LG Baden-Baden zur Pfändbarkeit eines PKW: Erforderlich im Sinne des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF bedeutet nicht unentbehrlich; es ist ausreichend, wenn der Gegenstand zur Erreichung des Normzwecks nötig ist

Hier der Hinweis auf Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 19.09.2021 – 3 T 28/21.

Es ging um ein PKW und ob dieser im konrekten Fall unter § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF fällt. Eine lesenswerte Entscheidung. Die Ausgangslage war nämlich wie folgt: “Zwar ist dem Amtsgericht zuzugeben, dass der PKW zum bloßen Erreichen der Arbeitsstätte des Ehemannes nicht erforderlich erscheint. Da dieser über ein Fahrrad verfügt, kann er seine Arbeitsstelle mit dem Rad aufsuchen ….”

Warum das Landgericht dennoch im Ergebnis von einer Unpfändbarkeit ausging, kann hier und hier nachgelesen werden. Selbstredend ist das eine Einzelfallentscheidung, ist aber ggf. dennoch hilfreich.

Der damalige § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist heute in § 811 Abs. 1 Nr. 1 b) ZPO geregelt – vgl. die Synopse (buzer.de).

Dazu in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27636), S. 29: (mehr …)

Bescheinigungen des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ nach SGB II und SGB XII

Hier der Hinweis auf das Update von Dieter Zimmermann mit den neuen 2022-Zahlen: www.infodienst-schuldnerberatung.de

Im Rahmen des Schuldnerschutzes bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie bei privilegierten Aufrechnungen/Verrechnungen von Sozialleistungen ist der Nachweis des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ insbesondere in nachfolgend beschriebenen Fallgestaltungen von Bedeutung. (mehr …)

Index der gerichtlichen Zwangsvollstreckung 2021

In diesem Beitrag wird der Index der gerichtlichen Zwangsvollstreckung weitergeschrieben. Der Index beschreibt den Vollstreckungsdruck gegenüber Privathaushalten.

BGH zur Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers bei Schuldnerpflicht zur Zutrittsgewährung zu einer Stromabnahmestelle und Duldung deren Sperrung durch Wegnahme des Stromzählers

BGH, 17.06.2021, I ZB 68/20 – Leitsätze:

  1. Ein Titel, der den Schuldner verpflichtet, Zutritt zu einer Stromabnahmestelle zu gewähren und deren Sperrung durch Wegnahme des Stromzählers zu dulden, kann insgesamt nach § 892 ZPO durch Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers vollstreckt werden.
  2. Für eine Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO reicht es aus, wenn der Gläubiger eine dem Schuldner zurechenbare Widerstandshandlung als bevorstehend behauptet. Es ist nicht erforderlich, dass der Gläubiger zu erwartenden Widerstand nachweist oder glaubhaft macht.
  3. Im Falle einer ergänzenden Handlungspflicht des Schuldners kann der Widerstand nicht nur in einem aktiven Tun, sondern auch in einem Unterlassen bestehen.
  4. Soweit ein Duldungstitel den Schuldner auch dazu verpflichtet, Zutritt zu einem Raum zu gewähren, ist für eine Vollstreckung dieser ergänzenden Handlungspflicht nach § 892 ZPO erforderlich, dass der Schuldner zumindest Mitgewahrsam an diesem Raum hat. Andernfalls richtet sich die Zwangsvollstreckung insoweit nicht gegen ihn und fehlt es an einer Widerstandsleistung des Schuldners im Sinne von § 892 ZPO.

BAG: Beiträge zur Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung mindern das pfändbare Einkommen

Hier der Hinweis auf Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Oktober 2021 – 8 AZR 96/2. Aus der Pressemitteilung des Gerichts:

“Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeitnehmer/in eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgeltumwandlung für seine/ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. (mehr …)

AG Köln zur Rechtswegzuständigkeit beim Vollstreckungsverbot des § 89 InsO

Das AG Köln hat am 18.6.2021 unter dem Aktenzeichen 70a IN 111/19 (283 M 555/21) entschieden:

  • § 89 Abs. 3 InsO begründet keine Rechtswegzuständigkeit. Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts als besonderes Vollstreckungsgericht nach § 89 Abs. 3 InsO setzt voraus, dass nach allgemeinen Grundsätzen die Zivilgerichte zuständig sind.
  • § 89 Abs. 3 InsO begründet kein eigenständiges Rechtsmittel. Die Norm enthält lediglich eine Zuständigkeitszuweisung an das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht und setzt ein zulässiges Rechtsmittel zu den (zivilgerichtlichen) Vollstreckungsgerichten voraus.

Aus der Entscheidung: (mehr …)

Schutz von Hochwasser-Soforthilfen vor Pfändungen auf Pfändungsschutzkonten

“Der Bundestag befasst sich heute mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe. Gegenstand der Beratung ist ein von CDU/CSU und SPD eingebrachter Gesetzentwurf „zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Aufbauhilfe 2021′ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbhG 2021)“ (19/32039).

Die Initiative, die unter anderem eine Ausstattung des geplanten Wiederaufbaufonds mit Bundesmitteln in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro vorsieht, soll im Anschluss an die eineinhalbstündige Aussprache an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen werden.” – Quelle und mehr: Bundestagsmeldung

Für die Schuldnerberatung wird Artikel 5 und 6 des Gesetzes beachtlich werden. (mehr …)

BGH hält bei Kapitallebensversicherungen einen Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte (§ 850i ZPO) für möglich, auch wenn die Voraussetzungen des besonderen Pfändungsschutzes bei Altersrenten (§ 851c ZPO) nicht gegeben sind

Hier der Hinweis auf BGH, 29.04.2021, IX ZB 25/20 mit den Leitsätzen:

  • Erhält der Schuldner aus einer Kapitallebensversicherung, die ihm zur Sicherung für Ansprüche aus einer für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erteilten Pensionszusage wirksam verpfändet ist, nach Pfandreife eine Einmalleistung, kann er hierfür Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte geltend machen.
  • Dem steht nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des besonderen Pfändungsschutzes bei Altersrenten nicht gegeben sind.

Anmerkung RA Kai Henning in seinem aktuellen Newsletter: “Mit dieser Entscheidung klärt der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Verhältnis der §§ 851c und 850i ZPO. Der Ansicht, dass allein § 851c ZPO anzuwenden ist, wenn ein Versicherungsvertrag mit Vorsorgeleistung betroffen und damit ein Schutz nicht gegeben ist, wenn seine Voraussetzungen nicht vorliegen, teilt der BGH nicht.

Des Weiteren stellt der BGH fest, dass (mehr …)

AG Ahaus: Die vom vollstreckbaren Tabellenauszug erfassten Forderungen können aus dem früheren Vollstreckungstitel nicht mehr vollstreckt werden

Das AG Ahaus hat am 25.1.2021, 6 M 1988/20, zu § 766 Abs. 2 ZPO; § 201 InsO entschieden: Die vom vollstreckbaren Tabellenauszug erfassten Forderungen können aus dem früheren Vollstreckungstitel nicht mehr vollstreckt werden.

Aus der Entscheidung: “st eine Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt, erfolgt die Vollstreckung nur noch mittels einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Insolvenztabelle. Insoweit werden bereits bestehende Titel durch die Feststellung zur Tabelle aufgezehrt (mehr …)