BAKinso e. V.: Stellungnahme zur Länderumfrage „Modernisierung des Insolvenzrechtes“ des Bayrischen Staatsministeriums für Justiz v. 28.10.2021

Der Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte (BAKinso e.V.) hat eine Länderumfrage des Bayrischen Staastministeriums veröffentlicht und seine Stellungnahme dazu. Die Stellungnahme ist auch in der aktuellen ZVI (Seite 41) zu finden.

Einige Themen:

  • Einführung einheitlicher Antrags- und Verzeichnis-Formulare auch in IN-Verfahren
  • Übertragung der IK-Verfahren auf die Rechtspfleger
  • Straffung des Verfahrensablaufs bei Restschuldbefreiung
  • Klarstellung hinsichtlich der Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen (mehr …)

LSG Thüringen: Nach Erteilung der Restschuldbefreiung ist eine Aufrechnung / Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I grundsätzlich nicht mehr möglich

Thüringer Landessozialgericht, 08.06.2021, L 12 R 331/18. Aus der Entscheidung:

“(Rn. 34): Im Zeitpunkt des Erlasses des vorliegend angefochtenen Verrechnungsbescheids vom 9. Juni 2015 fehlte es an einer Verrechnungslage analog § 387 BGB. Infolge der mit Beschluss des AG G. vom 10. Oktober 2012 – 8 IN 517/017 erteilten Restschuldbefreiung hat sich die Beitragsforderung der Beigeladenen in eine Naturalobligation, d. h. in eine unvollkommene Verbindlichkeit umgewandelt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 KR 19/14 R und BSG, Urteil vom 14. März 2013 – B 13 R 5/11 R). Die Forderung ist weiterhin erfüllbar, eine Erfüllung kann aber nicht erzwungen werden bzw. rechtlich durchgesetzt werden. Eine unvollkommene Verbindlichkeit ist tauglicher Rechtsgrund, die Erfüllung einer Forderung zu behalten, sie ist aber nicht geeignet Erfüllung verlangen zu können. Eine solche Verbindlichkeit begründet keine Verrechnungslage analog § 387 BGB. Ob die Restschuldbefreiung von Amts wegen oder nur auf Einrede – wie bei der Verjährung – zu beachten ist, kann vorliegend dahinstehen. Der Kläger hat schon im Anhörungsverfahren darauf hingewiesen, dass die erteilte Restschuldbefreiung einer Verrechnung entgegenstehe. (mehr …)

BGH zur Versagung der Restschuldbefreiung wegen unrichtiger Angaben in einem Vergleichsangebot

Die Entscheidung BGH, 18.11.2021, IX ZB 1/21, dürfte Pflichtlektüre sein. Der gerichtliche Leitsatz lautet:

Unrichtige schriftliche Angaben des Schuldners über seine wirtschaftlichen Verhältnisse in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens können auch dann zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen, wenn sie im Rahmen eines Vergleichsangebots erfolgen.

Aus der Entscheidung:

Eine schriftliche Erklärung des Schuldners liegt auch dann vor, wenn er die entsprechenden Erklärungen nicht selbst formuliert hat, sondern durch einen Dritten hat abfassen lassen. Der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO setzt kein vom Schuldner unterzeichnetes eigenhändiges Schriftstück voraus. (mehr …)

AG Ludwigshafen zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO

In den frisch erschienenen aktuellen Ausgabe der BAG-SB Informationen wird u.a. die Entscheidung AG Ludwigshafen, Beschluss 3a IK 67/14 Sp vom 26.04.2021 vorgestellt.

Mit diesem Beschluss hat das AG Ludwigshafen diverse Anträge, einem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, abgelehnt. Der Beitrag ist auch unter www.butenob.de/m/bag-2021-206 nachlesbar.

AG Dortmund: auch im Fall des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO aF (vorzeitige Restschuldbefreiung nach 5 Jahren) muss die Berichtigung bereits innerhalb der 5 Jahre erfolgt sein

Das AG Dortmund widerspricht LG Darmstadt, 17.06.2021, 5 T 146/21 (dazu: unsere Meldung vom 30.7.2021).

Siehe Amtsgericht Dortmund, 260 IK 90/16, 20.10.2021. Daraus:

“Gem. der Vorschrift des § 300 Abs. 1 S. 2 InsO geht die Tilgung der Kosten (dort S.2, 1. Hs.) den Möglichkeiten/Zeitpunkten der Verkürzung des Verfahrens (dort S. 2, 2. Hs. Ziff. 1 – 3) voran, so dass die Tilgung der Kosten vor den jeweiligen Zeitpunkten der unter Ziff. 1 – 3 genannten Möglichkeiten/Fristen als zwingende Voraussetzung zur Erlangung einer vorzeitigen Restschuldbefreiung anzusehen ist. (mehr …)

BGH zur Rücknahme eines Restschuldbefreiungsantrags

BGH, Beschluss vom 15. Juli 2021 – IX ZB 33/20 – Leitsatz:

Hat ein Gläubiger in einem asymmetrischen Verfahren in dem zur Anhörung der Gläubiger anberaumten Termin oder innerhalb der stattdessen gesetzten einheitlichen Erklärungsfrist einen zulässigen Versagungsantrag gestellt, kann der Schuldner seinen
Antrag auf Restschuldbefreiung nur noch mit Zustimmung dieses Gläubigers zurücknehmen.

InsO § 289 Abs. 1 aF, § 290 Abs. 1 Nr. 1 aF, § 300 Abs. 1 aF

LG Darmstadt zur vorzeitige Restschuldbefreiung nach 5 Jahren (§ 300 I 2 Nr. 3 InsO aF)

Hier der Hinweis auf LG Darmstadt, 17.06.2021, 5 T 146/21. Orientierungssatz:

Im Fall des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO (vorzeitige Restschuldbefreiung nach 5 Jahren) muss die Berichtigung nicht bereits innerhalb der 5 Jahre erfolgt sein.

Aus der Entscheidung: “Der Gesetzeswortlaut der Alternative der Nr. 3 enthält – im Unterschied zur Alternative der Nr. 2 – keinerlei konkrete und abschließende Frist für (die Antragstellung oder) die Zahlung der Kosten des Verfahrens. Die Vorgabe „innerhalb dieses Zeitraums“ o.ä. steht weder am Anfang des zweiten Satzes des § 300 Abs. 1 InsO (dann würde sie alle drei Alternativen betreffen), noch steht die gleiche oder auch nur eine ähnliche Zeitvorgabe für die Berichtigung in der dritten Alternative (fünf Jahre).

Nur die Alternative der Nr. 2 – die hier jedoch nicht anwendbar ist – enthält eine solche Vorgabe („und … innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist“).

OLG Schleswig: Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im “Insolvenzbekanntmachungsportal” veröffentlicht sein dürfen

Ein Insolvenzschuldner hat einen Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG, wenn sie diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen. – Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21, Revision ist zugelassen.

Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig (mehr …)

LG Bielefeld zur Unverhältnismäßigkeit der Versagung der Restschuldbefreiung

Hier der Hinweis auf Landgericht Bielefeld, 23 T 622/20, Beschluss 13.1.2021. Das LG hat die Versagung der Restschuldbefreiung geändert und die Restschuldbefreiung erteilt. Aus dem Beschluss:

“Zwar ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Schuldner für die Zeiträume vom 01.02. – 14.04.2019 sowie vom 18.06. – 30.06.2019 trotz mehrfacher Aufforderung … zunächst keine Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen gemacht hat und dadurch seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 97 Abs. 1 InsO zumindest grob fahrlässig verletzt hat. (…)

Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durfte jedoch die harte Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung nicht verhängt werden, da (mehr …)