Bürgerbeauftragte Schleswig-Holsteins informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht im Jahr 2023

Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni, gibt einen Überblick über kommende Änderungen im Sozialrecht. Die Überschriften:

  • Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld statt „Hartz IV“)
  • Sozialhilfe
  • Kindergeld
  • Kinderzuschlag
  • Asylbewerberleistungsgesetz
  • Unterhaltsvorschussgesetz
  • Gesetzlichen Krankenversicherung
  • Wohngeldgesetz

Sowie jeweils im Gesetzesvorhaben befindlich:

  • Gesetzliche Rentenversicherung
  • Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) und KiTaG

Bundestag beschließt Strom- und Gaspreisbremse

Die von den Koalitionsfraktionen ins Auge gefassten Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom können nach dem Willen der Bundestagsmehrheit nun greifen. Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP setzten ihre Vorhaben in namentlicher Abstimmung durch. Für den Gesetzentwurf „zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung sonstiger Vorschriften“ (20/4683) stimmten heute 370 Abgeordnete. 256 Parlamentarier votierten gegen die Vorlage, 33 enthielten sich. Einen Gesetzentwurf  „zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ (20/4685) nahm das Parlament mit 373 Ja-Stimmen bei 187 Nein-Stimmen und 101 Enthaltungen an.

Die Preisbremsen für Erdgas und Wärme sollen die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen abfedern, heißt es im Koalitionsentwurf. 

Durch die Strompreisbremse sollen Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher bis zum 30. April 2024 bei den Strompreisen entlastet werden (20/4685). Auch wenn die Großhandelspreise für Strom zuletzt zurückgegangen seien, verblieben die Strompreise in Deutschland und Europa weiterhin auf einem deutlich höheren Niveau als vor der Krise, wird zur Begründung angeführt. 

Quelle und mehr: Bundestag

Auch Heimbewohner können Anspruch auf Corona-Einmalzahlung haben

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2022, Aktenzeichen L 2 SO 1183/22.

Zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen können auch in stationären Heimen lebende Leistungsberechtigte vom Sozialhilfeträger eine Einmalzahlung von 150 € beanspruchen, wenn sie im Mai 2021 einen Barbetrag und eine Bekleidungspauschale bezogen haben.

Diese stellten Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (als eine Voraussetzung für den Anspruch auf eine Covid-19-Einmalzahlung nach § 144 S. 1 SGB XII) dar. Obwohl die Leistungen der Stadt S an den K auf ein Konto des Pflegeheims überwiesen wurden, seien die Bekleidungsbeihilfe und der Barbetrag an K ausgezahlt worden. Denn K habe Barbetrag und Bekleidungspauschale zur persönlichen Verfügung gestanden und einen Anspruch gegen das Heim auf Überlassung dieser Beträge zu seiner freien Verfügung gehabt. Insofern sei somit von einer Auszahlung dieser Beträge an K auszugehen. Der Senat hat die Revision an das Bundesozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle: PM des Gerichts

 Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein: Update der Info-Broschüre SCHULDENFREI

Die seit 2005 von der Koordinierungsstelle herausgegebene Broschüre wird in der Neuauflage 2022 bunter. Nicht nur der Name ist neu, sondern auch das Design. Auch der Inhalt wurde einer umfassenden Überarbeitung unterzogen, wobei die bisherige Struktur unverändert geblieben ist

Die Broschüre “SCHULDENFREI – Schuldnerberatung als professionelle Hilfe in Schleswig-Holstein” führt in verständlicher Sprache in die Arbeit der Schuldnerberatung ein.

Zu Beginn steht weiterhin die Einführung in das Thema “Verschuldung, Überschuldung und die Folgen” sowie die Darstellung der Sozialen Schuldnerberatung als professionelle Hilfe mit der Übersicht aller in Schleswig-Holstein anerkannten und von der Landesregierung geförderten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen.

Die Broschüre beinhaltet einen neuen Teil “Wie läuft die Beratung ab?”, der den Ablauf einer Beratung in übersichtlicher Form darstellt. Darin enthalten sind auch praktische Tipps zur Vorbereitung auf das erste Gespräch.

Quelle und mehr: www.schuldnerberatung-sh.de/infoservice/info-broschuere-schuldenfrei.html

Hunderttausende in Deutschland nicht ausreichend krankenversichert

“Inflation, wachsende Armut, die Versorgung von Geflüchteten – das deutsche Gesundheitssystem ist den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen. Davor warnt eine zivilgesellschaftliche Allianz anlässlich des heutigen Welttags der allgemeinen Gesundheitsversorgung.

Die Bundesregierung muss zügig Maßnahmen ergreifen, um Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland zu gewährleisten und diskriminierende Hürden abzubauen. Das fordern die NGO Ärzte der Welt, die Diakonie Deutschland und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gemeinsam mit der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Krankenschein- und Clearingstellen (BACK). (…)

Offizielle Daten, wer in Deutschland nicht krankenversichert ist, sind unzureichend. Zum besseren Verständnis des Problems will Ärzte der Welt mit seinem heute erscheinenden Gesundheitsreport beitragen. “60 Prozent der Patient*innen haben angegeben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten darauf verzichtet haben, eine Arztpraxis oder Klinik aufzusuchen, obwohl sie krank waren. Bei obdachlosen Patient*innen waren das über 80 Prozent“, sagt Ärzte der Welt-Referentin Janina Gach. (…)

Angesichts der sich zuspitzenden Lage fordern die Organisationen und Verbände die Bundesregierung auf, endlich zu handeln, und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

LG Berlin zur Aufhebung der Verfahrenskostenstundung bei Auskunftspflichtverletzung des Schuldners

Das LG Berlin hat am 11.2021 unter 84 T 99/21 eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen – Orientierungssatz:

Es reicht für eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten gemäß § 4c Nr. 1 Halbsatz 2 InsO nicht aus, wenn der Schuldner seine allgemeine Mitwirkungspflicht durch Nichterteilung einer Auskunft verletzt.

Aus der Entscheidung: “Vorliegend hat das Amtsgericht den Schuldner mit der Verfügung vom 07.12.2020 ausdrücklich lediglich dazu aufgefordert, dem Treuhänder — und nur diesem — lückenlose Einkommensnachweise für die Zeit seit Februar 2020 vorzulegen. Darauf hat der Schuldner nicht reagiert. In einer derartigen unterlassenen Mitwirkung kann eine Obliegenheitsverletzung liegen, die unter Umständen bis zur Versagung der Restschuldbefreiung führen kann; sie rechtfertigt aber nicht unmittelbar die Aufhebung der Stundung nach § 4c Nummer 1 Halbsatz 2 InsO. Die Aufhebungsgründe nach § 4c InsO sind grundsätzlich eng auszulegen. Andernfalls würde mit der Aufhebung der Stundung im Ergebnis bereits der Entscheidung über die Restschuldbefreiung vorgegriffen; denn in zahlreichen Fällen wird der Schuldner die dann fälligen Verfahrenskosten nicht aufbringen können und damit Gefahr laufen, dass das Insolvenzverfahren nach § 207 Absatz 1 InsO eingestellt oder die Restschuldbefreiung nach § 298 InsO versagt wird.”

Siehe dazu auch den lesenswerten Beitrag von Franziska Hackenberg unter NZI 2022, 545.

Jahressteuergesetz 2022: Energiepreispauschale nach § 122 EStG-neu unpfändbar

Der Bundestag hat am Freitag, 2. Dezember 2022, den Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2022 gebilligt. Die finale Fassung wird am 16.12.2022 im Bundesrat Thema sein und ist als BR-Drucksache 627/22 (neu) nachzulesen. Artikel 1 Nr. 22 b) des Gesetzes sieht vor:

§ 122 EStG:

Folgender Satz wird angefügt:
„Die Energiepreispauschale ist in Höhe des in § 112 Absatz 2 genannten Betrages unpfändbar.“

Aus der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 20/4729 (Seite 151):

Der neue Satz 2 regelt, dass die Energiepreispauschale nicht pfändbar ist.
Mit der Gesetzesänderung soll sichergestellt werden, dass die Energiepreispauschale den Empfängern tatsächlich
zur Verfügung steht und nicht von Gläubigern gepfändet werden kann. Dadurch können die Empfänger die Energiepreispauschale einsetzen, um Zahlungen zu leisten, die durch gestiegene Energiekosten verursacht wurden.
Wegen des Verweises in § 36 der Insolvenzordnung unterliegt die Energiepreispauschale auch nicht dem Insolvenzbeschlag.
Über die Zahlung der Energiepreispauschale kann nach den § 902 Satz 1 Nummer 6 und § 903 der Zivilprozessordnung zum Zweck der Vorlage bei einem Kreditinstitut eine Bescheinigung erteilt werden.

Das Gesetz soll nach Artikel 43 am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die spannenden Fragen: was ist bis dahin und mit einer eventuellen Rückwirkung (oder aus heutiger Sicht: Vorwirkung) ?

Neue “Düsseldorfer Tabelle” ab dem 1. Januar 2023

Pressemitteilung Nr. 33/2022 des OLG Düsseldorf: “Die zum 1. Januar 2023 aktualisierte Düsseldorfer Tabelle ist ab sofort auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf verfügbar. Die Änderungen gegenüber 2022 betreffen im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, den Bedarf eines studierenden Kindes und der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf.

Die Düsseldorfer Tabelle stellt eine bloße Richtlinie dar und dient als Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne des § 1610 BGB. Eine bindende rechtliche Wirkung kommt ihr nicht zu.

Die Tabelle wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts verwandt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt sie seit dem 1. Januar 1979 heraus. Sie wird unter Beteiligung und in Abstimmung sämtlicher Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtes e.V. erstellt.”

Quelle und mehr: www.olg-duesseldorf.nrw.de

Siehe auch Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung (BGBl. 2022 I Nr. 47 S. 2130).

Verbraucherinsolvenzformularverordnung: Änderung der Fußzeile mit der Fassungsangabe

Laut Tagesordnung wird sich der Bundesrat am 16.12.2022 unter Top 46 auch mit der Verbraucherinsolvenzformularverordnung (VbrInsFV) befassen. Das BMJ hat unter Artikel 3 folgende Änderung vorgeschlagen (Seite 45, Druckseite 51):

In der Anlage der Verbraucherinsolvenzformularverordnung vom 17. Februar 2002 (BGBl. I S. 703), die zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) geändert worden ist, werden jeweils in der Fußzeile die Wörter „Amtliche Fassung 7/2014“ durch die Wörter „Amtliche Fassung 1/2021“ ersetzt.

Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat (auch) diesen Artikel gebilligt und die Zustimmung des Bundesrates empfohlen[1], so dass davon auszugehen ist, dass das Plenum des Bundesrats der Änderung der VbrInsFV am 16.12.2022 zustimmen wird. Der Artikel 3 soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten[2].

Vor diesem Hintergrund sollten alle Beratungsstellen, die noch – richtigerweise, siehe nur unsere Meldung zuletzt vom 16.7.2021 und Butenob, ZInsO 2021, 831 – die Angabe “Amtliche Fassung 7/2014” nutzen, diese Angabe durch “Amtliche Fassung 1/2021” ersetzen.

Dies ist nach der Verordnungsbegründung (Seite 81, Druckseite 87: “Zur besseren Erkennbarkeit der geänderten Fassung wurde in der Praxis unter Heranziehung des § 2 Nummer 1 dieser Verordnung auch bereits die Fassungsangabe in der Fußzeile jedes Formularblattes aktualisiert.”) ab sofort möglich.


[1]    BR-Drucksache 561/1/22

[2]    Artikel 4 der Verordnung.

BGH zur Abführungspflicht des selbständig tätigen Insolvenzschuldners

BGH, Beschluss vom 29. September 2022 – IX ZB 48/21 – Leitsatz

Hat der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit des Schuldners freigegeben und erzielt der Schuldner zusätzlich Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung, kann das Insolvenzgericht nicht anordnen, dass der unpfändbare Betrag in erster Linie den Einkünften des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit oder den fiktiven Einkünften aus dem angemessenen Dienstverhältnis zu entnehmen ist.

§ 35 Abs. 2 Satz 2, § 295 Abs. 2 InsO a.F.