BGH zur vom Anfechtungsgegner durch Zwangsvollstreckung bewirkten Vermögensverlagerung

BGH, Urt. v. 01.06.2017 – IX ZR 48/15 – Leitsätze des Gerichts:

  1. Eine vom Anfechtungsgegner durch Zwangsvollstreckung bewirkte Vermögensverlagerung kann nur dann auch als Rechtshandlung des Schuldners gewertet werden, wenn der Schuldner einen Beitrag zum Erfolg der Zwangsvollstreckung geleistet hat, der ein der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbares Gewicht hat.
  2. 2. Die vom Anfechtungsgegner durch eine Vollstreckungsmaßnahme bewirkte Vermögensverlagerung gilt nicht zugleich als Rechtshandlung des Schuldners, wenn sich der Schuldner angesichts einer bevorstehenden oder bereits eingeleiteten berechtigten Vollstreckungsmaßnahme nicht anders verhält als ohne die Vollstreckung und sich damit darauf beschränkt, die Vollstreckung des Gläubigers hinzunehmen.

LSG Hamburg zur Darlehensgewährung für Mietkaution: „Fachanweisung der BASFI greift zu kurz“

Das Landessozialgericht Hamburg hat im Urteil vom 23.2.2017 (L 4 AS 135/15) zur Fachanweisung zu § 22 Abs. 6 und 8 SGB II Gewährung und Rückforderung kommunaler Darlehen vom 14.09.2011 (Gz.: SI 233/111.10-3-8-1) ausgeführt:

„Der Darlehensbescheid vom 17. September ist rechtswidrig, weil der Beklagte bei der Entscheidung über die Form der Kautionsgewährung kein Ermessen ausgeübt hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Gemäß § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II in der hier anwendbaren Fassung vom 13. Mai 2011 soll eine Mietkaution als Darlehen erbracht werden. Damit ist die Mietkaution im Regelfall als Darlehen zu gewähren, in atypischen Fällen hat der Leistungsträger hingegen ein Ermessen hinsichtlich der Form der Gewährung der Kaution. Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass hier ein atypischer Fall vorgelegen hat, der dem Beklagten ein Ermessen eröffnete. (mehr …)

Bundestag verabschiedet Gesetz zum Versicherungsvertrieb (dabei: Restschuldversicherungen)

Der Bundestag hat vor einer Woche (29.6.2017) das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvertrieb und zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes“ verabschiedet – siehe HIB-Meldung und BT-Mediathek.

Dirk Ulbricht vom iff ist ungehalten: unter der Überschrift „Restschuldversicherung: Schnellschuss hilft den Hauptleidtragenden nicht“ findet er deutliche ablehnende Worte.

Auch der vzbv meint: „Gesetz zum Versicherungsvertrieb greift zu kurz“

OLG Köln erschwert unerwünschte Werbeanrufe nach Vertragsende

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hat mit Urteil vom 02.06.2017, Az.: 6 U 182/16, nicht rechtskräftig, eine Einwilligungserklärung über die Nutzung von Vertragsdaten für Werbenachrichten oder -anrufe zur „individuellen Kundenberatung“ nach Vertragsende untersagt. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Telekom Deutschland GmbH.

„Verbraucherinnen und Verbraucher müssen es nicht hinnehmen, dass Telefonanbieter sie nach einer längst beendeten Vertragsbeziehung zu Werbezwecken zu Hause anrufen dürfen“, sagt Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim vzbv. – Quelle und mehr: PM der vzbv

Deutschlandfunk Kultur zur Energiearmut in Deutschland

Gestern wurde im Länderreport des Deutschlandfunk Kultur über Energiearmut in Deutschland berichtet: „Kein Geld, kein Strom“ oder direkt als Audio-Datei (mp3).

Davor ging es um den Stromsparcheck der Caritas: „Damit Sie auch morgen noch warm duschen können“ oder direkt als Audio-Datei (mp3).

Siehe auch „Energie-Armut als neues soziales Risiko“ bzw. mp3

BSG: Betriebskostenübernahme auch für ehemalige Wohnung

RA Helge Hildebrandt weist auf der vorzüglichen Seite der https://sozialberatung-kiel.de auf BSG, Urteil vom 30.03.2017, B 14 AS 13/16 R hin.

Aus dem Terminsbericht des BSG: „Grundsätzlich sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur die angemessenen, tatsächlichen Aufwendungen für die aktuell bewohnte Wohnung zu übernehmen, weil nur dies der Sicherung der Unterkunft dient. Nicht bezahlte Aufwendungen für frühere Wohnungen sind Schulden; diese werden nur ausnahmsweise übernommen (§ 22 Abs 8 SGB II).

Vorliegend ist jedoch eine Ausnahme zu machen, weil (mehr …)

VID: Neuer Schlichter in Insolvenzverfahren

Der Verband lnsolvenzverwalter Deutschlands meldet: „Seit 1. Juli 2017 ist RiAG a. D. Rudolf Voß neuer Ombudsmann des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine Verlängerung ist nicht möglich.

Im Konfliktfall mit Insolvenzverwaltern können sich Gläubiger aber auch Schuldner an den Ombudsmann des VID wenden. Dies jedoch nur dann, wenn der Verwalter Mitglied des VID* ist. Der Ombudsmann wirkt lediglich vermittelnd. Häufige Ursache für Beschwerden sind Probleme in der Kommunikation.“

* Hamburger Mitglieder

LG Frankenthal verneint Vertretungsbefugnis eines Inkassounternehmens bzgl. der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung

Hier der Hinweis auf LG Frankenthal, Beschluss vom 14.02.2017, Aktenzeichen: 1 T 28/17. Daraus: „Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass ein Inkassounternehmen bei der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht zur Vertretung berechtigt ist, da sich eine Vertretungsbefugnis weder aus einer direkten noch einer analogen Anwendung von § 205 Abs. 4 Satz 2 InsO ergibt. (…) Aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, ergibt sich entsprechend der Ausführungen in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts anderes.  (…) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich eine wirksame Antragsstellung nicht aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 3 ZPO, da es an einer wirksamen Bevollmächtigung fehlt. Die der Restschuldbefreiungsversagungsantragseinreicherin erteilte Vollmacht ist jedenfalls gemäß §§ 134 BGB, 3 RDG insoweit nichtig, als Sie die Vertreterin der Antragstellerin dazu ermächtigt einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen.“

„Überschuldete benötigen über ein Drittel ihres Einkommens für Wohnkosten“

Im Jahr 2016 stand dem Gesamthaushalt einer überschuldeten Person, die bei einer Schuldnerberatungsstelle Hilfe suchte, durchschnittlich ein Nettoeinkommen von 1.274 Euro pro Monat zur Verfügung. Mit durchschnittlich 482 Euro machten die Kosten für die Wohnung einschließlich Energie- und Nebenkosten 38 % aus. Betrachtet man nur das eigene Einkommen des Schuldners von durchschnittlich 1.053 Euro, so machten die Wohnkosten sogar 46 % aus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hatten sich die Wohnkosten im Vergleich zum Haushaltseinkommen im Jahr 2015 für die Gesamtbevölkerung lediglich auf gut 27 % belaufen. (mehr …)