BGH zum die Insolvenzanfechtung ausschließenden „schlüssigen Sanierungskonzept“

BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – IX ZR 65/14 – Leitsätze

„a) Den Gläubiger, der die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Benachteiligung der Gläubiger kennt, trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er spätere Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes erlangt hat.
b) Der Gläubiger kann nur dann von einem schlüssigen Sanierungskonzept des Schuldners ausgehen, wenn er in Grundzügen über die wesentlichen Grundlagen des Konzeptes informiert ist; dazu gehören die Ursachen der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose. (…)“

Oberlandesgericht Hamm: Mitwirkung an Mietvertragsentlassung schon vor der Scheidung

„Was passiert mit der gemieteten gemeinsamen Ehewohnung nach der Scheidung? Nach § 1568a Bürgerliches Gesetzbuch wird das Mietverhältnis nach der rechtskräftigen Scheidung nur mit dem Ehegatten fortgesetzt, der in der Wohnung bleibt. Der andere, der ausgezogen ist, soll dann keine Miete mehr zahlen und dem Vermieter auch nicht mehr für Mietausfälle haften müssen. (mehr …)

AG Göttingen: persönlicher Kontakt des § 305-Bescheinigers mit dem Schuldner erforderlich

AG Göttingen, Beschluss vom 20.04.2016 – 74 IK 74/16 – Leitsätze des Gerichts

Eine wirksame Bescheinigung auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens – und Vermögensverhältnisse gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO setzt einen persönlichen Kontakt des Bescheinigers mit dem Schuldner voraus. Ein telefonischer Kontakt genügt nicht (mehr …)

„Strohmann“ als selbständig wirtschaftliche Tätigkeit

AG Ludwigshafen, Beschluss vom 29.02.2016 – 3 b IN 226/15: Die „Tätigkeit“ als sogenannter Strohmann des tatsächlichen Gewerbetreibenden ist eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit iSv § 304 I InsO. Insoweit genügt es, dass der Schuldner nach außen als selbstständig wirtschaftlich Tätiger aufgetreten ist. Das Insolvenzgericht muss in einem solchen Fall nicht von Amts wegen ermitteln, ob der gesetzte Rechtsschein zugetroffen hat oder nicht. (Leitsatz des Gerichts)

Bundesverfassungsgericht erklärt Richtervorlage zur Verfassungswidrigkeit von Arbeitslosengeld II-Sanktionen für unzulässig

Beschluss vom 06. Mai 2016 – 1 BvL 7/15 – dazu die PM des Gerichts vom 2.6.16: „Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Unzulässigkeit einer Richtervorlage des Sozialgerichts Gotha [Anmerkung: siehe Sozialgericht Gotha: Hartz-IV-Sanktionen verfassungswidrig] festgestellt. (…) Das Vorlagegericht war der Auffassung, dass die Sanktionsregelung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 12 Abs.1 GG sowie mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar sei.

Der Vorlagebeschluss entspricht jedoch nur teilweise den Begründungsanforderungen. Er wirft zwar durchaus gewichtige verfassungsrechtliche Fragen auf. (mehr …)

BGH: Ansprüche des Versicherers auf Prämien für einen privaten Krankenversicherungsvertrag aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen

Hier der Hinweis auf eine wichtige Entscheidung des BGH zur Einordnung von Krankenversicherungsbeiträgen: Urteil vom 7. April 2016 – IX ZR 145/15 – Leitsätze des Gerichts:

  • Ansprüche des Versicherers auf Prämien für einen privaten Krankenversicherungsvertrag aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen. – InsO § 38
  • Zahlt der Schuldner eine Versicherungsprämie für seinen privaten Krankenversicherungsvertrag in bar aus einem nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO unpfändbaren Geldb etrag, fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung. – InsO § 129 Abs. 1; ZPO § 811 Abs. 1 Nr. 8

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Zwangsvollstreckung auf Grundlage eines Forderungsbescheids über rückständige Sozialversicherungsbeiträge

BGH, Beschluss vom 25.02.2016, Aktenzeichen: V ZB 25/15 – Leitsatz:

Eine als Forderungsbescheid bezeichnete und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Aufstellung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge, mit der der Adressat zur Zahlung des Saldos aufgefordert wird, stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X dar, der gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckt werden kann; das Vollstreckungsgericht darf nicht überprüfen, ob der Bescheid ausreichend begründet ist und ob er inhaltlich zutreffend ist (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007, I ZB 19/07, MDR 2008, 712 f.). – § 31 S 1 SGB 10, § 66 Abs 4 S 1 SGB 10, § 724 ZPO, § 866 Abs 1 ZPO, § 15 ZVG

BGH zur Kenntnis des Empfängers einer unentgeltlichen Leistung von deren Gläubigerbenachteiligung

BGH, Urt. v. 24.03.2016 – IX ZR 159/15 (OLG Schleswig) – Leitsatz des Gerichts:
Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung muss den Umständen nach wissen, dass diese die Gläubiger benachteiligt, wenn ihm Umstände bekannt sind, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen und deren Kenntnis auch einem Empfänger mit durchschnittlichem Erkenntnisvermögen ohne gründliche Überlegung die Annahme nahelegt, dass die Befriedigung der Gläubiger infolge der Freigiebigkeit verkürzt wird.