BGH zur Insolvenzanfechtung

BGH , Urteil 12.10.2017, Aktenzeichen: IX ZR 50/15, § 17 Abs 2 InsO, § 133 Abs 1 InsO – Leitsatz:

Zeigt der Schuldner ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, liegt auch dann Zahlungseinstellung vor, wenn der Schuldner tatsächlich nur zahlungsunwillig ist.

BGH zum P-Konto und der Barabhebung am Geldautomaten

Und wieder eine frische Entscheidung zum P-Konto! BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017, XI ZR 419/15:

  1. Hebt der Inhaber eines Pfändungsschutzkontos, das ein Guthaben aufweist, von diesem Konto am letzten Tag des Monats, einem Samstag, an einem Bankautomaten des kontoführenden Kreditinstituts einen Geldbetrag ab, der das Guthaben nicht übersteigt, so hat er an diesem Tag im Sinne von § 850k Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO über sein Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto verfügt, auch wenn das Kreditinstitut die Buchung auf dem Girokonto erst am darauf folgenden Montag vornimmt.
  2. Verfügt der Kontoinhaber nur über einen Teil seines Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto, das sich zusammensetzt aus im laufenden Monat gutgeschriebenen Beträgen und aus Guthaben aus dem Vormonat, das gemäß § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht von der Pfändung erfasst wird, so ist diese Verfügung zunächst auf das pfändungsfreie Guthaben aus dem Vormonat anzurechnen.

Klarstellender Beschluss zur Nichtberücksichtigung eines Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des pfändbaren Betrags

BGH, Beschluss vom 28. September 2017, VII ZB 14/16 – gerichtlicher Leitsatz:

Der Gläubiger kann einen klarstellenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts verlangen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nach § 850c Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Schuldner an den Unterhaltsberechtigten keinen Unterhalt leistet.

Formularvertragliche Verlängerung der Verjährung von Vermieteransprüchen (§ 548 Abs. 1 BGB) ist unwirksam

Der BGH hat entschieden (Urteil vom 8. November 2017 – VIII ZR 13/17), „dass eine Regelung in einem Formularmietvertrag, durch die ein Vermieter die nach dem Gesetz vorgesehene sechsmonatige Verjährung seiner Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache verlängert, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. (mehr …)

BGH zum P-Konto

Erneut eine Pflichtlektüre! – Der BGH hat eine weitere Entscheidung zum P-Konto gefällt: Urteil vom 19. Oktober 2017 – IX ZR 3/17

a) Ein Vollstreckungsschuldner verfügt nur dann über das Pfändungsschutzkonto, wenn er die kontoführende Bank anweist, einen Zahlungsvorgang auszulösen, und diese den beauftragten Zahlungsvorgang ausführt. Der vergebliche Versuch einer Barabhebung stellt keine Verfügung über den Freibetrag dar.
b) Verfügungen, die der Schuldner über sein pfandfreies Guthaben trifft, sind zunächst auf das übertragende Restguthaben aus dem Vormonat anzurechnen und erst nach dessen Erschöpfung auf den neuen Sockelfreibetrag des aktuellen Monats (First-in-first-out-Prinzip).

Beiläufig und im Tatbestand, aber doch eindeutig stellt der BGH zudem fest (Rz. 2): „obwohl die Schuldnerin den Bewilligungsbescheid des Jobcenters vorlegte, der zugleich die Bescheinigung nach § 850k Abs. 5 Satz 2 ZPO darstellte“ (Unterstreichung durch uns).

Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten ist unpfändbar, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert worden sind

Aus der heutigen PM des BGH zu seinem Versäumnisurteil vom 16. November 2017 – IX ZR 21/17: „Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen das in einem Riester-Vertrag angesparte Vermögen pfändbar ist und daher in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden kann. (…)

(Der BGH) hat entschieden, dass das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben nicht pfändbar ist, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert werden und den Höchstbetrag nicht übersteigen. (mehr …)

BGH: keine „faktische“ Unterhaltspflicht bei Berechnung des pfändbaren Einkommens

Pflichtlektüre! – Der BGH hat mit Beschluss vom 19.10.2017 – IX ZB 100/16 – leider wie folgt entschieden:

„Der Pfändungsfreibetrag ist nicht deshalb zu erhöhen, weil der Schuldner mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt und diese wegen Zurechnung seines Einkommens nicht hilfebedürftig ist.“

Rz 6: „Die Lebensgefährtin des Schuldners ist weder gemäß § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO noch nach § 850f Abs. 1 Buchst. a oder c ZPO noch nach § 765a ZPO, auch nicht in analoger Anwendung dieser Regelungen, bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Schuldners zu berücksichtigen.“

Das Gericht hat damit die Entscheidung des LG Braunschweig vom 4.1.17 – 6 T 662/16 – aufgehoben. Dazu hatte RA Henning treffend festgestellt: „Die zutreffende Entscheidung verdeutlicht (…) erneut den hier bestehenden dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf. (…) Die Mitglieder einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft müssen daher pfändungsrechtlich endlich als in vollem Umfang unterhaltsberechtigt anerkannt werden. Dies ist nach den immer wieder erforderlichen gerichtlichen Entscheidungen offensichtlich nur mit einer gesetzlichen Regelung zu erreichen.“ (mehr dazu)

Insolvenzanfechtung: Hinweispflicht des mit der Durchsetzung einer Forderung beauftragten Rechtsanwalts

Nicht wirklich die Nöte der Schuldnerberatung. Dennoch interessant zu registrieren: BGH, Urteil vom 7. September 2017 – IX ZR 71/16 – Leitsatz: Der mit der Durchsetzung einer Forderung beauftragte Rechtsanwalt kann verpflichtet sein, den Mandanten auf die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit freiwilliger Zahlungen des Schuldners und das hiermit verbundene Ausfallrisiko hinzuweisen.

BGH erklärt mehrerer Entgeltklauseln einer Sparkasse für unwirksam

Mit Urteil vom 12. September 2017 – XI ZR 590/15 hat der BGH sechs AGB-Klauseln einer Sparkasse für (teilweise) unwirksam erklärt.

– Klausel 1: eine Klausel, mit der die Beklagte für die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Lastschrift ein Entgelt in Höhe von 5 € erhebt („Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Basis-Lastschrift bei Postversand 5,00 €“); (mehr …)

BGH zur Insolvenzanfechtung bei Zahlungsvereinbarung gegenüber Gerichtsvollzieher

BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 – IX ZR 178/16 – Leitsatz:

Erklärt sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit, muss der Gläubiger allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Normen: § 17 Abs 2 S 2 InsO, § 133 Abs 1 InsO, § 806b aF ZPO

vgl. BGH zur Insolvenzanfechtung bei zwangsweisen Durchsetzung der Forderung