dass man zunächst die Entscheidung des EuGH abwarten wolle.

Die endgültige Entscheidung in den Verfahren wird in einigen Monaten erwartet.Gutachten des Generalanwalts sind für die Richter formal nicht bindend, meist folgen sie ihm aber.

Verfahrenskostenstundung in der Verbraucherinsolvenz

Ein Insolvenzverfahren wird nur dann eröffnet, wenn die Verfahrenskosten gedeckt sind. Sonst wird die Eröffnung mangels Masse abgewiesen. Damit auch mittellose Personen ein Verbraucherinsolvenzverfahren einleiten können, gibt es die Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung (§ 4a InsO).

Antrag erforderlich

Die Verfahrenskostenstundung wird nur auf Antrag gewährt. Dieser Antrag ist nicht im vorgeschriebenen Formularsatz für den Insolvenzantrag enthalten, sondern muss extra gestellt werden. Für den Verfahrenskostenstundungsantrag gilt – anders als für den Verbraucherinsolvenzantrag – kein Formularzwang. Die meisten Gerichte stellen aber einen eigenen Stundungsantrag zur Verfügung. Dieser kann verwendet werden, muss aber nicht.

Das Insolvenzgericht entscheidet über die Gewährung der Verfahrenskostenstundung für jeden Verfahrensabschnitt (Insolvenzphase und Wohlverhaltensphase) neu (§ 4a Abs. 2 S.2 InsO).
Ob deshalb auch für jeden Verfahrensabschnitt ein eigener Antrag erforderlich ist, ist nicht eindeutig gesetzlich geregelt. Die Praxis bei den einzelnen Insolvenzgerichten ist sehr unterschiedlich.

Wir empfehlen mit dem Insolvenzantrag gemeinsam einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung einzureichen, der beide Verfahrensabschnitte umfasst. Beispielsweise mit der Formulierung:
„Ich beantrage, mir die Kosten des gesamten Insolvenzverfahrens einschließlich des Restschuldbefreiungsverfahrens und einschließlich der Treuhändergebühren zu stunden.“

Die Klienten sollten sicherheitshalber aber immer darauf hingewiesen werden, dass für die Wohlverhaltensphase eventuell nochmal ein Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt werden muss.

Folgen des fehlenden Antrags in der Wohlverhaltensphase

In der Wohlverhaltensphase entstehen i.d.R. nur die Treuhändergebühren als zusätzliche Kosten. Wurde für die Wohlverhaltensphase kein Antrag auf Verfahrenskostenstundung gestellt, wird deshalb der Schuldner oder die Schuldnerin nach Fälligkeit der Treuhändergebühr vom Treuhänder mit einer Frist von mindestens 2 Wochen aufgefordert, diese zu bezahlen. Da nach Ablauf der Frist des Treuhänders die Versagung der Restschuldbefreiung droht, erfolgt danach eine Anhörung durch das Gericht. Nach der Aufforderung durch das Gericht hat der Schuldner oder die Schuldnerin nochmals 2 Wochen Zeit, die Treuhändergebühren zu zahlen oder sich um die Stundung zu bemühen. Ist diese letzte Frist um und ist dann weder bezahlt noch gestundet, versagt das Gericht die Restschuldbefreiung. Bei dieser Entscheidung hat das Gericht keinen Ermessensspielraum.

Anders als die meisten sonstigen Versagungsgründe löst diese Versagung keine Sperrfrist aus. Es kann direkt wieder ein Insolvenzverfahren beantragt werden.

Was muss der Antrag beinhalten?

Damit der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten Erfolg hat, muss er verschiedene Erklärungen beinhalten:

  • Die Erklärung, dass kein Versagungsgrund gem. § 290 Abs. 1 Nr. 1 vorliegt. Dieser Versagungsgrund ist gegeben, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin gem. §§ 283 bis § 283c zu mindestens 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Das sind die Straftaten des Bankrotts, des schweren Bankrotts, der Verletzung der Buchführungspflicht und die Gläubigerbegünstigung. Solche Verurteilungen kommen am ehesten bei ehemals Selbständigen vor, sind aber sehr selten.
  • Die Erklärung, dass dem Schuldner oder der Schuldnerin in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenskostenstundung keine Restschuldbefreiung erteilt oder versagt wurde. Hier geht es darum zu prüfen, ob evtl. noch eine Sperrfrist aus einem vorherigen Insolvenzverfahren besteht.
  • Die Erklärung, dass ein Antrag auf Restschuldbefreiung bereits gestellt ist oder beiliegt.
  • Die Erklärung, dass dem Schuldner oder der Schuldnerin keine ausreichenden Mittel zur Begleichung der Verfahrenskosten zur Verfügung stehen, auch nicht von einer anderen Person zur Verfügung gestellt werden kann.

Die Verfahrenskostenstundung kann nur von natürlichen Personen beantragt werden.

Verfahrenskostenstundung bei Eheleuten

Nach § 1360 a Nr. 4 BGB sind sich Eheleute als Teil der Unterhaltspflicht gegenseitig dazu verpflichtet, die Kosten für einen persönlichen Rechtsstreit vorzuschießen. Dazu gehören auch die Kosten eines Insolvenzverfahrens, soweit dies der Billigkeit entspricht. Deshalb muss bei Eheleuten eine zusätzliche Erklärung abgegeben werden.

Unbillig ist eine Heranziehung, wenn die Schulden außerhalb der Ehe entstanden sind und nicht zum Aufbau oder der Erhaltung der gemeinsamen wirtschaftlichen Existenz dienten.
Sind beispielsweise die Schulden weit vor dem Kennenlernen des künftigen Ehepartners oder der Ehepartnerin entstanden, so können die Partner oder Partnerinnen nicht für die Verfahrenskosten herangezogen werden.
Unbillig könnte es im Einzelfall auch sein, wenn die Schulden durch eine Spielsucht entstanden sind. Leben die Eheleute bereits getrennt, ist i.d.R. auch von einer Unbilligkeit auszugehen.

Der Vorschuss der Verfahrenskosten scheidet außerdem aus, wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin selbst kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen dafür hat. Deshalb muss in der Erklärung auch das Einkommen und Vermögen des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin angegeben werden.

Viele Ehepartner oder Ehepartnerinnen erschrecken bei diesen Angaben und haben Angst, in Haftung genommen zu werden. Das ist jedoch völlig unbegründet. Es geht immer nur um die Verfahrenskosten und es entsteht keine direkte Haftung des Ehepartners oder der Ehepartnerin gegenüber dem Gericht. Es besteht nur die Verpflichtung zwischen den Eheleuten intern, den notwendigen Vorschuss zu gewähren. Gewährt der Ehepartner oder die Ehepartnerin diesen Vorschuss nicht, obwohl er oder sie dafür die notwendigen Mittel hätte, ist dies eine Verletzung der Unterhaltspflicht und muss vom Ehepartner oder der Ehepartnerin als solche ggf. eingeklagt werden.

Veränderungen während des Verfahrens

Das Gericht kann die Entscheidung über die Gewährung der Verfahrenskostenstundung jederzeit ändern, wenn sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Deshalb sind solche Änderungen dem Gericht mitzuteilen, und zwar unverzüglich!

  • Aufgehoben werden kann die Stundung auch bei
  • Vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Angaben
  • Wenn der Schuldner oder die Schuldnerin mit der Zahlung einer Monatsrate oder eines sonstigen Betrages im Verzug ist
  • Einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit
  • Versagung oder Widerruf der Restschuldbefreiung

Eine Aufhebung der Verfahrenskostenstundung führt in der Insolvenzphase zur Einstellung des Verfahrens mangels Masse. In der Wohlverhaltensphase führt es dazu, dass die Treuhändergebühren sofort zu zahlen sind und bei Nichtzahlung die Restschuldbefreiung versagt werden kann.

Weitere Stundung der Verfahrenskosten nach Erteilung der Restschuldbefreiung

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Eine Stundung bedeutet nicht, dass die Verfahrenskosten nicht bezahlt werden müssen. Das Verfahren ist also nicht „kostenlos“, wie manchmal behauptet wird. Die Stundung bedeutet nur, dass die Fälligkeit auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Und dieser Zeitpunkt ist bei einem positiv verlaufenden Verfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung.

Sind dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder in der Insolvenz- bzw. Wohlverhaltensphase Gelder zugeflossen, so werden davon zuerst die Verfahrenskosten gedeckt. Diese Zuflüsse können beispielsweise durch pfändbares Einkommen, durch Steuerrückerstattungen oder durch verwertetes Vermögen entstanden sein. Im besten Fall ist dann von den Verfahrenskosten zum Zeitpunkt der Restschuldbefreiung nichts mehr oder nur ein kleiner Teil übrig.
Nicht selten gibt es aber auch masselose Verfahren, in denen vom Insolvenzverwalter bzw. vom Treuhänder nichts erwirtschaftet wurde. In diesen Verfahren sind zum Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung noch alle Kosten offen.

Kann der Schuldner oder die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung diese Kosten nicht bezahlen, sollte die „weitere Stundung der Verfahrenskosten nach Erteilung der Restschuldbefreiung“ beim Insolvenzgericht beantragt werden.

Vorsicht! Wird diese weitere Stundung nicht schon vor Erteilung der Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht beantragt, gibt das Gericht die Verfahrenskosten i.d.R. an die zuständige Landesoberkasse ab. Die Rechnung über die Verfahrenskosten kommt dann von der Landesoberkasse. Immer wieder wird deshalb von den Klienten bei der Landesoberkasse eine weitere Stundung beantragt und die Landesoberkasse bewilligt die Stundung nach Verwaltungsrecht. Das führt aber meist spätestens nach einem Jahr zu Problemen.

Nur bei einer Stundung durch das Insolvenzgericht gem. § 4 b InsO gelten die dort festgelegten besonderen Regeln für die Rückzahlung und Anpassung der gestundeten Beträge. Je nach Einkommen und Vermögen des Schuldners oder der Schuldnerin wird eine Stundung mit oder ohne monatliche Rate festgesetzt.

Verändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse, ist der Schuldner oder die Schuldnerin auch hier verpflichtet, diese Änderungen dem Insolvenzgericht mitzuteilen.

Eine Änderung der Stundungsbedingungen ist nach dem Ablauf von 4 Jahr nicht mehr zum Nachteil des Schuldners oder der Schuldnerin möglich. Das bedeutet, war der Schuldner oder die Schuldnerin auch nach der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht verpflichtet, eine Rate zu zahlen, dann werden die Verfahrenskosten nicht mehr geltend gemacht.

Am besten ist es, kurz vor Erteilung der Restschuldbefreiung den Antrag auf weitere Stundung der Verfahrenskosten beim Insolvenzgericht einzureichen. Dieser Antrag kann formlos gestellt werden. Es sind aber Nachweise zum Einkommen und evtl. vorhandenem Vermögen beizulegen.
Leider weisen nur sehr wenige Gerichte deutlich auf diese Möglichkeit hin. Nur ganz vereinzelte Gerichte versenden mit der Restschuldbefreiung ein Musterschreiben für diese weitere Stundung der Verfahrenskosten.

Für die Schuldnerberatungsstellen wäre es wünschenswert, wenn alle Insolvenzgerichte ein einheitliches Formular für die Verfahrenskostenstundung verwenden und einheitlich vorgehen würden. Auch sollten entsprechende Hinweise verständlicher und übersichtlicher gestaltet werden. Die Versagung wegen der Nichtzahlung der Treuhändergebühren kommt leider immer wieder vor. Sie macht allen Beteiligten unnötig mehr Arbeit in einem ohnehin überlasteten System.

Nachfolgend finden Sie zwei Beispiele für Stundungsanträge – einmal ein „reiner“ Stundungsantrag, der wohl in NRW, Hamburg und im Saarland gebräuchlich ist und einmal ein Stundungsantrag eines Beratungsstellenverbunds aus Baden-Württemberg, der weitere je nach Insolvenzverfahren einschlägige Erklärungen und auch die Erklärung des ggf. betroffenen Ehe- oder Lebenspartners zur Prüfung der Billigkeit der Verfahrenskostenübernahme enthält.

Anmeldefrist endet am 20.3.2023- BAG-SB Jahresfachtagung: Wir bringen Licht ins Dunkel

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) veranstaltet vom 3.-5. Mai 2023 in Freiburg und online eine hybride Tagung unter dem Motto “Wir bringen Licht ins Dunkel” und lädt dazu ein.

Das Tagungsprogramm, weitere aktuelle Infos und die Anmeldung gibts hier: www.bag-sb.de/tagung2023.

Der Infodienst Schuldnerberatung ist mit einem Informationsstand auf der Tagung vertreten und freut sich auf Besuche!

Die Teilnahmebeiträge sind dank einer Förderung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz besonders günstig: Nicht-Mitglieder bezahlen eine Pauschale für online/Präsenz 100,00 Euro, alle Mitglieder der BAG-SB und alle Nachwuchskräfte in der Schuldnerberatung erhalten sogar kostenfreien Zugang bzw. Eintritt!

Auch dieses Jahr lobt die BAG-SB einen Innovationspreis aus, dessen Gewinner*in bei der Tagung bekannt gegeben wird: Aufruf zur Einreichung von Projekten.