Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens: Experteneinschätzungen und Zeitschiene

Kritik am Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (19/21981) äußerten die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch, 30. September 2020.

Zwar wurde die geplante Verkürzung des Verfahrens von sechs auf drei Jahre für alle natürlichen Personen sowie die zügige Umsetzung zum 1. Oktober 2020 begrüßt, abgelehnt wurde jedoch vor allem die im Regierungsentwurf vorgesehene unterschiedliche Behandlung von Privatpersonen und Unternehmern sowie die lange Speicherung von Insolvenzdaten bei Auskunfteien.

Die meisten der geladenen Rechtswissenschaftler und Praktiker (mehr …)

Diakonie Hamburg: EU-Bürger*innen in prekären Lebenslagen – Befunde und Handlungsnotwendigkeiten

Hier der Hinweis auf ein Positionspapier der Diakonie Hamburg zu prekären Lebenslagen von EU-Bürger*innen. Forderungen u.a.

  • Die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf Bundesebene müssen liberalisiert und der Zugang von EU-Bürger*innen zu Sozialleistungen deutlich erleichtert werden. Dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichtes, dass mit Sozialpolitik keine Migrationssteuerung betrieben werden darf, muss vollumfänglich Rechnung getragen werden.
  • Das Recht, auf Dolmetscherdienste zurückgreifen zu dürfen, muss breit bekannt gemacht und entsprechende Dienste müssen zugänglich gemacht werden.
  • Wie in anderen Kommunen auch sollte in Hamburg eine Ombudsstelle eingerichtet werden, die Beschwerden und Schwierigkeiten im Umgang mit dem Jobcenter nachgeht. (mehr …)

Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

“Das Vormundschaftsrecht stammt in weiten Teilen aus der Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Jahr 1896. Es enthält detaillierte Regelungen zur Vermögenssorge des Vormunds, die allerdings weithin die Verhältnisse um das Jahr 1900 abbilden, und nur wenige Regelungen zur Personensorge. Durch zahlreiche Ergänzungen und Änderungen ist das Vormundschaftsrecht unübersichtlich geworden und bildet die aktuelle Praxis nicht zutreffend ab. Hinzu kommt, dass das im Jahr 1992 eingeführte Betreuungsrecht vor allem zur Vermögenssorge und zur gerichtlichen Aufsicht auf die Regelungen für den Vormund verweist. Dies führt zur Unübersichtlichkeit und birgt für die Rechtsanwender etliche Probleme.” – Quelle

Das Gesetz soll am 1.1.2023 in Kraft treten.

Heute Anhörung im BT-Rechtsausschuss zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Heute findet die Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zu den beiden Gesetzentwürfen Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens BT-Drucksache 19/21981 (Bundesregierung) und Entwurf eines Gesetzes zur insolvenzrechtlichen Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Insolvenzfolgen-Abmilderungsgesetz) BT-Drucksache 19/18681 (B90/Grüne) statt.

Stellungnahmen der Sachverständigen

Anna Mayr: “Die Elenden – Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht”

Hier der Hinweis auf das jüngst erschienene Buch “Die Elenden – Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht” von Anna Mayr (Hanser Berlin).

Klappentext: “Anna Mayr war noch ein Kind und schon arbeitslos. Sie ließ die Armut hinter sich, doch den meisten gelingt das nicht – und das ist so gewollt. Dieses Buch zeigt, warum.”

Das knapp 200seitige Werk sollte jede*r Schuldnerberater*in kennen, auch und gerade, weil die Profession “Soziale Arbeit” nicht wirklich gut weg kommt (Kapitel “Keine echte Güte – Warum wir den Armen nicht wirklich helfen”). – Audios für Lesefaule.

Rund 77 Prozent in einem Normalarbeitsverhältnis

Im Jahr 2018 sind rund 26,2 Millionen Erwerbstätige im Alter von 15 bis 64 Jahren in einem Normalarbeitsverhältnis (ohne Befristung, Teilzeit, Minijob oder Leiharbeit) tätig gewesen. Dies entspricht einem Anteil von 77,7 Prozent an allen abhängig Beschäftigten in dieser Altersgruppe. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22647) auf eine Kleine Anfrage (19/21487) der Fraktion Die Linke unter Hinweis auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Demnach waren knapp 80 Prozent der deutschen Beschäftigten in einem Normalarbeitsverhältnis tätig. Auf die Gruppe der EU15-Ausländer trifft dies mit rund 73 Prozent zu, auf die Gruppe der restlichen EU-Ausländer mit 65 Prozent und auf die Gruppe der Nicht- EU-Ausländer mit 60 Prozent. – Quelle

Immer weniger Selbständige gegen Arbeitslosigkeit versichert

Die Zahl der Selbständigen, die sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern, ist seit 2010 deutlich gesunken. Wie aus einer Antwort (19/22414) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/21976) der Fraktion Die Linke hervorgeht, waren im Jahr 2010 rund 261.000 und damit rund sieben Prozent der Selbständigen gegen Arbeitslosigkeit versichert. 2019 waren es nur noch rund 74.000 und damit zwei Prozent der Selbständigen. Im August 2020 waren laut Bundesregierung rund 69.000 Selbständige auf diese Weise versichert. – Quelle

Verkürzung von Restschuld­befreiungs­verfahren: Gegenäußerung der Bundesregierung

Unter BT-Drucksache 19/22773 ist die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (dazu unsere Meldung vom 18.9.2020) zu finden. Daraus in Auszügen:

– Der Evaluationszeitraum bis zum 30. Juni 2024 ist angemessen.
– [Die EU-Richtlinie] empfiehlt lediglich, so früh wie möglich die Bestimmungen der Richtlinie über die Entschuldung auch auf Verbraucher anzuwenden. Dieser Empfehlung wird mit dem Entwurf probeweise und mit Blick auf die derzeitigen besonderen Krisenerscheinungen entsprochen. Über eine Verlängerung der Geltungsdauer der Regelungen soll nach Bewältigung der Krisenerscheinungen und auf Grundlage der Informationen entschieden werden, welche die Evaluation liefern wird.
– Die Bundesregierung hält daran fest, dass eine Verkürzung der Speicherfristen [für Auskunfteien] nicht ohne die (…) vorgesehene Evaluation vorgenommen werden sollte.

Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Das Bundeskabinett hat letzten Mittwoch den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Das Gesetzespaket sieht einschließlich aller Folgeanpassungen eine Änderung von 46 Gesetzen vor.

Eine Übersicht gibt die PM des BMJV. Dort ist der Gesetzentwurf selbst nicht zu finden. Am 23.6.2020 wurde allerdings der Referentenentwurf veröffentlicht und im Anschluss werden 81 (!) Stellungnahmen wiedergegeben.