Zweiter Heizkostenzuschuss einstimmig gebilligt

Soeben hat der der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch (20/3884) gebilligt – und zwar einstimmig. Zuvor hatte der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen noch Änderungen am Entwurf vorgenommen (20/4097). 

Wegen der im Jahr 2022 zu erwartenden Mehrbelastungen bei den Heizkosten will die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf einen zweiten Heizkostenzuschuss an bedürftige Haushalte auszahlen, die beim ersten Heizkostenzuschuss noch nicht berücksichtigt werden konnten. Vom zweiten Heizkostenzuschuss sollen der Regierung zufolge alle Haushalte profitieren, die in mindestens einem Monat im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2022 wohngeldberechtigt sind.

Sie sollen den Zuschuss gestaffelt nach Haushaltsgröße erhalten. Darüber hinaus sollen wie beim ersten Heizkostenzuschuss auch die Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem BAföG sowie von Ausbildungs- und Berufsausbildungsbeihilfen profitieren, wenn die Leistungsberechtigung für mindestens einen Monat im maßgeblichen Zeitraum von 1. September 2022 bis 31. Dezember 2022 bestand. Für sie sieht die Bundesregierung einen pauschalen Zuschuss vor.

Der Bundesregierung zufolge werden von der Maßnahme rund 660.000 wohngeldbeziehende Haushalte, rund 372.000 Geförderte nach dem BAföG, rund 81.000 Geförderte mit Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz sowie rund 100.000 Personen, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld beziehen, profitieren. Das Gesetz sieht außerdem eine Konkretisierung des Paragrafen 85 Absatz 7 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) vor. Sie soll es den Leistungserbringern in der Pflege ermöglichen, zügig Verhandlungen mit den Pflegekassen aufzunehmen, wenn sich die Energiekosten in unvorhergesehenem Ausmaß ändern.

Insgesamt rechnet der Bund bei Einführung des zweiten Heizkostenzuschusses mit Mehrausgaben in Höhe von rund 551 Millionen Euro in den Jahren 2022 und 2023. Es wird angestrebt, dass die Zuschüsse noch in diesem Jahr ausgezahlt werden.

Laut einem Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dem im Ausschuss für Wohnen zugestimmt wurde, wird im Gesetz nun klargestellt, was unter einer unvorhersehbaren Änderung der Energiekosten verstanden werden soll: zum einen eine „erhebliche Abweichung der tatsächlichen Bewohnerstruktur“, zum anderen eine „erhebliche Änderung der Energieaufwendungen“. – Quelle

Siehe auch https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/faq/2022_heizkostenzuschuss.html

Anmerkung: in der BT-Debatte wurde mal wieder von “sozial schwachen” Personen gesprochen und dabei offenbar einkommensarme Personen gemeint. Das ist sehr ärgerlich. Mehr dazu hier und hier. Dort auch die Quelle zu Heribert Prantl:

Sozial schwach sind diejenigen, die den Armen aus der Armut helfen könnten, es aber nicht tun.

Energiepreispauschale für Rentner:innen und Versorgungsempfänger:innen beschlossen

Der Bundestag hat heute dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die Zahlung einer Energiepreispauschale an Rentner und für Änderungen der Verdienstgrenze bei den Midijobs zugestimmt (20/3938). Die Vorlage wurde in dritter Beratung mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke angenommen. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (20/4095) zugrunde.

Quelle und mehr: Bundestag

Bundestag berät über Energiepreispauschale für Rentner:innen

Rentnerinnen und Rentner sollen eine Energiepreispauschale als Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro erhalten. So sieht es der von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegte Gesetzentwurf „zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs“ (20/3938) vor, den der Bundestag morgen 40 Minuten lang beraten wird. Im Anschluss an die erste Lesung soll der Entwurf an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales zur weiteren Beratung überwiesen werden. – Quelle und mehr: Bundestag

Der Gesetzgeber hat dabei gelernt, denn nun heißt es im Entwurf klar: “Der Anspruch auf die Energiepreispauschale kann nicht gepfändet werden.” Dies wird freilich nur für die EEP nach diesem Gesetz gelten.

Hinsichtlich der schon bestehenden EEP siehe auch Frage MdB Rainer (Frage 17):

Durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung erreichen, dass die Energiepreispauschale nicht bei einem Schuldner gepfändet, sondern von diesem tatsächlich für die erhöhten Ausgaben für den Bezug von Energie eingesetzt werden kann (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/energiepreispauschale.html, Frage 27)?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel vom 20. September 2022

Ziel der Bundesregierung ist es, dass die Entlastungspakete auch tatsächlich bei den Menschen ankommen können. Es wird derzeit geprüft, ob eine Anpassung gesetzlicher Regelungen nötig ist.

Bundestags-Abstimmung über Verbot von Strom- und Gassperren

Der Bundestag entscheidet über Anträge der Fraktion Die Linke zu einem Verbot von Gas- und Stromsperren (20/2686) sowie zur Einführung von Gas- und Strompreisdeckeln (20/3484) am Donnerstag, 13. Oktober 2022, im Anschluss an eine 40-minütige Debatte. Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie legt zu den Vorlagen jeweils eigene Beschlussempfehlungen (20/3853,  20/3865) vor. – Quelle und mehr: Bundestag

Siehe auch www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=strom+sperre

LSG Schleswig: Aufrechnung Strom gegen Gas nicht rechtens

Im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 40/2022 wird auf eine Entscheidung des LSG Schleswig hingewiesen. Leider ohne Aktenzeichen, aber mit Verweis auf eine NDR-Meldung.

Bei Sozialleistungsempfängern dürfen Guthaben und Nachzahlungen bei der Strom- und Gasrechnung nicht miteinander verrechnet werden. Hintergrund ist, dass der Staat die Heizkosten für Bedürftige weitgehend unabhängig von deren Höhe vollständig übernimmt, solange diese angemessen sind, während die Stromkosten aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.

Tacheles weist auf eine andere Entscheidung zu diesem Thema hin: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. v. 24.09.2020 – L 9 SO 72/17 – Revision anhängig BSG – B 8 SO 16/20 R

Leitsatz 1: Verrechnet ein Versorger seine Heizkostennachforderung mit einem gleichzeitig bestehenden, aus dem Regelbedarf angesparten Stromkostenguthaben, führt diese Verrechnung nicht zu einem geringeren Bedarf des Leistungsbeziehers für die Heizung.

Debatten in Hamburg und Berlin über das Verbot von Strom- und Gassperren

Am Mittwoch hat die Hamburgische Bürgerschaft über das Verbot von Strom- und Gassperren debattiert: https://mediathek.buergerschaft-hh.de/sitzung/22/52/#top-4879. Ebenso war gestern im Bundestag das Verbot Thema: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw38-de-strom-gassperren-909112. MdB Heitmann bezieht sich dort auf den Hamburger Runden Tisch.

Telefon-Hotline des Stromgrundversorgers zur Vermeidung von Stromsperren in Hamburg nach wie vor nicht freigeschaltet

Am 13.4.2022 hat die Hamburgische Bürgerschaft Senat aufgefordert “sich dafür einzusetzen, dass die Telefon-Hotline [Anm: vgl. dazu Drs. 21/20062] seitens des Stromgrundversorgers binnen der nächsten vier Wochen auch den anerkannten Schuldnerberatungsstellen zur Verfügung steht” (vgl. hier).

Der Senat hat nun auf Nachfrage (SKA von Dr. Stephanie Rose und Stephan Jersch (DIE LINKE) – Drs. 22/9234) u.a. geschrieben:

Die Telefon-Hotline ist grundsätzlich seit geraumer Zeit eingerichtet und wird unter anderem auch von Berliner Kooperationspartnern intensiv genutzt.

In Hamburg nutzen die anerkannten Schuldnerberatungsstellen die Hotline allerdings noch nicht.

Aktuell gibt es aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erneuten Abstimmungsbedarf mit den bereits aufgeschalteten Teilnehmern der Hotline. Die Vollmacht/ Einwilligungserklärung musste aus datenschutzrechtlicher Sicht seitens Vattenfall überarbeitet werden. Derzeit wird die Erklärung von Vattenfall mit den Hotline-Nutzern abgestimmt. Sobald die neu entwickelte und abgestimmte Vollmacht genutzt werden kann, ist eine Aufschaltung der Schuldnerberatungsstellen mit einer Vorlaufzeit von circa sechs Wochen mit Nutzung dieser neuen Vollmacht möglich.”

Stellungnahme: Die Formulierung „In Hamburg nutzen die anerkannten Schuldnerberatungsstellen die Hotline allerdings noch nicht.“ suggeriert, dass ein Versäumnis oder Desinteresse der Hamburger Schuldnerberatungsstellen vorliegen würde. Das ist nicht der Fall. Es wurde durchaus sehr konkretes Interesse an der Aufschaltung angemeldet.

Soweit es datenschutzrechtliche Probleme geben soll, legen wir Wert auf die Feststellung, dass zumindest uns als LAG kein Entwurf einer Vollmacht / Einwilligungserklärung vorliegt. Es mag sein, dass aktuell eine Abstimmung der Vollmacht / Einwilligungserklärung mit den Berliner Kooperationspartnern erfolgt. In Hamburg ist dies nicht der Fall.

BAG-SB: Wir bezweifeln, dass die Energiepreispauschale bei überschuldeten Verbrauchern ankommt

Schuldnerberatung kritisiert Fehler im Gesetzgebungsverfahren

Mit der Lohnabrechnung im September 2022 wird eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro brutto an alle Personen ausgezahlt, die zum 01. September 2022 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Die Pauschale soll der Entlastung der Bevölkerung infolge der gestiegenen Energiepreise dienen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB) bezweifelt, dass die Energiepreispauschale bei überschuldeten Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommt.

„Leider wurde versäumt, die Unpfändbarkeit der Leistung klar im Gesetz zu regeln.“ so die Geschäftsführerin der BAG-SB Ines Moers. (mehr …)

Zum Übernahmeanspruch auf Heizkosten- und Betriebskostenjahresabrechnungen für SGB II/SGB XII/AsylbLG Beziehende und Nicht-Leistungsbeziehende

Update 6.9.2022: Das bundesweite Bündnis “AufRecht bestehen” hat eine Arbeitshilfe zu den sozialrechtlichen Möglichkeiten der Übernahme der aktuell geradezu explodierenden Energiekosten erstellt, die in der Beratung sehr nützlich sein kann: Handreichung_Übernahme-Energiekosten_19.08.2022.pdf

Update 30.08.2022: Unter https://tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/archiv/zum-anspruch-auf-uebernahme-von-betriebskosten-und-heizkostennachforderungen.html wird das Thema noch einmal gut und nachvollziehbar mit Zahlenbeispielen erläutert.


Hier der Hinweis auf den Beitrag zum Thema auf https://tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/archiv/zum-uebernahmeanspruch-auf.html.

Daraus: “Der Übernahmeanspruch besteht auch für nichtleistungsbeziehende Menschen, wenn sie im Monat der Fälligkeit der Nachzahlung einen SGB II/SGB XII – Antrag stellen. Das BSG sagt dazu, dass  Nachzahlungen aus Neben- und Heizkostenabrechnungen immer Bedarf im Monat der Fälligkeit (BSG 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R) sind und es dabei unerheblich ist, ob die Nachforderung in Zeiten des Nichtleistungsbezuges entstanden ist (BSG 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R).”

Siehe auch die PM “Die Bürgerbeauftragte informiert: Rechte der Bürger*innen bei steigenden Heizkosten” (Schleswig-Holstein). Daraus: “Es ist hier unerheblich, ob die Nachforderung in Zeiten vor dem Leistungsbezug entstanden ist. „Wichtig ist nur, dass Bürgerinnen den Antrag im Monat der Fälligkeit einer Nachzahlung stellen,“ betonte El Samadoni, „Ich rechne damit, dass viele Menschen durch die hohen Energiekosten erstmalig auf Sozialleistungen angewiesen sein werden.“ Die Bürgerbeauftragte weist darauf hin, dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten der Heizung nicht der Betrag der Heizkosten an sich zu betrachten ist, sondern vielmehr auf den jeweiligen Verbrauch der Bürgerinnen abzustellen ist. Nur dieser Verbrauch muss angemessen sein. Nicht alle Behörden würden dies bereits umsetzen.”

Freigabe von Kinderbonus, Heizkostenzuschuss und Energiepauschale 2022 über die P-Konto-Bescheinigung?

Hier der Hinweis auf den Beitrag von Birgit Knaus zur Frage “Freigabe von Kinderbonus, Heizkostenzuschuss und Energiepauschale 2022 über die P-Konto-Bescheinigung?” unter www.infodienst-schuldnerberatung.de/bescheinigung-sonderzahlungen-2022/.

Siehe dazu auch www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/forum/viewtopic.php?t=86.