BGH zur Haftung des Treuhänders

Hier der Hinweis auf BGH, 16.03.2023 – IX ZR 150/22 mit den Leitsätzen:

  1. Wird dem Schuldner rechtskräftig vorzeitige Restschuldbefreiung erteilt, steht das Vermögen, das der Schuldner nach Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung erwirbt, ihm auch dann zu, wenn das Insolvenzverfahren vor Erteilung der Restschuldbefreiung aufgehoben worden ist; diesen Neuerwerb hat der Treuhänder bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag des Schuldners weiter einzuziehen, für die Masse zu sichern und nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung an den Schuldner herauszugeben (Fortführung von BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 – IX ZB 247/08, BGHZ 183, 258 ff).
  2. Kehrt der Treuhänder den von ihm nach Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung eingezogenen Neuerwerb an die Gläubiger aus statt ihn nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung an den Schuldner herauszugeben, so hat er insoweit persönlich dem Schuldner Schadensersatz zu leisten.

Dabei geht es zum einen um

Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung schlägt Fonds zur Vermeidung von Privatinsolvenzverfahren vor

Umdenken bei Privatinsolvenzen als win:win für Gläubiger, Staat und Schuldner

In Deutschland könnten mit mehr außergerichtlichen Einigungen viele Insolvenzverfahren vermieden werden. Dies würde einerseits die Justiz erheblich entlasten und andererseits psychische, physische und finanzielle Auswirkungen der Überschuldung abmildern. „Während aus wirtschaftlicher Sicht viele Gläubiger ohnehin zum größten Teil auf ihre Forderungen verzichten, können die Kosten des Verfahrens für die Justiz bestehen bleiben. Eine außergerichtliche Einigung kann hier helfen“, betonte die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB) zum Auftakt ihrer Jahrestagung in Freiburg. Die Tagung mit 520 Teilnehmenden ist die größte Veranstaltung, die es zur Sozialen Schuldnerberatung in Deutschland bisher gab.

Bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung entstehen hohe Kosten für das Bundesland – etwa 2.500 Euro pro Verfahren. Die BAG-SB plädierte nun für die Einrichtung eines Fonds, mit dem außergerichtliche Einigungen sowohl für die Gläubiger wie auch für den Staatshaushalt deutlich attraktiver werden.

Konkret schlägt der Verband vor,

Befugnis des Insolvenzverwalters zur Löschung eines Wohnungsrechts des Insolvenzschuldners am eigenen Grundstück

Das kommt wahrlich nicht oft in der Sozialen Schuldnerberatung vor. Aber dem BGH war es eine Pressemitteilung wert:

Der unter anderem für Rechtsbeschwerden in Grundbuchsachen zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Wohnungsrecht, das am eigenen Grundstück besteht, stets pfändbar ist und bei Insolvenz des wohnungsberechtigen Grundstückseigentümers von dem Insolvenzverwalter gelöscht werden kann. – BGH, Beschluss vom 2. März 2023 – V ZB 64/21

Quelle: PM des BGH

Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts

Es gibt einen “Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts (COM(2022) 702 final)” (= BR-Drs. 25/13). Artikel 1 sieht vor:

Diese Richtlinie enthält gemeinsame Vorschriften über

  1. Anfechtungsklagen;
  2. die Aufspürung von zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögenswerten;
  3. Pre-pack-Verfahren;
  4. die Pflicht der Unternehmensleitung, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen;
  5. vereinfachte Liquidationsverfahren für Kleinstunternehmen;

OLG Zweibrücken zu Ansprüchen von Straftatverletzten und Insolvenz des Täters

Hier der Hinweis auf OLG Zweibrücken, 02.11.2022 – 1 Ws 77/22. Leitsätze:

1. Wird vor Abschluss des Entschädigungsverfahrens die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Einziehungsadressaten beschlossen, können die Antragsteller, die die Auskehrung des Verwertungserlöses begehren, gemäß § 459h Abs. 2 Satz 2, § 111i StPO Entschädigung ausschließlich im Insolvenzverfahren erlangen.

2. Die Frage, ob den Antragstellern wegen eines gegen den Einziehungsadressaten erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ein Absonderungsrecht gemäß § 50 InsO zusteht, ist eine originär insolvenzrechtliche und daher nicht von den Strafgerichten zu klären.

UVG-Handlungsleitfaden für die Bearbeiter*innen in den Unterhaltsvorschuss-Stellen zum Verbraucherinsolvenzverfahren

Hier der Hinweis auf die Anfrage unter fragdenstaat.de/anfrage/handlungsleitfadens-zum-verbraucherinsolvenzverfahren/. Verlangt wurde die Herausgabe folgender amtlicher Informationen: “Aktuelle Fassung des Handlungsleitfadens zum Verbraucherinsolvenzverfahren auf den unter dem Punkt 7.10.6. Insolvenz des barunterhaltspflichtigen Elternteils der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG-RL) in der ab 1. Januar 2023 geltenden Fassung verwiesen wird.”

Dem Antrag wurde stattgegeben. Das Ministerium schreibt dazu: “Er [der Leitfaden] wurde zuletzt 2021 aktualisiert. Es handelt sich dabei um einen Handlungsleitfaden für die Bearbeitung von Fällen im Insolvenzverfahren im Bund-Länder-Kreis. Die Handlungsempfehlungen wurden mit Unterstützung des Bundesamtes für Justiz erstellt. Es sind ausschließlich Handlungsempfehlungen für die Bearbeiter*innen in den Unterhaltsvorschuss-Stellen.”

Direkt zum Leitfaden.

Dank an die fragestellende Person und auch an Harald Thomé, der in seinem aktuellen Newsletter darauf hingewiesen und zuvor auch die in der Anfrage genannten Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes veröffentlicht hat.

LG Hildesheim zur EStG-Energiepreispauschale nach neuem Recht

Hier der Hinweis auf LG Hildesheim, Beschluss vom 30.12.2022, 6 T 63/22; hier als PDF. Orientierungssätze von Matthias Butenob:

  1. Ist streitig, ob ein bestimmter Gegenstand gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO der Zwangsvollstreckung unterliegt, entscheidet hierüber auf Antrag das Insolvenzgericht.
  2. Dies gilt aufgrund der Verweisung in § 36 Abs. 1 S. 2 auf § 850ff. ZPO auch für den Antrag des Schuldners, ihm einen Teil seines nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d, 850i ZPO pfändbaren Einkommens zu belassen (BGH NZI 2003, 389).
  3. Der Anspruch auf die EStG-Energiepreispauschale ist – nach „Nachbesserung” durch den Gesetzgeber – nunmehr ausdrücklich unpfändbar (§ 122 Satz 2 EStG), so dass er nicht Gegenstand der Insolvenzmasse ist und sich der Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto dementsprechend in Höhe der – steuerbereinigten – Energiepreispauschale erhöht.
  4. Der gesetzliche Freibetrag von 1.340,00 € war damit für den Monat September 2022 um die an den Schuldner ausgezahlte (steuerbereinigte) Energiepreispauschale auf 1.572,42 € zu erhöhen.

Nicht problematisiert wurde, dass der Antrag des Schuldners schon vom 1.9.2022 und die aufgehobene erstinstanzliche Entscheidung vom 4.11.2022 datierte.

Offenbar ging das Landgericht – unausgesprochen – von folgendem aus (zitiert nach BGH 10.08.2022 – VII ZB 5/22; Fett hier):

Änderung der Verbraucherinsolvenzformularverordnung tritt morgen in Kraft

Vor gut drei Wochen hatten wir auf eine anstehende Änderung der VbrInsFV hingewiesen (Verbraucherinsolvenzformularverordnung: Änderung der Fußzeile mit der Fassungsangabe).

Nun ist es soweit: die Änderung wurde heute als Artikel 3 der “Verordnung zur Ablösung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung und zur Änderung der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung” im Bundesgesetzblatt (BGBl. I Nr. 52, Seite 2368 bzw. 2410) verkündet.

Damit tritt die Änderung nach Artikel 4 Abs. 1 der Verordnung morgen in Kraft.

Was ist mit den Anträgen, die vielleicht noch die alte Fußzeile enthalten?