Bundesverfassungsgericht: Ablehnung von Beratungshilfe für sozialrechtliches Widerspruchsverfahren verfassungswidrig

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 45/2022 vom 24. Mai 2022 zum Beschluss vom 04. April 2022 – 1 BvR 1370/21: Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Ablehnung von Beratungshilfe für ein sozialrechtliches Widerspruchsverfahren verfassungswidrig war. Der Antrag des Beschwerdeführers auf die Bewilligung von Beratungshilfe wurde vom zuständigen Amtsgericht in mehreren Entscheidungen wegen Mutwilligkeit abgelehnt.

Sachverhalt: Der Beschwerdeführer bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheiden aus dem April 2021 wurde die Leistungsbewilligung des Beschwerdeführers für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 endgültig festgesetzt und daneben eine Erstattungsforderung geltend gemacht. Grund für die Erstattungsforderung war unter anderem eine vom Jobcenter festgestellte Überzahlung aufgrund eines Betriebskostenguthabens aus dem Jahr 2019, welches vom Jobcenter in dem Zeitraum Juni bis November 2020 anteilig leistungsmindernd berücksichtigt wurde.

Der Beschwerdeführer beantragte beim Amtsgericht die Bewilligung von Beratungshilfe. Er zweifelte an der Richtigkeit der Bescheide und wollte für die Gestaltung des Widerspruchs anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. (mehr …)

Überschuldete benötigen 38 % ihres Haushaltseinkommens für Wohnkosten

Das Statistische Bundesamt meldet: “Im Jahr 2021 stand dem Haushalt einer überschuldeten Person, die Hilfe bei einer Schuldnerberatungsstelle suchte, durchschnittlich ein Nettoeinkommen von 1 368 Euro pro Monat zur Verfügung. Mit durchschnittlich 520 Euro machten die Kosten für die Wohnung einschließlich Energie- und Nebenkosten 38 % des Haushaltseinkommens aus. Wird nur das eigene Einkommen der Schuldnerin oder des Schuldners von durchschnittlich 1 146 Euro betrachtet, so machten die Wohnkosten sogar 45 % aus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung vom 30. Mai bis zum 3. Juni 2022 weiter mitteilt, waren die Wohnkosten überschuldeter Personen damit überdurchschnittlich hoch: In der Gesamtbevölkerung belief sich der Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen nach den aktuellsten Daten aus dem Jahr 2020 auf 22 %.  (mehr …)