DGB: Das Bürgergeld ist nicht zu hoch – die Löhne sind zu niedrig

Seit dem Beschluss für ein höheres Bürgergeld ab Januar 2024 sorgen sich Arbeitgeber und Politiker*innen von CDU und FDP über den Abstand zwischen Bürgergeld und Löhnen. Sie erzählen das Märchen von der bequemen sozialen Hängematte, fantasieren von grassierendem Sozialmissbrauch und Kündigungswellen von faulen Beschäftigten, die lieber Bürgergeld beziehen als zu arbeiten. Keine dieser Behauptungen ist von Fakten gestützt.

Quelle und mehr: Webseite des DGB

BGH: Corona-Sonderzulage an niedersächsische Beamte ist grundsätzlich pfändbar

Der BGH hat mit Beschluss vom 13. Juli 2023 – IX ZB 24/22 – entschieden, dass die gemäß § 63a des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes (NBesG) an alle Besoldungsempfänger zu zahlende Corona-Sonderzahlung keine unpfändbare Erschwerniszulage im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO darstellt. Die Entscheidung ist grundsätzlich interessant – die Leitsätze:

a) Besteht aufgrund einer abstrakt-generellen Regelung ein Anspruch auf eine Sonderzahlung, stellt dies nur dann eine Erschwerniszulage dar, wenn der Kreis der anspruchsberechtigten Personen in hinreichend bestimmter Weise von dem Kreis derer abgegrenzt ist, bei denen die tatsächlichen Verhältnisse, welche die Leistung veranlasst haben, zu keiner Erschwernis der Arbeitsleistung führen.

b) Eine gesetzliche Regelung, die allen zumindest an einem Tag in einem bestimmten Zeitraum beschäftigten Besoldungsempfängern eines Landes einen Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung einräumt, stellt keine Erschwerniszulage dar.

Siehe auch die PM des Gerichts zur Entscheidung und auch BAG zur (Un-)Pfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung

LG Kassel zur Kündigungsabfindung  im Insolvenzverfahren

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des LG Kassel, 12.06.2023 – 3 T 276/22. Daraus:

“Zu der Vorschrift des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass die einmalige Abfindung anlässlich des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis von der Abtretung der „Bezüge aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis“ erfasst wird, weil ansonsten die während der Wohlverhaltensphase vorgesehene Bedienung der Gläubiger aus den pfändbaren Arbeitseinkünften des Schuldners leicht zu umgehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – IX ZR 139/09). Die Vorschriften der §§ 850 ff ZPO finden daher Anwendung; konkret unterfällt die verfahrensgegenständliche Kündigungsabfindung dem Anwendungsbereich des § 850 i Abs. 1 ZPO.

Nach § 850 i Abs. 1 ZPO ist dem Schuldner während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als im verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Zweck des § 850 i ZPO ist die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten des Schuldners. Zu belassen ist ihm daher so viel, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts bei einem Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn verbleiben würde, was sich nach den §§ 850 ff. ZPO, d. h. unter anderem bei der Vollstreckung von gewöhnlichen Geldforderungen nach § 850 c ZPO bestimmt (LG Wuppertal, Beschluss vom 15.01.2019 – 16 T 235/17; LG Bochum, Beschluss vom 18.08.2010 – I-7 T 433/0 9,7 T 433/09).

Es kommt vorliegend, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht darauf an, wofür die Abfindungszahlung geleistet worden ist; es ist also nicht entscheidend, ob die Abfindungszahlung die lange Betriebszugehörigkeit des Beschwerdeführers widerspiegeln soll. Davon abgesehen gehört eine Kündigungsabfindung – wie die vorliegende – zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, weil sie gerade wegen seiner Beendigung vom Arbeitgeber gezahlt wird; sie dient – wie sonstige Geldleistungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis – der Sicherung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers und seiner Familie (vgl. BAG, Urteil vom 13.11.1991 – 4 AZR 39/91) und soll regelmäßig ein Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und des verlorenen sozialen Besitzstandes sein (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – IX ZR 139/09).

DGB: Enttäuschende Mindestlohnanpassung gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen

“Die Mindestlohnkommission hat heute gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst. Demnach soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 lediglich auf 12,41 Euro und ein ganzes Jahr später, zum 1. Januar 2025, auf 12,82 Euro steigen. Im ersten Jahr entspricht dies einer prozentualen Erhöhung um magere 3,4 Prozent, im zweiten Jahr sind es sogar nur 3,3 Prozent. Die Arbeitnehmer*innenseite hat deshalb eine eigene Stellungnahme zum Beschlusstext der Mindestlohnkommission abgegeben.

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission, sagte am Montag in Berlin: 

„Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen. Mit diesem Beschluss erleiden die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. Die Mindestlohnkommission wird damit nicht ihrer Aufgabe gerecht, den gesetzlich geforderten Mindestschutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.

Um diesen Mindestschutz sowie einen Ausgleich der Inflation zu erreichen, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.

Vollkommen aberwitzig ist zudem, dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste Erhöhung nicht den aktuell vom Gesetzgeber festgelegten Mindestlohn von 12 Euro ansetzen. Mit dem jetzt gefassten Beschluss gehen die Arbeitgeber stattdessen vom alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro aus. Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich, der vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation die 12 Euro festgelegt hatte, um den Mindestlohn armutsfest zu gestalten.

Es ist beschämend, dass die Arbeitgeber in dieser Situation mit den höchsten Teuerungsraten gerade bei den finanziell Schwächsten des Arbeitsmarktes sparen wollen. Sie müssten de facto Einkommensverluste hinnehmen und wären komplett von der allgemeinen Lohnentwicklung abkoppelt.“

Quelle und mehr: DGB

Rund 194.000 Menschen waren 2021 in Deutschland durchschnittlich gleichzeitig „kurzfristig beschäftigt”

„Kurzfristig Beschäftigte“ arbeiten ohne jeden Sozialversicherungsschutz, trotz harter Arbeit in der Landwirtschaft oder im Dienstleistungsbereich. Das Modell ist sehr anfällig für Missbrauch! Der DGB fordert deshalb, die kurzfristige Beschäftigung auf Ausnahmefälle wie Studierende und Schüler*innen zu beschränken und den maximalen Zeitraum auf 50 Tage zu verkürzen.

Quelle und mehr: DGB

BAG zur (Un-)Pfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung

PM des Bundesarbeitsgerichts: “Zahlt ein Arbeitgeber, der nicht dem Pflegebereich angehört, freiwillig an seine Beschäftigten eine Corona-Prämie, ist diese Leistung als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, wenn ihr Zweck in der Kompensation einer tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt, soweit die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt. (mehr …)

Bundestag beschließt Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde ab Oktober 2022

Mehrheitlich sprach sich der Bundestag heute für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde ab Oktober 2022 aus. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/140820/1916) zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung stimmten die Koalitionsfraktionen und Die Linke. Die CDU/CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion enthielten sich. Auf Antrag der Linken wurde über Artikel 7 des Gesetzentwurfs, die von der Linken heftig kritisierten Änderungen bei den Minijobs, in namentlicher Abstimmung separat abgestimmt. Für den Artikel 7 stimmten dabei 398 Abgeordnete, dagegen 41 und 248 der insgesamt abgegebenen Stimmen waren Enthaltungen. Zur Abstimmung des Gesetzentwurfs hatte der Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Beschlussempfehlung (20/1916) vorgelegt. Einen Entschließungsantrag der CDU/CSU (20/2057) wies der Bundestag bei Enthaltung der AfD mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen zurück. Darin kritisierte die Unionsfraktion die beabsichtigte politische Festlegung der Mindestlohnhöhe und forderte zukünftig eine Festlegung durch die Mindestlohnkommission.

Gegen die Stimmen der Antragsteller wurde zudem eine Vorlage der Linksfraktion mit dem Titel „Ausweitung der Minijobs konterkariert Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns“ (20/1503) abgelehnt. (mehr …)

Neuregelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung und zur elektronischen Arbeitslosmeldung

Hier der Hinweis auf die BA-Weisung 202111008 vom 26.11.2021 – Änderung der §§ 38 und 141 SGB III – Neuregelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung und zur elektronischen Arbeitslosmeldung.

Mit den am 01.01.2022 in Kraft tretenden Änderungen, betreffend die § 38 SGB III „Rechte und Pflichten der Ausbildung- und Arbeitsuchenden“ und § 141 SGB III „Persönliche Arbeitslosmeldung“ des „Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung (PDF)“ („Arbeit-vonmorgen-Gesetz“), werden die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung sowie die Arbeitslosmeldung neu angepasst.