LINKE fordert im Bundestag: Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung für alle gesetzlich garantieren

Die LINKE-Fraktion hat den Antrag “Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung für alle gesetzlich garantieren” in den Bundestag gebracht (BT-Drucksache 20/9492 und HIB-Meldung). Der Antrag wurde gestern zur weiteren Beratung im vereinfachten Verfahren an den Verbraucherschutz-Ausschuss des Bundestages überwiesen.

Aus dem Antrag: “(…) Eine rechtzeitige und kostenfreie Schuldnerberatung hilft den Betroffenen und lässt eine Privatinsolvenz oft vermeiden. Sie bietet Unterstützung und Sicherheit in schwierigen Situationen. (…) Am Beispiel der Stadt Hamburg hat das Deutsche Institut für Sozialwirtschaft errechnet, dass für jeden in die Soziale Schuldnerberatung investierten Euro etwa 2 Euro an die öffentliche Hand zurückfließen. Diese Zahlen werden von weniger konservativ angelegten Studien seit Jahren bestätigt und meist noch deutlich übertroffen (Moers, Ines, „Zur Stärkung der Sozialen Schuldnerberatung ist sofortiges und entschlossenes Handeln der Politik gefragt“, in: Wirtschaftsdienst 2022, Heft 3). Überschuldete Menschen möglichst früh zu erreichen, ist dabei von besonderer Bedeutung – auch deshalb ist neben einer stabilen und finanziell gesicherten Schuldnerberatung deutschlandweit auch die Schuldenprävention auszubauen und verlässlicher auszugestalten. (…)

Der Ausbau der Schuldnerberatung und deren verlässliche Finanzierung ist dringend notwendig. Seit über 10 Jahren wird eine finanzielle Beteiligung der Kreditwirtschaft an den Kosten der Schuldnerberatung gefordert und Vorschläge unterbreitet, unter anderem von den Arbeits- und Sozialminister:innen der Länder (Beschlüsse auf den Arbeits- und Sozialministerkonferenzen 2017 (TOP 5.16, Ziffer 4) und 2020 (TOP 5.22, Ziffer 3), ) sowie von Trägern und Verbänden der Schuldnerberatung (Positionspapier zur Finanzierung der Schuldnerberatung, Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände, Mai 2011, www.agsbv.de sowie Moers, ebd.).

Nunmehr soll zeitnah ein Bundesfonds eingerichtet werden, in den die Kreditwirtschaft und die Inkassounternehmen eine verpflichtende Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion einzahlen. Aus diesem Fonds soll zukünftig die kommunale Schuldnerberatung kofinanziert werden. (…)

Private Konsumausgaben 2022 um 8,5 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen

Das Statistische Bundesamt meldet: “Die privaten Haushalte in Deutschland haben im Jahr 2022 durchschnittlich 2.846 Euro im Monat für den Konsum ausgegeben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis der Laufenden Wirtschaftsrechnungen mitteilt, waren das 8,5 % oder 223 Euro mehr als im Jahr 2021 (2 623 Euro). Damit stiegen die privaten Konsumausgaben etwas stärker als die Verbraucherpreise, die sich im Jahresdurchschnitt 2022 um 6,9 % gegenüber 2021 erhöhten.

Ausgaben für Kraftstoffe und Wohnenergie um rund ein Viertel höher als im Vorjahr

Im Zuge der allgemeinen Preissteigerungen erhöhten sich die oft auch als Lebenshaltungskosten bezeichneten privaten Konsumausgaben im Jahr 2022 in allen Bereichen. Die höheren Ausgaben der Privathaushalte für Verkehr und Wohnen dürften vor allem in den Preisanstiegen für Kraftstoffe und Wohnenergie im Zuge der Energiekrise begründet sein. Trotz des 9-Euro-Tickets und der Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe („Tankrabatt“) im Sommer 2022 stiegen die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der privaten Haushalte für den Bereich Verkehr einschließlich Kraftstoffe von 322 Euro (2021) auf 347 Euro (2022) und damit um 7,8 %. Die Ausgaben für Kraftstoffe erhöhten sich dabei von 80 Euro auf 101 Euro und damit um 26,3 %.

Für Wohnen einschließlich Energie gaben die privaten Haushalte im Jahr 2022 durchschnittlich 1.025 Euro pro Monat aus (2021: 966 Euro), darunter 191 Euro für Wohnenergie (2021: 155 Euro). Damit stiegen die Ausgaben für den Bereich Wohnen insgesamt im Vorjahresvergleich um 6,1 %. Die Ausgaben für Wohnenergie für sich genommen stiegen um 23,2 % gegenüber dem Vorjahr. Darüber hinaus stiegen die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren von 402 Euro auf 417 Euro und damit um 3,7 %.

LG Münster lehnt Erhöhung des pfandfreien Betrages wegen zu erwartender Steuerschuld bei Rentner:in ab

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des LG Münster vom 18.9.2023, 5 T 394/23 mit dem Leitsatz

Dem Rentner/Der Rentnerin ist eine Erhöhung des pfandfreien Betrages wegen zu erwartender Steuerschuld nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht zuzugestehen(s. a. BGH-Beschluss vom 19.09.2019 – Az. IX ZB 2/18 -).

Aus der Entscheidung: Mit Eintritt der Beschwerdeführerin in die Altersrente zum 01.08.2023 beantragte diese unter Hinweis auf die nachgelagerte Besteuerung ihrer Altersrente Ihre Gleichstellung bei der Ermittlung der pfändungsfreien Beträge zu der Situation, in der sie ausschließlich Arbeitseinkommen als abhängig Beschäftigte beziehen würde und in diesem Zuge die auf dieses Arbeitseinkommen abzuführende Lohnsteuer gemäß § 36 InsO, § 850 Nr. 1 ZPO nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen gerechnet würde.

Hierzu trägt die Beschwerdeführerin vor, dass ihre Ungleichbehandlung daraus resultiere, dass sie für die zu erwartende Steuerschuld auf ihre Rentenzahlung eine monatliche Rücklage bilden müsse, die sie im Falle ihrer abhängigen Beschäftigung nicht bilden müsse.

Das Amtsgericht Münster hat diesen Antrag im angegriffenen Beschluss unter Verweis darauf zurückgewiesen, dass höchstrichterlich entschieden sei, dass die Entstehung einer Steuerschuld in der Regel kein ausreichender Grund für die Erhöhung des unpfändbaren Betrages sei.

Entlastung: Deutlich geringere Krankenkassenbeiträge für Kleinselbstständige

Freiwillig versicherte Selbstständige können aufatmen, so die Meldung des vzbv: Freiwillig Versicherte haben nun mehr Zeit, ihre Steuerunterlagen bei ihrer Krankenkasse einzureichen. Der Gesetzgeber hat zudem ermöglicht, dass Krankenkassen die Beiträge rückwirkend senken müssen, auch wenn aufgrund säumiger Steuerunterlagen bereits der Höchstsatz von monatlich 800 Euro festgesetzt war. Am 24. November hat auch der Bundesrat der Neuregelung zugestimmt.

[Anmerkung: es geht offenbar um Artikel 8j des Pflegestudiumstärkungsgesetzes – PflStudStG, in dem als “Weitere Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch” die §§ 240, 423 SGB V geändert werden. Vgl. BR-Drucksache 540/23 und die Gesetzesbegründung BT-Drucksache 20/8901.]

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das. „Die hohen Beitragsforderungen der Krankenkassen drohten, viele kleinere Selbstständige in ihrer Existenz zu gefährden. Zum Beispiel für Friseure oder Betreiber eines kleinen Kiosks sind Buchhaltung und ein Steuerberater teure Dienstleistungen, die erst einmal mitverdient werden müssen. Daher ist es richtig, dass der Gesetzgeber nun entschieden hat, dass Krankenkassen die Einkommensnachweise ihrer Versicherten auch dann berücksichtigen müssen, wenn die Frist bereits verstrichen ist“, sagt Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege im vzbv.

Seit 2018 werden Beiträge von freiwillig versicherten Selbstständigen generell vorläufig aufgrund des Einkommenssteuerbescheides des Vorjahres festgesetzt. Weist das Mitglied nicht innerhalb von drei Jahren das Einkommen auf Verlangen der Krankenkasse nach, so gilt zunächst der Höchstbeitrag. Hierbei wird fiktiv ein Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze angenommen, die aktuell bei knapp 5.000 Euro pro Monat liegt.

Preiserhöhungen bei Netflix und Spotify sind unwirksam

Der vzbv meldet: In den zurückliegenden Jahren haben Streamingdienste Preise für Abos deutlich erhöht, ohne dass ihre Kund:innen zustimmen mussten. Diese Geschäftspraxis hat das Kammergericht Berlin mit zwei Berufungsurteilen gegen Spotify und Netflix ins Wanken gebracht. Das stärkt die Rechte der Verbraucher:innen. Dem vorangegangen waren Klagen des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Spotify und Netflix vor dem Landgericht Berlin. Jana Brockfeld, Referentin im Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv, kommentiert:

“Das Kammergericht Berlin hat eine richtungsweisende Entscheidung im Sinne der Verbraucher:innen getroffen. Die vom vzbv angegriffenen Preisänderungsklauseln von Spotify und Netflix sind demnach nicht nur unzulässig. Das Urteil könnte grundsätzlich das Aus für künftige einseitige Preiserhöhungen durch Streamingdienste in Deutschland bedeuten. Denn nach Einschätzung des Gerichts dürfen die beiden verklagten Anbieter Netflix und Spotify ihre Preise nicht einseitig anpassen, ohne dass die Kund:innen zugestimmt haben. Das Kammergericht erklärt, dass sich Netlix und Spotify ohne großen Aufwand die Zustimmung ihrer Nutzer:innen zu einer Preiserhöhung einholen könnten. Die Urteile sind ein starkes Signal.”

Kammergericht Berlin, 15.11.2023, 23 U 15/22 und 23 U 112/22 – nicht rechtskräftig

Weitere Urteile: Landgericht Berlin, 28.06.2022, 52 O 296/21 und 16.12.2021, 52 O 157/21