BGH zum ewigen Widerrufsrecht bei Darlehensverträgen

Der vzbv weist auf das Urteil des BGH vom 10.12.2024 (XI ZR 85/22) hin. Demnach berechtigen geringfügige Fehler in der Widerrufsbelehrung eines Verbraucherdarlehensvertrages – etwa bei der Angabe der Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen – nicht zu einem Widerruf über die Widerrufsfrist hinaus.

Mehr unter https://www.vzbv.de/urteile/zum-ewigen-widerrufsrecht-bei-darlehensvertraegen

EuGH zur „automatisierten Bonitätsbeurteilung“: Die betroffene Person hat das Recht, zu erfahren, wie die sie betreffende Entscheidung zustande kam

Heutige PM des EuGH zu 27.2.2025, C-203/22: „In Österreich verweigerte ein Mobilfunkanbieter einer Kundin den Abschluss eines Vertrags, da sie über keine ausreichende Bonität verfüge. Er stützte sich dafür auf eine Bonitätsbeurteilung der Kundin, die von Dun & Bradstreet Austria, einem auf die Erstellung solcher Beurteilungen spezialisierten Unternehmen, automatisiert durchgeführt worden war. Der Vertrag hätte die Kundin zu einer monatlichen Zahlung von zehn Euro verpflichtet.

Im Rahmen des daran anschließenden Rechtsstreits stellte ein österreichisches Gericht rechtskräftig fest, dass Dun & Bradstreet gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen habe. Dun & Bradstreet habe der Kundin nämlich keine „aussagekräftigen Informationen über die involvierte Logik“ der betreffenden automatisierten Entscheidungsfindung übermittelt. Zumindest habe das Unternehmen nicht hinreichend begründet, weshalb es nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln.

Das Gericht, an das sich die Kundin für die Exekution der gerichtlichen Entscheidung wandte, fragt sich, welche Handlungen Dun & Bradstreet in diesem Zusammenhang konkret vornehmen muss. Es hat den Gerichtshof daher um Auslegung der DSGVO und der Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen ersucht.

Dem Gerichtshof zufolge muss der Verantwortliche das Verfahren und die Grundsätze, die konkret zur Anwendung kommen, so beschreiben, dass die betroffene Person nachvollziehen kann, welche ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen der automatisierten Entscheidungsfindung auf welche Art verwendet wurden.

Jahresfachtagung BAG-SB: Schwerpunktthema Sucht und Gesundheit

Vom 5. bis 7. Mai findet in Hamm wieder eine BAG-SB Jahresfachtagung statt – diesmal mit dem Schwerpunktthema Sucht und Gesundheit. Fachkräfte aus der Schulden- und Suchthilfe sind eingeladen, praxisnah über einen neu zu gründenden bundesweiten Schuldensanierungsfonds, die in 2025 anstehende Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie (CCD2) mit einem Recht auf Schuldnerberatung, Finanzbildung und Kreditwürdigkeit zu diskutieren.

Die Anmeldung ist ab sofort möglich. Mehr unter veranstaltungen.bag-sb.de/veranstaltungen/w1525-tagung-2025

Update Claudia Mehlhorn „Beitragsschulden bei der Krankenversicherung“

Claudia Mehlhorn hat ihr Skript „Ein immer wiederkehrendes Problem aus der Sozialberatung: Beitragsschulden bei der Krankenversicherung“ aktualisiert. Dieses steht unter www.kv-schulung.de/wp-content/uploads/2024/12/Fachaufsatz-Beitragsschulden-in-der-Krankenversicherung-Stand-22.12.24.pdf zum kostenfreien Download bereit.

„School Meets Finance“ – Neues Angebot zur finanziellen Bildung für Hamburger Schülerinnen und Schüler

Aus einer PM der Hamburger Schulbehörde: „Wie funktioniert eine Steuererklärung, was ist ein Krypto-Investment und wie funktioniert ein ETF? Finanzthemen haben im Stundenplan vieler Schulen bisher eine untergeordnete Rolle gespielt. Mit „School Meets Finance“ soll sich das jetzt in Hamburg ändern.

Das gemeinsame Projekt der Finanzbehörde und der Schulbehörde vermittelt Finanzexpertinnen und -experten an die Hamburger Schulen. Dort sollen sie Finanz- und Verbraucherschutzthemen lebensnah und leicht verständlich erklären. Entwickelt wurde das Projekt unter dem Dach des „Masterplan Hamburger Finanzwirtschaft“.

Schülerinnen und Schüler sollen im Austausch mit Expertinnen und Experten aus der Finanzbranche einen direkten Einblick in die Welt der Finanzen erhalten. Im Projekt können die Jugendlichen Fragen stellen, Erkenntnisse gewinnen und dadurch ihre eigenen Kompetenzen stärken. Eines der Ziele des Projektes ist es zudem, bei den Schülerinnen und Schülern Interesse an den entsprechenden Berufsfeldern zu entwickeln. (…)

Das Angebot richtet sich an alle staatlichen Schulen ab Sekundarstufe I sowie die Beruflichen Schulen. Das Hamburger Finanzcluster „FCH Finance City Hamburg GmbH”, an dem neben der Finanzbehörde auch die Handelskammer Hamburg und der Finanzplatz Hamburg e. V. beteiligt sind, übernimmt die Koordination des Projektes und das „Matching“ zwischen interessierten Schulen und Lehrkräften sowie den Finanzprofis. Interessierte Schulen können sich mit entsprechenden Themenwünschen auf der Plattform School Meets Finance melden und werden mit den Expertinnen und Experten zusammengebracht. Selbstverständlich verfolgen die Expertinnen und Experten damit keine kommerziellen Interessen noch werden Finanzprodukte angepriesen oder gar verkauft. Das Projekt wird zudem mit umfangreichen Unterrichtsmaterialien begleitet. (…)“

OLG Düsseldorf: Gebühren für Abwendung einer Stromsperre unzulässig

Wenn Verbraucher:innen mit der Zahlung ihrer Stromrechnung in Verzug sind, kann ihnen im schlimmsten Fall der Strom abgeschaltet werden. Energieversorger sind verpflichtet vor einer Stromsperre ihren Kund:innen eine zinsfreie monatliche Ratenzahlung anzubieten. Die NEW Niederrhein Energie und Wasser GmbH erhob hierfür allerdings Gebühren. Dagegen klagte die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 13.02.2025, Az I-20 UKI 7/24). – Quelle und mehr: www.verbraucherzentrale.nrw/pressemeldungen/presse-nrw/besserer-schutz-vor-stromsperren-104143

Die genannte gesetzliche Verpflichtung ergibt sich aus § 19 Abs. 5 StromGVV / GasGVV. Vgl. auch www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=stromgvv

Aus der Entscheidung: zur Klausel  „Aktuell besteht aus Energielieferung für die vorbezeichnete Lieferstelle eine offene Forderung in Höhe von „Hauptforderung“ zuzüglich eines Bearbeitungsentgeltes in Höhe von 15,00 Euro.“ die Rn. 54ff.:

„aa) Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle, § 307 BGB. Es handelt sich nicht um eine Preisabrede, die im Allgemeinen von einer Klauselkontrolle ausgenommen ist. Zwar wird der Betrag als „Bearbeitungsentgelt“ bezeichnet, wobei mit Bearbeitung ersichtlich die Entgegennahme und Prüfung des Kundenantrages sowie die weitere Überwachung der Zahlungen des Kunden gemeint ist. Wie jedoch noch näher auszuführen ist, bepreist die Klausel jedoch die Erfüllung von Pflichten, die die Beklagte kraft Gesetzes trifft (vgl. Grüneberg, BGB; 84. Aufl., § 307 Rn. 49 m.w.N.).

BGH zur Aussetzung der weiteren Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses bei zweifelhafter Rechtslage

Hier der Hinweis auf BGH, 21.11.2024, IX ZB 38/24. Aus der Entscheidung:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 4 InsO, § 575 Abs. 5, § 570 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er führt zur Aussetzung der Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses. (…)

Auch in der Sache selbst ist die Rechtslage hinsichtlich der die Entscheidung tragenden Gründe in einem entscheidenden Punkt zumindest zweifelhaft. (…) Insbesondere ist zweifelhaft, ob der Gläubiger – wie das Beschwerdegericht annimmt – auch in einem solchen Fall seiner Darlegungslast durch die Vorlage des rechtskräftigen Titels genügt (…).

Schließlich drohen dem Schuldner durch die Vollziehung des Eröffnungsbeschlusses voraussichtlich größere Nachteile als den Gläubigern durch deren Verzögerung.

BAG-SB zur Bundestagswahl 2025: Parteien verfehlen klare Antworten auf drängende Probleme

PM der BAG-SB: „Überschuldung ist gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ein zentrales gesellschaftliches Problem, das Millionen Menschen in Deutschland betrifft. Dennoch fehlt es in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl an klaren Konzepten zur Unterstützung überschuldeter Haushalte, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB) heute mitteilt.

Der Verband hat im Vorfeld der Bundestagswahl gezielt nachgehakt: Wie stehen die Parteien zur Finanzierung der sozialen Schuldnerberatung? Welche Maßnahmen sind zur digitalen Erreichbarkeit überschuldeter Menschen geplant? Und wie soll bezahlbares Wohnen gesichert werden? Eine umfassende Analyse der Wahlprogramme zeigt: Während CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen sich zwar zu Digitalisierung und Wohnkosten äußern, bleibt die besondere Perspektive überschuldeter Haushalte unberücksichtigt. „Es reicht nicht, über steigende Wohnkosten oder digitale Angebote zu sprechen, ohne die Situation ver- und überschuldeter Menschen im Blick zu haben. Wenn Verbraucher- und Pfändungsschutz nicht konsequent mitgedacht werden, wird es den Menschen zusätzlich erschwert, sich wirtschaftlich zu erholen“, resümiert Ines Moers, Geschäftsführerin der BAG-SB.

Lediglich DIE LINKE und das BSW thematisieren in ihren Programmen explizit die private Überschuldung und die Notwendigkeit des Angebots von qualifizierter Sozialer Schuldnerbertung. „Die EU-Verbraucherkreditrichtlinie verpflichtet Deutschland, bis November 2025 ein flächendeckendes Angebot an Sozialer Schuldnerberatung sicherzustellen. Doch bislang fehlen verbindliche Pläne, wie das umgesetzt werden soll. Die Parteien müssen jetzt konkrete Konzepte vorlegen – für eine stabile Finanzierung der Beratungsstellen und gut ausgebildete Beratungskräfte.“

Die BAG-SB setzt sich daher dafür ein, dass die Soziale Schuldnerberatung und die Situation der Ratsuchenden in den kommenden Koalitionsverhandlungen und in der nächsten Legislaturperiode stärker in den Fokus rückt. Es sei entscheidend, dass die besonderen Herausforderungen ver- und überschuldeter Haushalte endlich die politische Aufmerksamkeit erhalten, die sie benötigen.“

BGH weist Musterfeststellungklage  zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten gegen EOS ab

Wir hatten mehrfach auf dieser Webseite zur Musterfeststellungsklage des vzbv gegen die EOS Investment GmbH und über die Entscheidung des OLG Hamburg vom 15.6.2023, 3 MK 1/21 berichtet.

Heute nun hat der BGH diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen – Urteil vom 19. Februar 2025 – VIII ZR 138/23.

Aus der Pressemitteilung des Gerichts: „Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in einem Musterfeststellungsverfahren entschieden, dass eine Inkassovergütung auch dann einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellt, wenn es sich bei dem von dem Gläubiger mit der Einziehung der Forderung beauftragten Inkassodienstleister um ein mit ihm im Sinne von § 15 AktG verbundenes Unternehmen handelt (sogenanntes Konzerninkasso) und die zwischen diesen beiden Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen dazu führen, dass eine (unmittelbare) Zahlung der Vergütung durch den Gläubiger an den Inkassodienstleister im Regelfall ausscheidet. (…)

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich danach bei der Inkassovergütung, deren Erstattung die Musterbeklagte von den jeweiligen Schuldnern verlangt, um einen ersatzfähigen Verzugsschaden.

Bei dem für die Bestimmung eines Schadens vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (Differenzhypothese), begründet der Umstand, dass die Musterbeklagte einem Vergütungsanspruch der Inkassodienstleisterin aus dem mit dieser geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1 iVm § 611 Abs. 1 BGB) ausgesetzt ist, einen Schaden.