Mit Bürgerschafts-Drucksache 21/11637 (Seite 13ff) vom 16.01.2018 legte der Hamburger Senat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Hamburgischen Ausführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (HmbAGInsO) vor. Damit wird sich diesen Mittwoch (31.01.2018) die Hamburgische Bürgerschaft befassen. Dazu eine Synopse sowie unsere heutige Pressemitteilung.
Insolvenzverfahren
AG Hannover: Für den Zeitpunkt des Scheiterns des außergerichtlichen Einigungsversuchs ist nicht schematisch auf die erste oder die letzte Gläubigerrückmeldung abzustellen
Das AG Hannover hat sich erneut* mit dem Zeitpunkt des Scheiterns des außergerichtlichen Einigungsversuchs befasst.: Beschluss vom 27.12.2017 zum Aktenzeichen 908-IK-778-17 .
- Für den Zeitpunkt des Scheiterns des außergerichtlichen Einigungsversuchs im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 ist nicht schematisch auf die erste oder die letzte Gläubigerrückmeldung abzustellen, sondern maßgeblich ist allein der Zeitpunkt, den die ausstellende Stelle für das Scheitern angibt.
- Dies bedeutet nicht, dass der bescheinigenden Stelle ein freies Ermessen zukommt. Vielmehr ist nach pflichtgemäßem Ermessen das Scheitern der Verhandlungen zu bescheinigen.
Stromversorgungsunternehmen kann wegen der vor der Insolvenzeröffnung entstandenen Altforderungen in der Insolvenz des Kunden weder kündigen noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben
RA Kai Henning weist in seinem aktuellen Newsletter auf LG Rostock Urt. vom 26.9.2007, 4 O 235/07 hin:
Ein Stromversorgungsunternehmen kann gemäß § 105 S. 2 InsO wegen der vor der Insolvenzeröffnung entstandenen Altforderungen in der Insolvenz des Kunden weder kündigen noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben (amtl. Leitsatz)
Anmerkung von Kai Henning: Diese Entscheidung des Landgerichts Rostock ist nach wie vor die einzige Entscheidung, die das Rechtsportal juris zu § 105 InsO und dem Problem der Stromsperre nach Insolvenzeröffnung ausgibt. Sie soll daher hier noch einmal für diejenigen wiedergegeben werden, die in ihrer praktischen Arbeit ein anderes Vorgehen eines Energielieferanten erleben. Nach zutreffender Feststellung des LG Rostock ist eine Stromsperre nach Insolvenzeröffnung unzulässig, wenn die Abschlagszahlung mit Eröffnung wieder aufgenommen wird.
Wirtschaftswoche: „Hamburger Insolvenzrichter wird entmachtet“
Die Wirtschaftswoche hat gestern gemeldet: „Statt Großpleiten zu bearbeiten soll sich der bekannte Hamburger Insolvenzrichter Frank Frind künftig um klassische Zivilverfahren kümmern. Der Fall eines Dönerbudenbetreibers gab den Ausschlag.“ – zum ganzen Beitrag von Henryk Hielscher
AG Hannover: das Scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuchs kann auch schon nach vier Tagen bescheinigt werden, wenn die Summenmehrheit abgelehnt hat
Das Amtsgericht Hannover widerspricht mit Beschluss vom 30.10.2017, 908 IK 820/17 – 8, dem LG Hamburg (Beschl. v. 02.01.2017 – 326 T 149/16, ZVI 2017, 142 mit Anmerkung Butenob). Aus dem Beschluss: „Entgegen der Ansicht des LG Hamburg war es vorliegend möglich, bereits am 30.01.2017, also vier Tage nach Erstellung des Schuldenbereinigungsplans, ein Scheitern zu bescheinigen.
Der Schuldner war entgegen der Ansicht des LG Hamburg nicht verpflichtet, zunächst die Rückmeldung sämtlicher Gläubiger abzuwarten. Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan kommt nur dann zustande, wenn sämtliche Gläubiger ihr Einverständnis erklären. Bereits mit der Ablehnung eines Gläubigers liegt ein Scheitern vor.
Die Ersetzung kann nur im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren erfolgen. (…) Ist für die Schuldenberatungsstelle erkennbar, dass auch für ein solches Verfahren keine Mehrheit nach den Gläubigerrückmeldungen vorliegen wird, kann ein Scheitern bescheinigt werden (mehr …)
LG Stendal: Insolvenzverwalter muss bei Zweifeln am Bestand einer angemeldeten Forderung Widerspruch erheben
LG Stendal, Beschluss vom 12.10.2017, Aktenzeichen 25 T 13/17 – Leitsätze:
- Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet bei Zweifeln am Bestand einer angemeldeten Forderung Widerspruch zu erheben.
- Der pflichtwidrig unterlassene Widerspruch des Insolvenzverwalters stellt eine Pflichtverletzung dar, die seine Entlassung aus wichtigem Grund nach § 59 Abs. 1 InsO rechtfertigen kann.
- Ein Verschulden der sachbearbeitenden Mitarbeiter, die der Insolvenzverwalter mit der Aufgabe der Forderungsanmeldung betraut hat, ist ihm zuzurechnen.
- Die Tiefe der Überprüfung der Forderung ist eine Frage des Einzelfalls. Häufen sich Indizien, die am Bestand der Forderung Zweifel aufkommen lassen, kann der Insolvenzverwalter zu einer tiefergehenden Prüfung der Forderung verpflichtet sein.
Broschüre der LAG SB Berlin: „Wegweiser durch mein Insolvenzverfahren“
Die Kolleg*innen der LAG Schuldnerberatung Berlin haben eine Broschüre mit dem Titel „Wegweiser durch mein Insolvenzverfahren“ erstellt.
Aus dem Vorwort: „Eine Menge Papierkram liegt hinter Ihnen, Sie haben Ihren Insolvenzantrag beim Amtsgericht eingereicht. Was kommt nun auf Sie zu? Was geschieht im Einzelnen? Was müssen Sie tun und beachten?
Diese Broschüre soll Ihnen hierzu einen Überblick geben. Die verschiedenen Verfahrensabschnitte sind farblich gekennzeichnet. (mehr …)
§ 850i ZPO-Anträge im Insolvenzverfahren wirken nicht zurück
Fortwährende Wirkung einer bestehenden Kontenpfändung im eröffneten Insolvenzverfahren
AG Hamburg: Nachzahlungen von Sozialleistungen sind für den Abrechnungszeitraum zu berücksichtigen, für den sie geleistet werden
Das AG Hamburg (Insolvenzgericht) hat am 07.11.2017, 68c IK 651/16, beschlossen:
- Nachzahlungen von Sozialleistungen sind für den Abrechnungszeitraum zu berücksichtigen, für den sie geleistet werden.
- Wird entsprechend eine Nachzahlung von Arbeitslosengeld I den Monaten zugeordnet, für die sie gedacht war, und übersteigt sie in keinem Monat den Freibetrag des Pfändungsschutzkontos, ist die Nachzahlung freizugeben.
Leitsätze von RA Matthias Butenob. Die Entscheidung als pdf. Für Interessierte auch der Antrag des Insolvenzschuldners (ohne Anhänge).
Siehe auch AG Kiel gibt Rentennachzahlung auf gepfändetes P-Konto via § 850k Absatz 4 ZPO frei