Entschließung BAG-SB-Jahresfachtagung: „Als Gläubiger sollte der Staat sozial und wirtschaftlich denken!”

Wer in Deutschland ein Privatinsolvenzverfahren eröffnen will, muss zuvor versuchen, sich außergerichtlich mit seinen Gläubigern zu einigen. „Doch von vielen öffentlich-rechtlichen Gläubigern werden solche Zahlungsvorschläge pauschal abgelehnt, ohne dass sie auf Wirtschaftlichkeit geprüft werden“, beklagte die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. auf ihrer Jahresfachtagung in Mainz. In der Folge entscheiden sich viele Menschen für ein Privatinsolvenzverfahren, obwohl es nur einen einzigen unnachgiebigen Gläubiger gibt: das Jobcenter, die Kindergeldkasse oder die Rentenversicherung.

Folgende Lösungsvorschläge wurden auf der Tagung beschlossen: (mehr …)

Bundestag beschließt “Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz”

Heute hat der Bundestag für einen finanziellen Sofortzuschlag für Kinder und einer Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme aus Anlass der Covid-19-Pandemie gestimmt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1411) wurde in einer vom Ausschuss geänderten Fassung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktionen AfD und Die Linke angenommen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (20/1768) und ein Bericht gemäß § 96 der Geschäftsordnung der Haushaltsausschusses (20/1781) zugrunde. – Quelle und mehr: Bundestag

Siehe auch

BGH zur Möglichkeit des Widerrufs bei verbundenen Allgemeinverbraucherdarlehensverträgen nach Ablauf der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung

Hier der Hinweis auf die Meldung des vzbv zur Entscheidung des BGH vom 22.02.2022, XI ZR 155/21.

Aus der Entscheidung: “… die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation [ist] fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf “alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB” zwar nach den Maßstäben des nationalen Rechts klar und verständlich i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB aF ist, dies aber im Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG (…) im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) in Bezug auf (Allgemein-) Verbraucherdarlehensverträge bei einer richtlinienkonformen Auslegung gleichwohl zu verneinen ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Oktober 2020 XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 Rn. 13 ff. und vom 10. November 2020 XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 14 ff.).

LG Berlin: pauschale Mahnkosten von 2,50 Euro sind zu hoch

In der Entscheidung des LG Berlin vom 23.02.2022, Az. 15 O 190/21 – nicht rechtskräftig – vgl. dazu auch die vorherige Meldung LG Berlin untersagt diverse AGB-Klauseln eines Mobilfunkanbieters… – hat das Gericht auch festgestellt, dass pauschale Mahnkosten von 2,50 Euro in AGBs unwirksam sind.

Aus der Entscheidung: “Nach § 309 Nr. 5 lit. a) BGB ist eine Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. (…) Der Kläger hat einen konkreten Anhaltspunkt für eine zu hohe Pauschale dargetan, indem er auf deutlich niedrigere Materialkosten für einen Brief hingewiesen hat. (mehr …)

LG Berlin untersagt diverse AGB-Klauseln eines Mobilfunkanbieters zur Weitergabe persönlicher Daten an die Schufa und andere Auskunfteien

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat ein – allerdings noch nicht rechtskräftiges – Urteil des LG Berlin gegen einen Mobilfunkanbieter erstritten, Urteil vom 23.02.2022, Az. 15 O 190/21.

Der Anbieter wollte Informationen über den Abschluss und die Beendigung von Verträgen sowie über einen Wohnsitzwechsel übermitteln. Das Unternehmen habe nichts dargetan, warum diese Informationen zur Wahrung irgendeines berechtigten Interesses der Schufa erforderlich sein könnten, monierte der Richter.

Aus der Entscheidung: “Die Klausel 3.1 S. 1 der AGB (generelle Regelungen) ist unwirksam nach§ 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB i. V. m. mit Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Die Übermittlung der betroffenen Daten durch die Beklagte ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten. (mehr …)

Bundesrat fordert Neufassung des § 64 InsO

Durch eine Neufassung von § 64 Absatz 2 der Insolvenzordnung (InsO) will der Bundesrat aus Gründen der Rechtssicherheit sicherstellen, dass grundsätzlich der vollständige Gerichtsbeschluss über die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters bekannt gemacht werden. Diese Bekanntmachung müsse „insbesondere den Beschlusstenor (mit Ausnahme des festgesetzten Betrages) sowie die Beschlussgründe umfassen […], soweit schützenswerte Interessen bestimmter Beteiligter nicht ausnahmsweise eine nur auszugsweise Veröffentlichung der Beschlussgründe gebieten“, enthalten, führt die Länderkammer in einem entsprechenden Gesetzentwurf (20/1415) aus.

Quelle und mehr: Bundestagsmeldung

17. Internationale Konferenz zu Finanzdienstleistungen findet am 23./24. Juni 2022 online statt

Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) richtet am 23./24. Juni 2022 zum 17. Mal die Internationale Konferenz zu Finanzdienstleistungen in Hamburg aus. Die Konferenz bietet alljährlich rund 250 Beteiligten aus Verbraucherschutz, Schuldnerberatung, Politik, Wissenschaft, Rechtsvertretung, Politik und der Finanzdienstleitungsbranche eine Plattform, sich auszutauschen und über aktuelle Themen zu diskutieren.

Das Leitmotiv der Konferenz in diesem Jahr lautet „Transformation der Finanzwirtschaft“. (mehr …)

Offener Brief Tacheles e.V. an Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil und das BMAS zu Maßnahmen zur Abwendung von Energiearmut bisher unbekannten Ausmaßes

Angesichts der Energiekrise mit drastischen Teuerungsraten für Strom und Heizenergie richtet Tacheles einen offenen Brief an Minister Heil, in welchem konkrete Handlungsperspektiven und –notwendigkeiten aufgezeigt werden.

In dem offenen Brief werden dezidiert konkrete Handlungsmöglichkeiten für Herrn Heil und das BMAS aufgezeigt, wie Energiearmut zu begegnen ist und die Rechtsprechung des BVerfG umgesetzt werden kann. 

Der Brief als Webseite und als PDF.

Pfändungstabelle 2022: steigt der Pfändungsfreibetrag auf 1.330,16 Euro?

So manche fragen sich: Wann kommt die neue Pfändungstabelle? Immerhin soll diese sich nunmehr jährlich ändern (vgl. § 850c Abs. 4 ZPO).

An dieser Stelle ist beachtlich, dass der Finanzausschuss sich am 25.4.2022 mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 (Drs. 20/1333) befassen wird. Dort ist vorgesehen, den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro anzuheben. Die Änderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten!

Das hätte folgende Auswirkungen auf die neue Pfändungstabelle ab 1.7.2022:

Grundfreibetrag
nach § 32a EStG
Pfändungsfreibeträge
(Monatswerte)
absolutin % zum Vorwertohne Unterhaltspflicht1 Unterhalt2 – 5 Unterhalt
20199.168 €1.178,59 €+ 443,57 €+ 247,12 €
20219.744 €106,28 %1.252,64 €+ 471,44 €+ 262,65 €
20229.984 €102,46 %1.283,49 €+ 483,05 €+ 269,11 €
2022-Entwurf10.347 €106,19 %1.330,16 €+ 500,61 €+ 278,90 €

Mit andern Worten: es ist davon auszugehen, dass das BMJ das Gesetz abwartet und erst danach die neue Pfändungstabelle herausgeben wird. Ein Warten, welches sich lohnt. Bislang würde der Pfändungsfreibetrag (ohne Unterhaltspflicht) nur gute 30 Euro steigen, nunmehr winken weitere fast 50 Euro.

Seelmaecker (CDU) in Aktueller Stunde zur “Kostenexplosion” bei der Miete: “Wir müssen die Menschen in Wohneigentum bringen”

In der aktuellen Stunde der Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 16.2.2022 zum Thema “Kostenexplosion bei Miete, Energie und HVV: Wo der Senat jetzt handeln muss” sagte Richard Seelmaecker (CDU):

Drittens müssen wir zusehen, dass wir den Menschen wieder ermöglichen, in Wohneigentum zu kommen. Wohneigentum ist der beste Schutz vor zu hohen Mieten. Da sage ich noch einmal – ich habe es schon einmal an dieser Stelle gesagt –: Wir in Deutschland haben die zweitniedrigste Wohnungseigentumsquote in Europa; das sind nur 50 Prozent. Da müssen wir etwas tun. Wir müssen die Menschen in Wohneigentum bringen und ihnen die Verantwortung überlassen, auch eigenes Eigentum zu bilden.

(Protokoll. Seite 3046)

Da fällt einem doch unweigerlich der Satz ein, der Marie Antoinette zugeschrieben wird:

Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen