Muster Vollstreckungsgegenklage bei Vollstreckung aus Tabellenauszug wegen (angeblicher) Deliktsforderung

Der BGH hat am 3. April 2014 – IX ZB 93/13 – beschlossen: „Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.“

Im Beschluss hat der BGH ausgeführt (Rn 19): „Der Schuldner kann sich, falls die Gläubigerin aus der vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreibt, im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) zur Wehr setzen (…). Im Rahmen dieser Klage ist sodann festzustellen, ob der Anspruch tatsächlich auf dem vom Gläubiger angemeldeten Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht, …“

Doch wie geht das konkret mit der Vollstreckungsgegenklage? RA Henning stellt ein Muster der Klage (sowie PKH-Antrag) mit Anmerkungen und wertvollen Hinweisen zur Verfügung, die unter www.bag-sb.de/(…)/Muster_Vollstreckungsgegenklage_Henning.pdf aufrufbar ist. Vielen Dank!

BGH zum P-Konto und der Barabhebung am Geldautomaten

Und wieder eine frische Entscheidung zum P-Konto! BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017, XI ZR 419/15:

  1. Hebt der Inhaber eines Pfändungsschutzkontos, das ein Guthaben aufweist, von diesem Konto am letzten Tag des Monats, einem Samstag, an einem Bankautomaten des kontoführenden Kreditinstituts einen Geldbetrag ab, der das Guthaben nicht übersteigt, so hat er an diesem Tag im Sinne von § 850k Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO über sein Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto verfügt, auch wenn das Kreditinstitut die Buchung auf dem Girokonto erst am darauf folgenden Montag vornimmt.
  2. Verfügt der Kontoinhaber nur über einen Teil seines Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto, das sich zusammensetzt aus im laufenden Monat gutgeschriebenen Beträgen und aus Guthaben aus dem Vormonat, das gemäß § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht von der Pfändung erfasst wird, so ist diese Verfügung zunächst auf das pfändungsfreie Guthaben aus dem Vormonat anzurechnen.

Klarstellender Beschluss zur Nichtberücksichtigung eines Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des pfändbaren Betrags

BGH, Beschluss vom 28. September 2017, VII ZB 14/16 – gerichtlicher Leitsatz:

Der Gläubiger kann einen klarstellenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts verlangen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nach § 850c Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Schuldner an den Unterhaltsberechtigten keinen Unterhalt leistet.

Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten ist unpfändbar, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert worden sind

Aus der heutigen PM des BGH zu seinem Versäumnisurteil vom 16. November 2017 – IX ZR 21/17: „Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen das in einem Riester-Vertrag angesparte Vermögen pfändbar ist und daher in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden kann. (…)

(Der BGH) hat entschieden, dass das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben nicht pfändbar ist, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert werden und den Höchstbetrag nicht übersteigen. (mehr …)

AG Hamburg: Nachzahlungen von Sozialleistungen sind für den Abrechnungszeitraum zu berücksichtigen, für den sie geleistet werden

Das AG Hamburg (Insolvenzgericht) hat am 07.11.2017, 68c IK 651/16, beschlossen:

  1. Nachzahlungen von Sozialleistungen sind für den Abrechnungszeitraum zu berücksichtigen, für den sie geleistet werden.
  2. Wird entsprechend eine Nachzahlung von Arbeitslosengeld I den Monaten zugeordnet, für die sie gedacht war, und übersteigt sie in keinem Monat den Freibetrag des Pfändungsschutzkontos, ist die Nachzahlung freizugeben.

Leitsätze von RA Matthias Butenob. Die Entscheidung als pdf. Für Interessierte auch der Antrag des Insolvenzschuldners (ohne Anhänge).

Siehe auch AG Kiel gibt Rentennachzahlung auf gepfändetes P-Konto via § 850k Absatz 4 ZPO frei

BGH: keine „faktische“ Unterhaltspflicht bei Berechnung des pfändbaren Einkommens

Pflichtlektüre! – Der BGH hat mit Beschluss vom 19.10.2017 – IX ZB 100/16 – leider wie folgt entschieden:

„Der Pfändungsfreibetrag ist nicht deshalb zu erhöhen, weil der Schuldner mit einer nicht unterhaltsberechtigten Person in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt und diese wegen Zurechnung seines Einkommens nicht hilfebedürftig ist.“

Rz 6: „Die Lebensgefährtin des Schuldners ist weder gemäß § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO noch nach § 850f Abs. 1 Buchst. a oder c ZPO noch nach § 765a ZPO, auch nicht in analoger Anwendung dieser Regelungen, bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Schuldners zu berücksichtigen.“

Das Gericht hat damit die Entscheidung des LG Braunschweig vom 4.1.17 – 6 T 662/16 – aufgehoben. Dazu hatte RA Henning treffend festgestellt: „Die zutreffende Entscheidung verdeutlicht (…) erneut den hier bestehenden dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf. (…) Die Mitglieder einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft müssen daher pfändungsrechtlich endlich als in vollem Umfang unterhaltsberechtigt anerkannt werden. Dies ist nach den immer wieder erforderlichen gerichtlichen Entscheidungen offensichtlich nur mit einer gesetzlichen Regelung zu erreichen.“ (mehr dazu)

AG SBV: Information zur Kontenpfändung durch öffentliche Gläubiger

„Der AK Girokonto und Zwangsvollstreckung der AG SBV hat ein Informationsblatt zur Kontenpfändung durch öffentliche Gläubiger erstellt. Bei einer Kontenpfändung ist es immer unerlässlich ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einzurichten. Trotzdem ist es etwas Besonderes, wenn ein öffentlicher Gläubiger wie z.B. Finanzamt, Stadtkasse, Hauptzollamt das Konto pfändet. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass öffentliche Gläubiger in eigener Zuständigkeit pfänden. Was hierbei zu beachten ist, wurde jetzt von dem Arbeitskreis in einer Information zusammengestellt.

Information zur Vorlage bei Öffentlichen Gläubigern “ – Quelle: AG SBV

LG Braunschweig zu § 850c Absatz 4 ZPO, wenn der unterhaltsberechtigte Angehörige eigene Unterhaltspflichten hat

RA Kai Henning weist in seinem aktuellen Newsletter auf LG Braunschweig Beschl. vom 4.1.17 – 6 T 662/16 hin. Demnach sind bei der nach § 850c Abs. 4 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung eigene Unterhaltsverpflichtungen des gegenüber dem Schuldner Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen.

Anmerkung Kai Henning: Gewährt der Schuldner Angehörigen Unterhalt, die über eigenes ausreichendes Einkommen verfügen, kann der Insolvenzverwalter/Treuhänder über einen Antrag gem. § 850c Abs. 4 ZPO erreichen, dass die Angehörigen nicht mehr als unterhaltsberechtigt berücksichtigt werden. (mehr …)

Bundesarbeitsgericht: Pfändungsschutz für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2017 – 10 AZR 859/16

  1. Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar.
  2. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen.
  3. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar iSv. § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.

Quelle und mehr: PM des Gerichts

siehe auch BGH: Steuerfreie Nachtzuschläge sind unpfändbar

LG Münster zum Eigengeld des inhaftierten Schuldners

Das Landgericht Münster hat mit Beschluss vom 29.11.2016 (5 T 758/16) entschieden:

„Nach den allgemeinen Vorschriften ist das Eigengeld des Schuldners nicht diesem zu belassen, sondern pfänd- und damit abtretbar. Die Vorschriften über den Pfändungsschutz finden auf das Eigengeld – auch in der Insolvenz – keine Anwendung (BGH, Beschluss vom 16.07.2004, IX ZB 287/03; BGH, Beschluss vom 20.06.2013, IX ZB 50/12; BGH, Beschluss vom 01.07.2015, XII ZB 240/14). Das Eigengeld ist weder Arbeitseinkommen i. S. d. § 850c ZPO noch unterliegt es dem Pfändungsschutz des § 850k ZPO*. Da es sich nicht um Arbeitsentgelt handelt, kann der Schuldner auch nicht die Freigabe wegen besonderer Bedürfnisse gemäß § 850f ZPO verlangen.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 765a ZPO i. V. m. § 4 InsO auch im Insolvenzverfahren Anwendung findet (mehr …)