Schuldnerberatung im Lichte des RDG: AG Bremen weist Klage eines “Schuldensanierers” auf Zahlung der vereinbarten Vergütung ab

Hier der Hinweis auf die Meldung des Fachzentrums Schuldenberatung Bremen (FSB), welche Pflichtlektüre im Kampf gegen unseriöse Schulnerberatung sein dürfte. Sie beginnt wie folgt beginnt: “Das Amtsgericht Bremen hat mit Urteil vom 27.07.2021, Az.: 16 C 301/20 die Klage eines Inkassounternehmens gegen einen Schuldner aus abgetretenem Recht abgewiesen. Ursprünglicher Gläubiger war ein “Schuldensanierer”, der gegen Gebühr eine vermeintliche Schuldensanierung durchführen wollte.”

Entscheidung als Scan. Dank an RA Frank Lackmann, der den Beklagten vertreten hat.

BGH zur Zulässigkeit eines Antrags auf Restschuldbefreiung in einem gesonderten Insolvenzverfahren über das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners

BGH, 22.07.2021, IX ZB 7/20 – Leitsätze des Gerichts:

  1. Gibt der Insolvenzverwalter das Vermögen des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit frei und wird über dieses Vermögen ein gesondertes Insolvenzverfahren eröffnet, ist ein in diesem Verfahren gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung unzulässig, wenn über seinen im Ausgangsverfahren gestellten Restschuldbefreiungsantrag nicht entschieden ist (Fortführung BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – IX ZB 22/13).
  2. Ein Antrag auf Kostenstundung ist unzulässig, wenn der Schuldner in dem Insolvenzverfahren keine Restschuldbefreiung erreichen kann (Festhaltung BGH, Beschluss vom 4. Mai 2017 – IX ZB 92/16).

Anmerkung RA Kai Henning in seinem InsO-Newsletter 9-21: “Der 9. Zivilsenat des BGH bestätigt in dieser Entscheidung seine bisherige Rspr. zur Unzulässigkeit eines erneuten Restschuldbefreiungsantrags in einem Folgeinsolvenzverfahren über das Vermögen einer aus dem Erstinsolvenzverfahren freigegebenen Selbstständigkeit. (mehr …)

Widerspruchsbelehrung muss auf elektronische Einlegungsmöglichkeit hinweisen

RA Helge Hildebrandt weist auf Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.05.2021, L 6 AS 64/21 B ER hin.

Die Rechtsbehelfsbelehrungen in den Bescheiden der Jobcenter sind unvollständig, wenn in diesen – wie derzeit noch üblich – nicht auch über die Möglichkeit belehrt wird, den Widerspruch auch selbst auf elektronischem Wege einlegen zu können – und nicht nur über einen Rechtsanwalt. Aufgrund einer solchen Unrichtigkeit kann der Widerspruch anstatt innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 SGG noch innerhalb der Frist von einem Jahr erhoben werden.

Quelle und mehr: HEMPELS – siehe auch die akutellen BAG-SB-Informationen (Heft 3_2021, Seite 140).

Eintragung einer Restschuldbefreiung durch die SCHUFA: Vorlage zum Europäischen Gerichtshof

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden meldet zu seinem Beschluss vom 31.08.2021 – 6 K 226/21.WI: “Gegenstand des Verfahrens vor dem VG Wiesbaden ist das Begehren des Klägers, die Eintragung einer Restschuldbefreiung aus dem Verzeichnis der SCHUFA Holding AG, einer privaten Wirtschaftsauskunftei, zu löschen. Die Information hinsichtlich der Restschuldbefreiung stammt aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte, bei denen sie nach 6 Monaten gelöscht wird. Bei der SCHUFA erfolgt eine Löschung gemäß der „Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien“ vom 25.05.2018 des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erst 3 Jahre nach der Eintragung. In Bezug auf die Löschung wandte sich der Kläger mit einer Beschwerde an den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als Aufsichtsbehörde, der auf die Löschung der Eintragung bei der SCHUFA Holding AG hinwirken solle. Dieser lehnte das Begehren des Klägers jedoch ab.

Die 6. Kammer des VG Wiesbaden hat mit Beschluss vom 31.08.2021 entschieden, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Klärung vorzulegen. (mehr …)

AG Hannover zum Eigeninsolvenzantrag des obdach- bzw. wohungslosen Schuldners

Klaus Helke hat im April 2021 einen Praxisbericht aus Hannover zur Eröffnung Insolvenzverfahren und Wohnungslosigkeit gegeben (zur Meldung). Nun weisen wir auf den Beschluss des AG Hannover vom 17.03.2021 – 908 IK 180/21 – hin. Aus der sehr lesenswerten Entscheidung:

“Die amtlichen Antragsformulare für den Verbraucherinsolvenzantrag sind ordnungsgemäß ausgefüllt. In dem Umstand, dass die vom Schuldner in der Anlage 1 zum Eröffnungsantrag („Personalbogen“) unter „Wohnanschrift“ angegebene Anschrift tatsächlich nicht seiner (inexistenten) Wohnung entspricht, liegt kein Zulässigkeitsmangel. (mehr …)

BGH-Urteil: Dispozinsen müssen transparenter sein

Banken müssen die Zinssätze für Dispokredite in der Werbung und im Preisverzeichnis deutlich hervorheben. Hat eine Bank nach Kundengruppen differenzierte Zinssätze, darf sie den Überziehungszinssatz nicht mit „bis zu 10,90 Prozent“ angeben. Das hat der Bundesgerichtshof in zwei Verfahren gegen die Deutsche Bank und die Sparda-Bank Hessen entschieden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die beiden Banken geklagt.

Quelle und mehr: PM der vzbv; XI ZR 46/20 (Deutsche Bank) und XI ZR 19/20 (Sparda-Bank Hessen)

Zum Rückzahlungsanspruch von Fitnessstudiobeiträgen nach coronabedingter Schließung des Studios

Der vzbv weist auf Urteil des LG Osnabrück vom 09.07.2021 (2 S 35/21) hin: Wenn ein Fitnessstudio aufgrund behördlicher Anordnung infolge einer Virus-Pandemie schließen muss, so können die Beiträge für den Zeitraum zurückgefordert werden, ohne dass der Vertrag sich um den Zeitraum der Studioschließung verlängert.

BGH zur Rücknahme eines Restschuldbefreiungsantrags

BGH, Beschluss vom 15. Juli 2021 – IX ZB 33/20 – Leitsatz:

Hat ein Gläubiger in einem asymmetrischen Verfahren in dem zur Anhörung der Gläubiger anberaumten Termin oder innerhalb der stattdessen gesetzten einheitlichen Erklärungsfrist einen zulässigen Versagungsantrag gestellt, kann der Schuldner seinen
Antrag auf Restschuldbefreiung nur noch mit Zustimmung dieses Gläubigers zurücknehmen.

InsO § 289 Abs. 1 aF, § 290 Abs. 1 Nr. 1 aF, § 300 Abs. 1 aF

AG Köln zur Rechtswegzuständigkeit beim Vollstreckungsverbot des § 89 InsO

Das AG Köln hat am 18.6.2021 unter dem Aktenzeichen 70a IN 111/19 (283 M 555/21) entschieden:

  • § 89 Abs. 3 InsO begründet keine Rechtswegzuständigkeit. Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts als besonderes Vollstreckungsgericht nach § 89 Abs. 3 InsO setzt voraus, dass nach allgemeinen Grundsätzen die Zivilgerichte zuständig sind.
  • § 89 Abs. 3 InsO begründet kein eigenständiges Rechtsmittel. Die Norm enthält lediglich eine Zuständigkeitszuweisung an das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht und setzt ein zulässiges Rechtsmittel zu den (zivilgerichtlichen) Vollstreckungsgerichten voraus.

Aus der Entscheidung: (mehr …)

Weisung BA Arbeit zur Verjährung von Erstattungsforderungen gem. §§ 50, 52 SGB X

Am 1.6.2021 haben wir auf das BSG-Urteil, 4.3.2021, B 11 AL 5/20 R, hingewiesen (hier zur Meldung). Durch die Entscheidung  wurde die Revision gegen die Entscheidung LSG Baden-Württemberg – L 8 AL 3185/19, 26.06.2020 als unbegründet zurückgewiesen. Diese LSG-Entscheidung war auch Gegenstand des “Der praktischen Falls (10): Verjährungsfrist bei einem bestandskräftigen Erstattungsbescheid” und Lösungsvorschlag.

Nun hat die BA Arbeit dazu eine neue Weisung herausgegeben: “Nach einem aktuellen Urteil des BSG vom 04.03.2021 verjähren Erstattungsansprüche der BA nach § 50 SGB X, welche mit Erstattungsbescheiden nach § 50 Abs. 3 SGB X festgesetzt wurden, in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach § 50 Abs. 3 SGB X unanfechtbar geworden ist (§ 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Die bisherige Rechtsauffassung der BA für die genannten Fälle wird daher aufgegeben. Die Weisung enthält Übergangsregelungen, wie mit der neuen Rechtslage umzugehen ist. Weitere Regelungen folgen nach Auswertung der Urteilsgründe.”