Bundesfinanzhof: Keine Restschuldbefreiung für Masseverbindlichkeiten

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.11.2017, VII R 1/16 – aus der gestrigen Pressemitteilung des BFH: „Ist Einkommensteuer im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit entstanden, aber vom Insolvenzverwalter aufgrund von Masseunzulänglichkeit nicht beglichen worden, darf das Finanzamt (FA) die Steuerschuld nach Abschluss des Insolvenzverfahrens mit Erstattungsansprüchen des ehemaligen Insolvenzschuldners verrechnen. Eine dem Insolvenzschuldner erteilte Restschuldbefreiung steht dem nicht entgegen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16 entschieden hat.

In dem Streitfall war über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter war Einkommensteuer als sog. Masseverbindlichkeit entstanden, (mehr …)

Landgericht Nürnberg-Fürth: Keine sog. Vorwirkung von Versagungsgründen bei § 287a InsO (II)

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat am 13.7.2017 unter dem AZ: 11 T 4173/17 beschlossen:

  1. Eine Prüfung, ob bereits Versagungsgründe vorliegen könnten, findet im Rahmen der Feststellung nach § 287a Abs. 1 Satz 1 InsO nicht statt.
  2. Dies gilt auch für den Fall, dass im Eröffnungsverfahren schon ein Versagungsantrag eines Gläubigers gestellt wurde (Fortführung von LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 20.4.2016, 11 T 2794/16)

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CRIFBÜRGEL: bei nur 8,3 Prozent der Verbraucherinsolvenzen konnte nach 3 Jahren Restschuldbefreiung erlangt werden

Die Vorraussetzungen zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre durch den § 300 InsO, der zum 1.7.2014 eingeführt wurde, waren und sind in der Kritk. Nun hat die Wirtschaftsauskunftei CRIFBÜRGEL Zahlen vorgelgt. Demnach mussten vom 1.7.2014 bis zum 31.12.2014 insgesamt 49.642 Privatpersonen eine Insolvenz anmelden. 8,3 Prozent (4.111 Privatpersonen) von ihnen sei es gelungen, die Restschuldbefreiung auf drei Jahre zu verkürzen. – zur Pressemitteilung von CRIFBÜRGEL

Muster Vollstreckungsgegenklage bei Vollstreckung aus Tabellenauszug wegen (angeblicher) Deliktsforderung

Der BGH hat am 3. April 2014 – IX ZB 93/13 – beschlossen: „Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.“

Im Beschluss hat der BGH ausgeführt (Rn 19): „Der Schuldner kann sich, falls die Gläubigerin aus der vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreibt, im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) zur Wehr setzen (…). Im Rahmen dieser Klage ist sodann festzustellen, ob der Anspruch tatsächlich auf dem vom Gläubiger angemeldeten Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht, …“

Doch wie geht das konkret mit der Vollstreckungsgegenklage? RA Henning stellt ein Muster der Klage (sowie PKH-Antrag) mit Anmerkungen und wertvollen Hinweisen zur Verfügung, die unter www.bag-sb.de/(…)/Muster_Vollstreckungsgegenklage_Henning.pdf aufrufbar ist. Vielen Dank!

Österreich: Reform des Privatinsolvenzrechts

Heute tritt in Österreich eine Reform des Privatinsolvenzrechts in Kraft. Dazu die PM der ASB Schuldnerberatungen GmbH sowie aus dem Newsletter von RA Kai Henning 9/2017:

„Die Mindest-Entschuldungsdauer sinkt von bislang 7 auf 5 Jahre. Die ursprünglich beabsichtigte Verkürzung auf 3 Jahre scheiterte im Gesetzgebungsverfahren am heftigen Wiederstand der Gläubigerverbände. Wichtiger Kern der Reform ist neben der Verkürzung, dass die bisherige 10%-Mindestquote abgeschafft wird.

Das zwingende Erfordernis außergerichtlicher Verhandlungen wird fallengelassen. (mehr …)

LG Hamburg zur Versagung der Restschuldbefreiung auf Grund unvollständigen Gläubigerverzeichnisses

Mit Beschluss vom 10.07.2017 hat das LG Hamburg unter dem Aktenzeichen 326 T 181/16 die Beschwerde eines Schuldners gegen die Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen.

Im Insolvenzantrag fehlte die Angabe eines Gläubigers. Der Schuldner macht geltend: „Er habe die Gläubigerin nicht wissentlich und nicht absichtlich übergangen. Es handele sich um ein Versehen. Ihr Fehlen in der Gläubigerliste sei ihm nicht aufgefallen. Er habe die Unterlagen von seinem Anwalt mit der Bitte bekommen, diese zu unterzeichnen. Die einzelnen Forderungen seien nicht durchgesprochen worden. Der Schuldner gehe davon aus, dass er sämtliche relevanten Unterlagen an seinen Anwalt übergeben habe. Die Gläubigerliste habe 79 Gläubiger umfasst und Forderungen von insgesamt rund 67.000 €. Die Forderung der Gläubigerin habe lediglich € 3.800 betragen. Der Schuldner habe die Gläubigerliste durchgesehen. Das Fehlen der Beschwerdegegnerin sei ihm nicht aufgefallen.“

Das LG dazu: „Lässt er (der Schuldner) das Vermögensverzeichnis von einem Dritten erstellen oder vervollständigen, hat er daher vor der Unterzeichnung die Richtigkeit aller Angaben zu überprüfen. Unrichtige Angaben sind ihm sodann als eigenes Fehlverhalten zuzurechnen (BGH, IX ZB 250/08, 10.02.11). Dieses ist grob fahrlässig, wenn er die Überprüfung unterlassen hat.“

LG Hamburg zur Versagung der Restschuldbefreiung auf Grund unvollständigen Gläubigerverzeichnisses

Mit Beschluss vom 10.07.2017 hat das LG Hamburg unter dem Aktenzeichen 326 T 181/16 die Beschwerde eines Schuldners gegen die Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen.

Im Insolvenzantrag fehlte die Angabe eines Gläubigers. Der Schuldner macht geltend: „Er habe die Gläubigerin nicht wissentlich und nicht absichtlich übergangen. Es handele sich um ein Versehen. Ihr Fehlen in der Gläubigerliste sei ihm nicht aufgefallen. Er habe die Unterlagen von seinem Anwalt mit der Bitte bekommen, diese zu unterzeichnen. Die einzelnen Forderungen seien nicht durchgesprochen worden. Der Schuldner gehe davon aus, dass er sämtliche relevanten Unterlagen an seinen Anwalt übergeben habe. Die Gläubigerliste habe 79 Gläubiger umfasst und Forderungen von insgesamt rund 67.000 €. Die Forderung der Gläubigerin habe lediglich € 3.800 betragen. Der Schuldner habe die Gläubigerliste durchgesehen. Das Fehlen der Beschwerdegegnerin sei ihm nicht aufgefallen.“

Das LG dazu: „Lässt er (der Schuldner) das Vermögensverzeichnis von einem Dritten erstellen oder vervollständigen, hat er daher vor der Unterzeichnung die Richtigkeit aller Angaben zu überprüfen. Unrichtige Angaben sind ihm sodann als eigenes Fehlverhalten zuzurechnen (BGH, IX ZB 250/08, 10.02.11). Dieses ist grob fahrlässig, wenn er die Überprüfung unterlassen hat.“

AG Norderstedt: Anmeldung einer Deliktsforderung muss Mindestanforderungen erfüllen

Das AG Norderstedt hat sich mit Beschl. v. 6. 6. 2017, 65 IK 29/17, dem AG Köln (hierzu unsere Meldung vom 16.5.2017) angeschlossen:

Eine Delikts-Forderungsanmeldung, die eine „unerlaubte Handlung“ unterstellt und den zu Grunde liegenden Sachverhalt lediglich schlagwortartig ganz oberflächlich schildert (hier:“ Unerlaubte Handlung (Betrug) vom…“ ), erfüllt für eine Eintragung des Deliktscharakters in der Tabelle die Mindestanforderungen nicht.

Erfüllt eine Forderungsanmeldung hinsichtlich des behaupteten Deliktscharakters nicht die Mindestanforderungen, ist die nicht ordnungsgemäße Forderungsanmeldung durch das Insolvenzgericht zurückzuweisen und der Deliktscharakter nicht in die Tabelle aufzunehmen (Anschluss AG Köln, 7.4.2017, 71 IK 175/15).

LG Frankenthal verneint Vertretungsbefugnis eines Inkassounternehmens bzgl. der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung

Hier der Hinweis auf LG Frankenthal, Beschluss vom 14.02.2017, Aktenzeichen: 1 T 28/17. Daraus: „Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass ein Inkassounternehmen bei der Stellung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht zur Vertretung berechtigt ist, da sich eine Vertretungsbefugnis weder aus einer direkten noch einer analogen Anwendung von § 205 Abs. 4 Satz 2 InsO ergibt. (…) Aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, ergibt sich entsprechend der Ausführungen in der amtsgerichtlichen Entscheidung nichts anderes.  (…) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich eine wirksame Antragsstellung nicht aus §§ 4 InsO, 79 Abs. 3 ZPO, da es an einer wirksamen Bevollmächtigung fehlt. Die der Restschuldbefreiungsversagungsantragseinreicherin erteilte Vollmacht ist jedenfalls gemäß §§ 134 BGB, 3 RDG insoweit nichtig, als Sie die Vertreterin der Antragstellerin dazu ermächtigt einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen.“

„Bleibt die Frage, ob der Schuldner seinen eigenen Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknehmen kann, wenn er nach Eröffnung des Verfahrens neue Verbindlichkeiten begründet hat.“

RA Kai Henning merkt in seinem aktuellen Newsletter zum Beschluss des BGH vom 4.5.2017, IX ZB 92/16 (dazu unsere Meldung vom 16.6.2017) an:

„Der 9. Senat des BGH stellt hier zunächst unmissverständlich und überzeugend fest, dass es eine Trennung von zulässigem Restschuldbefreiungsantrag und einer Bewilligung der Stundung der Verfahrenskosten in den ab dem 1.7.2014 beantragten Verfahren nicht geben kann. Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig und ist die Restschuldbefreiung für den Schuldner auch erreichbar, sind die Verfahrenskosten zwingend zu stunden. AG Montabaur (Beschl. v. 8. 7. 2016 – 14 IK 88/16) und AG Aachen (Beschl. vom 4.7.16 -91 IK 78/16-) haben dies -neben dem LG Stralsund im vorliegenden Verfahren- anders gesehen und den Schuldner über die Nichtbewilligung der Stundung von einem neuen Verfahren ausgeschlossen. Das AG Montabaur hatte sogar eine zeitlich unbefristete Stundungs-Sperre angenommen, während das AG Aachen eine 3-Jahressperrfrist für angemessen hielt.

Der BGH geht in seiner Entscheidungsbegründung auch intensiv auf die Rechtsfrage ein, welche Sperrfristen für erneute Anträge auf Restschuldbefreiung ab dem 1.7.2014 noch gelten. Auch wenn die Feststellungen des BGH hierzu nicht abschließend sind, deuten die Ausführungen zu einer möglichen analogen Anwendung des § 287 Abs. 2 InsO doch stark darauf hin, dass neben den Sperrfristen des § 287a Abs. 2 InsO ab dem 1.7.2014 keine weiteren Sperrfristen greifen.

Bleibt die Frage, ob der Schuldner seinen eigenen Antrag auf Restschuldbefreiung zurücknehmen kann, wenn (mehr …)