vzbv zur Restschuldversicherung: Verbraucher:innen müssen vor unfreiwilligen Abschlüssen geschützt werden

Wer einen Kredit aufnimmt, bekommt mitunter direkt eine Restschuldversicherung mit angeboten – zur Absicherung unter anderem bei Jobverlust, Krankheit oder Tod. Das Problem: Die Produkte sind aus Sicht der Verbraucherzentrale häufig überteuert und schützen nur lückenhaft. Seit Anfang 2025 gilt für die Anbieter eine gesetzliche Wartefrist von sieben Tagen zwischen Kreditvergabe und dem Abschluss einer Restschuldversicherung. [Anmerkung: siehe unsere Meldung BMUV: Neue Regelungen zu Restschuldversicherungen]

Das schützt Verbraucher:innen unter anderem vor vorschnellen Entscheidungen. Allerdings wollen Versicherer und Kreditgeber die Regelung wieder kippen und üben Druck auf die Politik aus.

Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands: „Dank der Wartefrist können Verbraucherinnen und Verbraucher in Ruhe überlegen, ob sie die Restschuldversicherung wirklich benötigen. Die Menschen können nicht mehr zum Vertragsschluss gedrängt werden, sondern sich die passende Versicherung raussuchen. Die Politik muss gewährleisten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin vor übereilten und kostspieligen Abschlüssen einer Restschuldversicherung geschützt werden. Sie sind häufig überteuert und in vielen Fällen nicht sinnvoll.“

Quelle und mehr: https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/restschuldversicherung-verbraucherinnen-muessen-vor-unfreiwilligen-abschluessen

iff nimmt Stellung zur Umsetzung der EU‑Verbraucherkreditrichtlinie: Mehr Schutz, aber auch Lücken

Das institut für finanzdienstleistungen (iff) hat eine Stellungnahme zum Referentenentwurf für das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge vorgelegt. Darin wird der Entwurf grundsätzlich positiv bewertet, da er zentrale Probleme des Verbraucherkreditmarktes – etwa im Bereich „Buy Now, Pay Later“ – aufgreift und wichtige Schritte für einen stärkeren Verbraucherschutz enthält.

Die Stellungnahme benennt jedoch auch Defizite, die aus verbraucherschutzorientierter Sicht kritisch gesehen werden. 

Quelle und mehr: www.iff-hamburg.de/2025/07/21/iff-nimmt-stellung-zur-umsetzung-der-eu%E2%80%91verbraucherkreditrichtlinie-mehr-schutz-aber-auch-luecken/

Zum Referentenentwurf: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2025_VerbraucherkreditRL.html

BAG-SB: jetzt die Weichen für eine moderne, barrierefreie und dauerhaft abgesicherte Schuldnerberatung stellen

Aus der heutigen PM der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB):

„Die Richtung ist klar: Schuldenberatung soll kostenfrei und für alle zugänglich sein. Darin sind sich CDU, SPD, Grüne und Linke einig – doch die Umsetzung bleibt offen. Auf der Jahresfachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB) zeigt sich erneut: Der politische Wille ist da, aber konkrete Lösungen fehlen. CDU und SPD haben die „kostenfreie Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt“im Koalitionsvertrag festgehalten. Auch aus der Opposition kommt Zustimmung:

(…) Aus Sicht des Fachverbands ist ein kostenfreier Zugang keine Zukunftsvision, sondern eine notwendige Grundlage sozialer Gerechtigkeit. „Ohne verlässliche Strukturen bleibt Beratung ein Glücksfall statt einer sicheren Hilfeleistung. Wir brauchen jetzt politische Entscheidungen, die Beratung dauerhaft absichern – bundesweit, kostenfrei und für alle zugänglich“, so BAG-SB Fachreferentin Charlotte Bischoff.

Ein möglicher Finanzierungsbaustein könnte eine Abgabe auf neu vergebene Kredite sein, wie sie der europäische Verband ECDN empfiehlt [Anmerkung: siehe Policy Brief no 1/2024]. Damit ließen sich Beratungskapazitäten ausbauen – ohne die Finanzierung ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestreiten zu müssen.  (…)

Die BAG-SB appelliert deshalb an die Bundesregierung, jetzt die Weichen für eine moderne, barrierefreie und dauerhaft abgesicherte Schuldnerberatung zu stellen. „Beratung muss dort ankommen, wo sie gebraucht wird – qualifiziert, frühzeitig und niedrigschwellig“, betont Charlotte Bischoff. Denn: Frühe Hilfe schützt – nicht nur vor Verschuldung, sondern auch vor sozialer Ausgrenzung.“

BGH zum ewigen Widerrufsrecht bei Darlehensverträgen

Der vzbv weist auf das Urteil des BGH vom 10.12.2024 (XI ZR 85/22) hin. Demnach berechtigen geringfügige Fehler in der Widerrufsbelehrung eines Verbraucherdarlehensvertrages – etwa bei der Angabe der Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen – nicht zu einem Widerruf über die Widerrufsfrist hinaus.

Mehr unter https://www.vzbv.de/urteile/zum-ewigen-widerrufsrecht-bei-darlehensvertraegen

EuGH zu Verbraucherkreditverträgen: Eine Bank, die gegen ihre Informationspflicht verstößt, kann ihren Anspruch auf die Zinsen verlieren

Aus der heutigen PM des EuGH in der Rechtssache C-472/23 | Lexitor:

„Der Gerichtshof stellt erstens fest, dass in Kreditverträgen der effektive Jahreszins, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages, in klarer, prägnanter Form anzugeben ist. Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wird jedoch von der Annahme ausgegangen, dass der betreffende Kreditvertrag für den vereinbarten Zeitraum gültig bleibt. Deshalb wird nicht bereits dadurch gegen die Informationspflicht verstoßen, dass in einem Kreditvertrag ein effektiver Jahreszins angegeben ist, der sich als zu hoch erweist, weil in der Folge festgestellt wird, dass bestimmte Klauseln des Vertrags missbräuchlich sind.

Zweitens müssen in Kreditverträgen die Bedingungen einer Änderung der im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte klar und verständlich beschrieben werden. Wird in dem Vertrag insoweit auf Indikatoren abgestellt, die der Verbraucher nur schwerlich überprüfen kann, kann dies gegen die Informationspflicht verstoßen, wenn ein Durchschnittsverbraucher nicht überprüfen kann, ob die Bedingungen einer solchen Änderung eintreten und wie sie sich auf die Entgelte auswirken, und somit nicht in der Lage ist, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen. Das nationale Gericht wird zu prüfen haben, ob dies in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit der Fall ist.

Drittens kann die Bank bei einem Verstoß gegen die Informationspflicht, der die Möglichkeit des Verbrauchers beeinträchtigt, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen, ihren Anspruch auf die Zinsen und Kosten verlieren.“

vzbv fordert: Überschuldung durch Dispo- und Buy-Now-Pay-Later-Kredite verhindern

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat heute ein Sofortprogramm für mehr Verbraucherschutz für die nächste Bundesregierung veröffentlicht – siehe https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/staerkt-alle-zehn-punkte-fuer-die-ersten-100-tage

Daraus: „Kredite können helfen, finanzielle Engpässe zu überbrücken oder größere Anschaffungen wie ein Auto zu ermöglichen. Sie sollten Verbraucher:innen aber nicht finanziell überfordern und in die Überschuldung treiben“, sagt Gurkmann. 

Um  eine finanzielle Überforderung von Verbraucher:innen zu verhindern, fordert der vzbv, dass Kreditgeber verpflichtet werden, die verfügbare Höhe des Dispokredites so festzulegen, dass Verbraucher:innen ihn innerhalb von zwölf Monaten zurückzahlen können. Zudem sollte auch bei Buy-Now-Pay-Later-Krediten genau geprüft werden, ob sich Verbraucher:innen die Rückzahlung wirklich leisten können. 

Die Zeit drängt: Am 20. November 2025 endet die Frist zur Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie. „Die künftige Bundesregierung muss schnell Maßnahmen ergreifen, um Verbraucher:innen besser vor Überschuldung zu schützen“, so Gurkmann [Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim vzbv.].“

BMUV: Neue Regelungen zu Restschuldversicherungen

Das Bundesministerium für u.a. Verbraucherschutz weist auf neue Regelungen zu Restschuldversicherungen hin.

Am 1. Januar 2025 trat das Zukunftsfinanzierungsgesetz in Kraft. Darin ist auch eine Neuregelung enthalten, wonach der Abschluss eines Restschuldversicherungsvertrags erst eine Woche nach einem Darlehensvertragsschluss erfolgen darf.

Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke: „(…) Restschuldversicherungen sollen zum Beispiel bei Jobverlust, Krankheit oder Tod die Rückzahlung eines Darlehens absichern. Bislang wurden Restschuldversicherungen vom Darlehensgeber oft im Paket mit einem Darlehensvertrag verknüpft, ohne dass die Kundinnen und Kunden Gelegenheit hatten, das Angebot zu prüfen. Viele Kundinnen und Kunden wurden damit regelrecht überrumpelt und hatten den Eindruck, dass sie den Darlehensvertrag ohne Restschuldversicherung nicht bekommen hätten. Gleichzeitig war die versprochene Absicherung oft nicht nur teuer, sondern auch unzureichend. Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen nun genügend Zeit, zu prüfen, ob der Abschluss einer Restschuldversicherung für sie sinnvoll ist. Sie können zudem auch Vergleichsangebote einholen und Alternativen prüfen, um Geld zu sparen.“

Umfangreiche Marktuntersuchungen und Erhebungen haben in der Vergangenheit immer wieder erhebliche Missstände bei dem Vertrieb von Restschuldversicherungen aufgezeigt. So hatten viele Verbraucherinnen und Verbraucher den Eindruck, dass sie ohne Restschuldversicherung einen Darlehensvertrag nicht bekommen hätten oder höhere Darlehenszinsen hätten zahlen müssen. – Quelle: BMUV

Siehe auch § 7a Abs. 5 VVG:

„Der Versicherer darf einen Restschuldversicherungsvertrag, der sich auf einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag bezieht, nur dann schließen, wenn der Versicherungsnehmer die Vertragserklärung frühestens eine Woche nach Abschluss des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags abgegeben hat. Verstößt der Versicherer gegen diese Verpflichtung, so ist der Restschuldversicherungsvertrag nichtig. (…)“

iff: Zu viel Standardisierung führt zu ungerechtfertigter Verweigerung von Krediten

„Standardisierung führt dazu, dass es für Verbraucher:innen schwer ersichtlich ist, ob die Kreditablehnung durch falsche oder wenig aussagekräftige Informationen ausgelöst wurde. Als Informationslieferanten können die Wirtschaftsauskunfteien vor allem durch eine stärkere Differenzierung und Transparenz der über die Verbraucher:innen übermittelten Informationen dazu beitragen, dies zu verhindern.

Die ungerechtfertigte Verweigerung von Krediten ist sowohl für Kreditanbieter als auch für Verbraucher:innen ein Problem. Das iff hat im Rahmen eines Forschungsprojekts 100 Banken und Onlinehändler hierzu befragt. Im Fokus der Analyse steht dabei die Rolle von Wirtschaftsauskunfteien und deren potenzieller Beitrag zur Verhinderung solcher Fälle, um eine verantwortungsvolle finanzielle Teilhabe am Kreditmarkt zu ermöglichen.

Im Bericht werden typische Fälle ungerechtfertigter Kreditablehnungen identifiziert. Klassische Ursachen sind fehlende Kredithistorie, z. B. bei jungen und eingewanderten Menschen sowie fehlerhafte Informationen, z. B. wenn eine bereits beglichene Rechnung als Zahlungsausfall eingetragen wird. Ein weiteres Beispiel sind besondere Ausnahmesituationen, die zu Zahlungsausfällen führen, aber keine Aussagekraft bezüglich eines zukünftigen Zahlungsverhaltens haben, wie ein Zahlungsausfall aufgrund eines längeren Krankenhausaufenthalts. (…)“

Zur ganzen Pressemitteilung des institut für finanzdienstleistungen (iff). Den ganzen Bericht gibt es hier: www.iff-hamburg.de/(…)/Bericht_iff_2024_Finanzielle_Teilhabe.pdf

Konferenz der Verbraucherschutzminister:innen

Ende letzter Woche fand die 20. Verbraucherschutzministerkonferenz statt – siehe zu den Ergebnissen das sog. Presseprotokoll. Dies ist sehr lesenswert!

Demnach gab es u.a. folgende Beschlüsse:

  • TOP 19 Finanzielle Selbstbestimmung von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch leichteren Zugang zur Schuldnerberatung stärken

Beschluss: 1. Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister und -senatorinnen der Länder sind der Auffassung, dass die Sorgen der Menschen angesichts einer steigenden Inflation ernst zu nehmen sind und befürworten deshalb einen Ausbau der Schuldner- und Insolvenzberatung. Sie stellen fest, dass die Preissteigerungen u. a. für Energie, Wohnen und Lebensmittel erheblich waren und der Preisanstieg teilweise noch anhält. Diese Entwicklungen erhöhen auch die Gefahr der Überschuldung der privaten Haushalte. Daher ist eine Stärkung der Schuldnerberatung und deren Ausweitung auch auf Verbraucherinnen und Verbraucher geboten, die heute nochkeinen Anspruch auf eine kostenlose oder eine kostengünstige Beratung haben.

  • TOP 20 Finanzielle Selbstbestimmung von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch faire Darlehensvergabe stärken

Beschluss: 1. Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister und -senatorinnen der Länder begrüßen, dass die europäische Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge (EU-Verbraucherkreditrichtlinie) Verbraucherinnen und Verbraucher künftig besser vor für sie nachteiligen Kreditaufnahmen und Überschuldung schützen wird. (…)

2. Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister und -senatorinnen der Länder bitten die Bundesregierung im Zuge der Umsetzung der Richtlinie insbesondere folgende Maßnahmen zu ergreifen:

Verbraucherüberschuldung: vzbv fordert Reform für Kreditvergabe

Der vzbv fordert Verbraucher:innen bereits bei der Kreditvergabe besser zu schützen und stellt gemeinsam mit dem Institut für Finanzdienstleistungen (iff) ein Gutachten vor.

„Kredite können Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, Vorhaben wie einen Auto- oder Küchenkauf zu realisieren oder finanzielle Engpässe zu überbrücken. Wir beobachten jedoch, dass Banken immer wieder Kredite vergeben, die für Verbraucherinnen und Verbraucher in der finanziellen Überforderung oder Überschuldung enden“, sagt Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim vzbv. „Die gestiegenen Kosten in den vergangenen Monaten haben Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer bei der Tilgung eines Kredites weiter unter Druck gesetzt.“ (…)

Gemeinsam mit dem iff hat der vzbv am Dienstag ein Gutachten veröffentlicht, das Perspektiven für den Verbraucherschutz bei der nationalen Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie aufzeigt.

Das Gutachten stellt grundsätzlich fest, dass die Richtlinie Kreditgeber:innen konkret verpflichtet, die individuellen Einnahmen und regelmäßigen Ausgaben von Verbraucher:innen zu betrachten. Dabei besteht allerdings ein Interpretationsspielraum, der zu einer reinen Einkommensbetrachtung bei der Vergabe von Mini- und Kurzzeitkrediten führen kann – ohne die Ausgaben der Kreditnehmer:innen zu berücksichtigen. Die mögliche Folge: Kreditgeber setzen die Kreditrate zu hoch an. Überschuldung wäre erneut die Folge.