FG Berlin-Brandenburg: Rechtsschutz bei vorläufiger Einstellung der Kindergeldzahlung 

Hier der Hinweis auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 11.06.2025 zum Aktenzeichen 10 K 10002/25 – Leitsätze:

  1. Gegen die vorläufige Einstellung der Kindergeldzahlung gemäß § 71 EStG ist die Feststellungsklage gemäß § 41 FGO statthaft.
  2. Ein konkurrierender Kindergeldantrag eines potentiell Kindergeldberechtigten allein ist keine Tatsache i.S. des § 71 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die ohne weitere Erkenntnisse zur vorläufigen Einstellung der Kindergeldzahlung berechtigt.
  3. Die vorläufige Einstellung der Kindergeldzahlung ist rechtswidrig, wenn die Familienkasse es unterlässt, den Kindergeldberechtigten von der Zahlungseinstellung und den Gründen dafür unverzüglich zu unterrichten.

FG Berlin-Brandenburg: Rechtsschutz bei vorläufiger Einstellung der Kindergeldzahlung 

Hier der Hinweis auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 11.06.2025 zum Aktenzeichen 10 K 10002/25 – Leitsätze:

  1. Gegen die vorläufige Einstellung der Kindergeldzahlung gemäß § 71 EStG ist die Feststellungsklage gemäß § 41 FGO statthaft.
  2. Ein konkurrierender Kindergeldantrag eines potentiell Kindergeldberechtigten allein ist keine Tatsache i.S. des § 71 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die ohne weitere Erkenntnisse zur vorläufigen Einstellung der Kindergeldzahlung berechtigt.
  3. Die vorläufige Einstellung der Kindergeldzahlung ist rechtswidrig, wenn die Familienkasse es unterlässt, den Kindergeldberechtigten von der Zahlungseinstellung und den Gründen dafür unverzüglich zu unterrichten.

Bündnis „Ratschlag Kinderarmut“ fordert massive Investitionen in die soziale Infrastruktur

Gemeinsam mit dem „Ratschlag Kinderarmut” fordert die Diakonie Deutschland massive Investitionen in die soziale Infrastruktur, um Kindern und Jugendlichen bessere Startchancen zu ermöglichen. In Deutschland sind mehr als 2,8 Millionen Kinder von Armut betroffen.

„Kinder und Jugendliche ohne Zukunft – das können und wollen wir uns nicht leisten. Angesichts der Milliardenhilfen für die Wirtschaft ist es nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung nichts gegen Kinderarmut unternimmt“, sagt Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. „Wer in seiner Kindheit oder Jugend sozial abgehängt wird, hat ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen: in der Bildung, auf dem Arbeitsmarkt und bei der Gesundheit. Die Folgekosten muss die gesamte Gesellschaft bezahlen. Investitionen in Kinder und Jugendliche sind Investitionen in Wohlstand und Demokratie. Nur wer von klein auf erlebt, dass eine Gesellschaft engagiert Beteiligung und Teilhabe fördert, kann sich auch für unsere Demokratie begeistern.“

Die Kinderarmut in Deutschland verharre seit Jahren auf hohem Niveau, während die soziale Infrastruktur in vielen Regionen überlastet oder unterfinanziert sei, so das Bündnis. In dem gemeinsamen Appell von 49 Organisationen wendet sich das Bündnis an die Bundesregierung und fordert Investitionen in Kitas, Schulen, Familienzentren und Beratungsstellen. Nur so erhalten Kinder unabhängig von der Herkunft und dem Einkommen ihrer Eltern gleiche Chancen.

Zudem spricht sich die Diakonie Deutschland für eine deutliche Vereinfachung der Verfahren beim Leistungsbezug aus: Derzeit sehen sich viele Familien mit einem unübersichtlichen Dschungel aus widersprüchlichen Leistungsansprüchen konfrontiert – mit der Folge, dass mehr als die Hälfte der Leistungen nicht in Anspruch genommen wird. „Wir schlagen deshalb vor: ein Antrag – ein Antragsverfahren – ein Bescheid“, so Ronneberger. Die beteiligten Ämter müssten untereinander abstimmen, Daten abgleichen und Leistungen automatisch verrechnen. So könnten Familien gezielter, schneller und ohne unnötige bürokratische Hürden unterstützt werden. – Quelle: Diakonie Deutschland

iff-Neuerscheinung: Praxisleitfaden „Careleaver und Finanzen – Tipps für eine gute Begleitung von der Jugendhilfe in die Selbstständigkeit“

Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) veröffentlicht einen neuen Praxisleitfaden zur Unterstützung von Careleavern. Der Leitfaden richtet sich an Fachkräfte der Sozialen Arbeit, Schuldnerberatung sowie Pflegeeltern und weitere Unterstützende, die junge Erwachsene begleiten, aus der Jugendhilfe in ein eigenständiges Leben überzugehen.

Quelle, Downloadmmöglichkeit und mehr: https://www.iff-hamburg.de/2025/06/23/neuerscheinung-praxisleitfaden-careleaver-und-finanzen-tipps-fuer-eine-gute-begleitung-von-der-jugendhilfe-in-die-selbststaendigkeit/

Ansen / Peters: Alleinerziehende und Schuldnerberatung

Mitte Januar hatten wir unter Familienbericht: Armutsgefährdung von Alleinerziehenden auf den 10. Familienbericht hingewiesen.

Nun liegen diverse Expertisen öffentlich vor, etwa Harald Ansen und Sally Peters „Alleinerziehende und Schuldnerberatung“. Das iff berichtet: „Die Analyse macht deutlich: Überschuldung ist für viele Alleinerziehende kein individuelles Versagen, sondern Ausdruck struktureller Benachteiligung. Alleinerziehende sind überdurchschnittlich häufig von Armut, prekären Beschäftigungsverhältnissen und finanziellen Engpässen betroffen.“ – Quelle und mehr.

Die vollständige Expertise ist hier abrufbar: https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/10_Familienbericht/DJI_Expertise_Alleinerziehende_Schuldnerberatung.pdf

Auf der Seite des Deutschen Jugendinstituts stehen noch weitere Expertisen zum Download bereit, zum Beispiel Susanne Dern und Maria Wersig, „Rechtswissenschaftliches Kurzgutachten. Alleinerziehende und SGB II Leistungen.

„School Meets Finance“ – Neues Angebot zur finanziellen Bildung für Hamburger Schülerinnen und Schüler

Aus einer PM der Hamburger Schulbehörde: „Wie funktioniert eine Steuererklärung, was ist ein Krypto-Investment und wie funktioniert ein ETF? Finanzthemen haben im Stundenplan vieler Schulen bisher eine untergeordnete Rolle gespielt. Mit „School Meets Finance“ soll sich das jetzt in Hamburg ändern.

Das gemeinsame Projekt der Finanzbehörde und der Schulbehörde vermittelt Finanzexpertinnen und -experten an die Hamburger Schulen. Dort sollen sie Finanz- und Verbraucherschutzthemen lebensnah und leicht verständlich erklären. Entwickelt wurde das Projekt unter dem Dach des „Masterplan Hamburger Finanzwirtschaft“.

Schülerinnen und Schüler sollen im Austausch mit Expertinnen und Experten aus der Finanzbranche einen direkten Einblick in die Welt der Finanzen erhalten. Im Projekt können die Jugendlichen Fragen stellen, Erkenntnisse gewinnen und dadurch ihre eigenen Kompetenzen stärken. Eines der Ziele des Projektes ist es zudem, bei den Schülerinnen und Schülern Interesse an den entsprechenden Berufsfeldern zu entwickeln. (…)

Das Angebot richtet sich an alle staatlichen Schulen ab Sekundarstufe I sowie die Beruflichen Schulen. Das Hamburger Finanzcluster „FCH Finance City Hamburg GmbH”, an dem neben der Finanzbehörde auch die Handelskammer Hamburg und der Finanzplatz Hamburg e. V. beteiligt sind, übernimmt die Koordination des Projektes und das „Matching“ zwischen interessierten Schulen und Lehrkräften sowie den Finanzprofis. Interessierte Schulen können sich mit entsprechenden Themenwünschen auf der Plattform School Meets Finance melden und werden mit den Expertinnen und Experten zusammengebracht. Selbstverständlich verfolgen die Expertinnen und Experten damit keine kommerziellen Interessen noch werden Finanzprodukte angepriesen oder gar verkauft. Das Projekt wird zudem mit umfangreichen Unterrichtsmaterialien begleitet. (…)“

Mindestunterhalt ab 1.1.2025

Heute wurde die „Siebte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, BGBl. 2024 I Nr. 359 vom 21.11.2024.

Der monatliche Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1612a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird betragen:

  1. in der ersten Altersstufe (§ 1612a Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) 482 Euro ab dem 1. Januar 2025 und 486 Euro ab dem 1. Januar 2026,
  2. in der zweiten Altersstufe (§ 1612a Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) 554 Euro ab dem 1. Januar 2025 und 558 Euro ab dem 1. Januar 2026,
  3. in der dritten Altersstufe (§ 1612a Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) 649 Euro ab dem 1. Januar 2025 und 653 Euro ab dem 1. Januar 2026.

Bundesverfassungsgericht zur BAföG-Grundpauschale: keine subjektiven Ansprüche auf staatliche Leistungen zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten

Das Bundesverfassungsgericht hat gestern eine Entscheidung, 23. September 2024 – 1 BvL 9/21, veröffentlicht, die in Teilen erschreckend zu lesen ist. So soll es „kein Recht auf staatliche Leistungen zur Beseitigung von den gesellschaftlichen Verhältnissen geschuldeten Hindernissen für den Zugang zum Studium“ geben (Leitsatz 2).

Außerdem könne aus dem Sozialstaatsprinzip „bei der infolge der Begrenztheit der finanziellen Mittel notwendigen Priorisierung der vielfältigen Aufgaben (…) grundsätzlich keine subjektiven Ansprüche auf staatliche Leistungen zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten hergeleitet werden.“ (Leitsatz 3a).

Es ging um die BAföG-Grundpauschalen für 10/2014 bis 2/2015 (vgl. Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit des BAföG-Bedarfssatzes für Studierende und RA Schaller).

Aus der Presseerklärung des Gerichts:

„Das Bundesverfassungsgericht stellt fest, dass mittellose Hochschulzugangsberechtigte sich nicht auf einen subjektiven verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung eines Studiums berufen können, dem die Bemessung der Grundpauschale widersprechen könnte. Aus dem objektiv-rechtlichen sozialstaatlichen Auftrag zur Förderung gleicher Bildungs- und Ausbildungschancen folgt derzeit keine spezifisch auf die Hochschulausbildung bezogene Handlungspflicht des Staates.

§ 7a UVG wird zum Jahreswechsel aufgehoben

Das „Vierte Bürokratieentlastungsgesetz“ ist diese Woche verkündet worden (BGBl. 2024 I Nr. 323 vom 29.10.2024). Das Gesetz wird u.a. in Bezug auf Wirtschaftskriminalität krititsiert (Finanzwende; tagesschau.de).

Ein wenig untergegangen ist, dass zum Jahreswechsel § 7a UVG ersatzlos gestrichen wird (Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes).

Damit wird die Entscheidung des BGH, 31.05.2023, XII ZB 190/22 hinfällig. Deren Leitsatz lautet:

§ 7a UVG untersagt – auch zum Schutz des Unterhaltspflichtigen – nicht lediglich die Vollstreckung, sondern bereits die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialleistungsträger und gilt für die Zeiträume, in denen die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.

Aus der Gesetzesbegründung: „Diese Regelung wurde zum 1. Juli 2017 mit dem Ziel der Verwaltungserleichterung neu in das Gesetz eingefügt. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht, weshalb die Regelung aufgehoben wird. Die Regelung ist beim Unterhaltsrückgriff nicht hilfreich und vermindert den Rückgriffserfolg bei der Gruppe der barunterhaltspflichtigen Elternteile im SGB-II-Leistungsbezug. Wird eine fiktive unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit unterstellt und zugleich der Rückgriff darauf reduziert zu verhindern, dass Forderungen verjähren, besteht kein wirksames Druckmittel mehr. Die mit der Regelung angestrebte Verwaltungserleichterung kann zudem durch eine Ermessensausübung in der Sachbearbeitung im Einzelfall leichter erzielt werden. Außerdem ist die Klärung der Voraussetzungen des § 7a UhVorschG regelmäßig aufwendiger als die Durchführung erfolgloser Vollstreckungsmaßnahmen.“ (BT-Drucksache 20/11306, 95).

vzbv zur Finanzbildung: Werbung gehört nicht ins Klassenzimmer

PM des vzbv: „Unabhängige und werbefreie Finanzbildung an Schulen: Dafür spricht sich die deutliche Mehrheit der Verbraucher:innen aus. Das ergab eine repräsentative forsa-Befragung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Die Erfahrungen des vzbv zeigen allerdings, dass nicht alle frei verfügbaren Unterrichtsmaterialien diese Anforderungen erfüllen. Die Bundesregierung muss daher mit der geplanten Finanzbildungsstrategie [Anm.: siehe dazu auch attac zum „Finanzbildungsstärkungsgesetz“: Finanzbildung mit parteipolitischer Agenda] verbindliche Standards für unabhängige und qualitativ hochwertige Bildung setzen, fordert der vzbv.  (…)

Schulen und Lehrkräfte sind bereits Zielgruppe unterschiedlicher Angebote aus der Wirtschaft. Bankmitarbeiter übernehmen etwa den Unterricht zu Finanzthemen, Finanzdienstleister entwickeln Unterrichtsmaterialien. 

Doch nicht alle Angebote sind empfehlenswert, zeigt eine Analyse des Materialkompasses, einer Datenbank für qualitätsgeprüfte Unterrichtsmaterialien des vzbv. Im August 2024 waren 130 Materialien zu Finanzthemen online, begutachtet und bewertet von unabhängigen Expert:innen. Bei den Angeboten aus der (Finanz-)Wirtschaft, war der Anteil der Materialien mit der Note befriedigend oder schlechter am höchsten (18 von 33). Die Gutachter:innen des Materialkompasses kritisierten unter anderem, dass die Materialien keine kritische Urteilsbildung zu Finanzthemen ermöglichen.