Bundestag: Antrag zur Deckelung von Dispo-Zinsen

Der Bundestag berät am heute über die Forderung der Fraktion Die Linke zur Deckelung von Dispo-Zinsen, also jener Zinsen, die bei einer Kontoüberziehung fällig werden. Dazu legt die Fraktion einen Antrag (20/4761) vor, der im Anschluss der Aussprache an die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen werden soll.

Nach Ansicht der Fraktion treffen die hohen Zinssätze für Dispokredite vornehmlich Menschen, die sich am Rande des Existenzminimums bewegen und einen Dispokredit oft nutzen müssen, um finanziell über die Runden zu kommen. „Sie belasten also insbesondere Erwerbslose, Menschen in Kurzarbeit, Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, Familien mit Kindern, Soloselbstständige und Niedrigverdienerinnen und -verdiener. Ihnen droht in der Folge eine Verschuldungsspirale, aus der es kaum ein Entrinnen gibt.“

Um dies zu verhindern, verlangt die Fraktion von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem der Zinssatz für Dispositions- und Überziehungskredite auf maximal fünf Prozentpunkte über dem Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank begrenzt wird.

Quelle: Bundestag

Deutschlandticket: Paritätischer fordert bundesweites Sozialticket für arme Menschen

Zum “Deutschlandticket” zum Preis von 49 Euro erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands:

Das 9-Euro-Ticket war ein mobilitätspolitischer Meilenstein. Erstmalig konnten im letzten Sommer ärmere Menschen, die sich reguläre Bahnfahrten nicht leisten können, einfach mal in den Urlaub fahren oder Verwandte besuchen. 52 Millionen verkaufte Tickets sprechen für sich. Das 9-Euro-Ticket war ein großer sozialer Erfolg und dazu noch ökologisch sinnvoll.


Das geplante Deutschlandticket ist kein würdiger Nachfolger.

Der Preis von 49 Euro, den die Ampel und die Bundesländer für das Ticket veranschlagen, ist für viele Menschen nicht finanzierbar. Ob man ein günstigeres Ticket bekommt, wenn man Transferleistungen bezieht, hängt leider vom Wohnort und der jeweiligen Landesregierung ab. Das ist unfair. Ein Ticket-Flickenteppich muss vermieden werden. Wir brauchen ein bundesweites Sozialticket, damit sich auch arme Menschen Nah- und Fernverkehr leisten können.

Stellungnahme des vzbv zur Überschuldungsgefahr im Umfeld von steigenden Verbraucherpreisen: Gefahren des Dispositionskredits begrenzen

Die gestiegenen Lebenshaltungskosten sind der Hauptgrund für ein überzogenes Konto und die Nutzung von teuren Überziehungskrediten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag der Marktbeobachtung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Demnach hat etwa jede:r siebte Verbraucher:in von Anfang September bis Anfang Dezember 2022 einen Dispokredit genutzt – knapp die Hälfte gab als Grund dafür die gestiegenen Lebenshaltungskosten an. Der vzbv sieht darin eine Überschuldungsgefahr für Verbraucher:innen und fordert die Politik zum Handeln auf. – Quelle und mehr: PM des vzbv

Fazit der Stellungnahme des vzbv:

Um Verbraucher:innen in der aktuellen Situation von stark ansteigenden Verbraucherpreisen effektiv vor einer starken finanziellen Belastung als Folge der langfristigen Nutzung des Dispos zu schützen, sind verschiedene regulatorische Maßnahmen notwendig.

Neue Zahlen zur Kinder- und Jugendarmut: Jetzt braucht es die Kindergrundsicherung

Aus einer frischen PM der Bertelsmann-Stiftung: “Kinder- und Jugendarmut bleibt ein ungelöstes Problem in Deutschland. Mehr als jedes fünfte Kind und jede:r vierte junge Erwachsene ist von Armut bedroht. In absoluten Zahlen bedeutet das: Knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,55 Millionen junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren galten 2021 als armutsgefährdet. Das geht aus unserem neuen Factsheet “Kinder- und Jugendarmut in Deutschland” hervor.

Auch viele junge Erwachsene sind mit Armut konfrontiert. Laut Factsheet weisen 18- bis 25-Jährige mit 25,5 Prozent sogar das höchste Armutsrisiko aller Altersgruppen auf. Frauen sind dabei stärker betroffen als Männer, junge Menschen in Ostdeutschland häufiger als die in Westdeutschland.

SGB II-Leistungen beziehen allerdings nur 7 Prozent dieser Altersgruppe, was auf den ersten Blick überrascht. Das liegt hauptsächlich daran, dass junge Erwachsene für gewöhnlich eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren und viele zum ersten Mal in eine eigene Wohnung ziehen. Hier greifen andere sozialstaatliche Maßnahmen, wie BAföG oder Wohngeld. “Die hohe Armutsbetroffenheit junger Erwachsener weist jedoch darauf hin, dass die verschiedenen Systeme nicht gut zusammenwirken. Ohne Unterstützung durch ihre Eltern wäre es vielen nicht möglich, ihre Existenz zu sichern. Damit hängen die Chancen junger Menschen weiterhin zu stark vom Elternhaus ab”, mahnt Stein [Director Bildung und Next Generation bei der Bertelsmann Stiftung].

Oxfam- Ungleichheitsbericht: AWO fordert Steuer auf Zufallsgewinne und Vermögen

PM der AWO: Die weltweit größte Nothilfe- und Entwicklungshilfeorganisation Oxfam testiert in ihrem Ungleichheits-Bericht [Anmerkung: siehe PM Oxfam: Vermögenszuwachs: Reichstes Prozent kassiert fast doppelt so viel wie Rest der Welt zusammen] die zunehmenden globalen Verwerfungen und ungerechten Entwicklungen zwischen arm und reich: Reichtum und Einkommen sind in Deutschland und weltweit immer ungleicher verteilt. Die AWO sieht sich angesichts der anhaltenden Polarisierung unserer Gesellschaft in ihrer Forderung bestätigt, Umverteilung zu organisieren und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerecht zu werden. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt:

„Corona-Pandemie und Energiepreiskrise haben gezeigt, dass viele Unternehmen in sehr starkem Maße von plötzlich auftretenden Krisen profitieren. Wenn ganze Gesellschaften durch solche Krisen vor Zerreißproben gestellt werden, aber Unternehmen durch sie ohne eigene Leistung Milliardengewinne einfahren, dann ist es nur gerecht, dass auch alle von diesen Zufallsgewinnen profitieren: Unsere Solidargemeinschaft muss in angemessener Weise an diesen Gewinnen beteiligt werden. So könnten zum Beispiel notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur finanziert werden, ohne dass zusätzliche Schulden aufgenommen werden müssen, deren Last zukünftige Generationen tragen.“

Zudem fordert die AWO, dass endlich eine gesellschaftliche Debatte über die Weitergabe von Privilegien geführt werden müsse, bei der auch die Themen Vermögensteuer und Erbschaften keine Tabus mehr sein dürfen. „Denn“, so Michael Groß abschließend, „nur wenn wir endlich die Ausnahmen vom Leistungsprinzip in unserer Gesellschaft erkennen und systematisch abbauen, können wir das Versprechen der sozialen Marktwirtschaft vom Wohlstand für alle einlösen.“

Diakonie Deutschland: Mehr Hilfe für überschuldete Seniorinnen und Senioren

Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke überreicht Förderscheck über 1.370.000 Euro für ein mehrjähriges Projekt zur Verbesserung der sozialen Schuldnerberatung für Seniorinnen und Senioren.

Älteren Verbraucherinnen und Verbrauchern soll es in Zukunft einfacher ermöglicht werden, Zugang zu einer Schuldnerberatung zu erhalten. Im Fokus steht dabei ein aufsuchender Ansatz, d.h. die Schuldnerberatung wird direkt vor Ort bei den Seniorinnen und Senioren erbracht. Gerade ältere Menschen, die ver- oder überschuldet sind, nehmen zu selten Hilfe von Schuldnerberatungsstellen in Anspruch: aus Unkenntnis, Scham oder aufgrund von Mobilitätseinschränkungen.

Mit den Fördermitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) wird die Diakonie Deutschland zusammen mit weiteren Wohlfahrtsverbänden ein Konzept dafür entwickeln, wie Seniorinnen und Senioren besser dabei geholfen werden kann, Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen, und dieses Konzept praktisch erproben.

vzbv: Vorgaben für Kosten von Basiskonten notwendig

Die ohnehin schon teuren Basiskonten sind im letzten Jahr noch teurer geworden. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Stiftung Warentest [Anm.: siehe hier]. Für Verbraucher:innen mit geringen Einkommen wird der Zugang zum Konto dadurch erschwert, kommentiert Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Der vzbv fordert vergleichbare Kosten von Basis- und Girokonten derselben Anbieter.

Mehr unter www.vzbv.de/…/vorgaben-fuer-kosten-von-basiskonten-notwendig

Bündnis fordert Recht auf kostenlose Schuldnerberatung für alle

Inflation, Energiekrise und Zinsanstieg belasten derzeit viele Haushalte zusätzlich. Doch schon zuvor haben nicht einmal zehn Prozent der Überschuldeten Hilfe in einer Schuldnerberatung erhalten. Das liegt auch daran, dass Beratungsangebote für viele Menschen Geld kosten. In einem Forderungspapier dringen das institut für finanzdienstleistungen (iff), die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) und die Bürgerbewegung Finanzwende nun darauf, dass die Bundesregierung ein Recht auf kostenlose Schuldnerberatung für alle einführt.

Aktuell hat nur sicheren Anspruch auf eine Beratung, wer Sozialhilfe bezieht. Die Kommunen entscheiden, wer darüber hinaus kostenlosen Zugang erhalten kann. Außen vor bleiben oft Erwerbstätige, Studierende oder Rentner. „Dabei wäre es gerade in Zeiten massiv steigender Lebenshaltungskosten wichtig, durch frühzeitige Beratung eine drohende Überschuldung bei Privathaushalten abzuwehren“, erklärt Ines Moers von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung.

Die drei Organisationen – Finanzwende, die BAG-SB und das iff – machen sich deshalb für ein Recht auf kostenlose Schuldnerberatung für alle und dessen Verankerung im Sozialgesetzbuch stark. „Egal ob selbstständige Bäckerin oder angestellter Friseur: Wer Schuldnerberatung braucht, muss sie kostenlos bekommen können,“ unterstreicht Michael Möller von der Bürgerbewegung Finanzwende. Die drei Vereine fordern schnelles Handeln von der Bundesregierung. Aktuell würden immer mehr Menschen wegen stark steigender Lebenshaltungskosten unverschuldet in finanzielle Notsituationen geraten. 

Hunderttausende in Deutschland nicht ausreichend krankenversichert

“Inflation, wachsende Armut, die Versorgung von Geflüchteten – das deutsche Gesundheitssystem ist den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen. Davor warnt eine zivilgesellschaftliche Allianz anlässlich des heutigen Welttags der allgemeinen Gesundheitsversorgung.

Die Bundesregierung muss zügig Maßnahmen ergreifen, um Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland zu gewährleisten und diskriminierende Hürden abzubauen. Das fordern die NGO Ärzte der Welt, die Diakonie Deutschland und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gemeinsam mit der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Krankenschein- und Clearingstellen (BACK). (…)

Offizielle Daten, wer in Deutschland nicht krankenversichert ist, sind unzureichend. Zum besseren Verständnis des Problems will Ärzte der Welt mit seinem heute erscheinenden Gesundheitsreport beitragen. “60 Prozent der Patient*innen haben angegeben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten darauf verzichtet haben, eine Arztpraxis oder Klinik aufzusuchen, obwohl sie krank waren. Bei obdachlosen Patient*innen waren das über 80 Prozent“, sagt Ärzte der Welt-Referentin Janina Gach. (…)

Angesichts der sich zuspitzenden Lage fordern die Organisationen und Verbände die Bundesregierung auf, endlich zu handeln, und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

Erhöhung Kinderfreibeträge: BÜNDNIS KINDERGRUNDSICHERUNG fordert Entlastungen zielgerichteter dort, wo sie gebraucht werden!

Aus einer PM Bündnis Kindergrundsicherung: Bis zu 25.000 € mehr ist dem Staat künftig ein Kind von Spitzenverdienern bis zur Volljährigkeit wert. Diese Ungerechtigkeit durch das komplexe System der Kinderfreibeträge ist kaum bekannt. Durch das Inflationsausgleichsgesetz wird diese Schieflage fortgeschrieben. Denn dort werden neben dem Kindergeld erneut die Kinderfreibeträge erhöht. Das BÜNDNIS KINDERGRUNDSICHERUNG fordert von der Bundesregierung, stattdessen zielgerichtete Entlastungen für arme Familien und ihre Kinder und das Ende der unfairen Familienförderung.

Aktuell können Eltern mit überdurchschnittlich hohem Einkommen durch die Kinderfreibeträge Steuervergünstigungen erhalten, die weit über die Summe des Kindergeldes hinausgehen. Alleinerziehende mit einem Kind und weniger als etwa 51.000 € Bruttolohn profitieren davon nicht. Bei Ehepaaren mit Alleinverdiener und einem Kind liegt die Schwelle bei etwa 83.000 € Jahresbrutto. Je höher das Einkommen, umso mehr Entlastungen werden gewährt. Es profitieren also vor allem die Spitzenverdiener im Land. Durch das Inflationsausgleichsgesetz werden diese Freibeträge nun noch einmal erhöht. Das kann für ein Kind einer Familie mit hohem Einkommen bis zum Erreichen seiner Volljährigkeit künftig zu einer finanziellen Besserstellung von bis zu 25.000 € führen. Während die Höhe des geplanten Bürgergelds nicht ausreicht, um Kinder aus den betroffenen Familien materiell abzusichern, werden Spitzenverdiener also erneut großzügig entlastet.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de.