PM des Amtsgerichts Hamburg: “Das Amtsgericht Hamburg warnt vor einer neuen Betrugsmasche mit gefälschten „Pfändungsbeschlüssen“, mit denen die Empfänger zur Bezahlung vermeintlicher Schulden aufgefordert werden. Zugleich wird den Empfängern mit Gefängnis in Form einer „Ersatzfreiheitsstrafe“ gedroht. Die Fälschungen tragen das Hamburgische Landeswappen und den Namen einer fiktiven Obergerichtsvollzieherin aus Hamburg. Seit Mitte August haben sich zahlreiche Empfänger solcher Schreiben beim Amtsgericht Hamburg gemeldet, was einen massenhaften Versand im gesamten Bundesgebiet befürchten lässt. (mehr …)
Zwangsvollstreckung
BAG zur (Un-)Pfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung
PM des Bundesarbeitsgerichts: “Zahlt ein Arbeitgeber, der nicht dem Pflegebereich angehört, freiwillig an seine Beschäftigten eine Corona-Prämie, ist diese Leistung als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, wenn ihr Zweck in der Kompensation einer tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt, soweit die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt. (mehr …)
AG Norderstedt zum P-Konto: dauerhafte Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrages ohne vorherige Lohnpfändung möglich
Hier der Hinweis auf AG Norderstedt, Beschluss vom 11.10.2021 – 68 M 2057/18 – amtliche Leitsätze:
- Erfolgen nach Kontopfändung ständig in der Höhe schwankende Lohnzahlungen auf
das Pfändungsschutzkonto, ohne dass auch bei dem Arbeitgeber eine Lohnpfändung ausgebracht wurde, muss nicht für jeden Monat eine individuelle Pfändungsfreigabe beantragt werden. - Stattdessen kommt in Betracht, einen auf Dauer angelegten pfändungsfreien Betrag
zu bestimmen, der sich an den höheren oder auch höchsten Lohnzahlungen an den
Schuldner orientiert.
Der Beschluss erging noch zur alten Rechtslage nach § 850k Abs. 4 ZPO aF, dürfte aber auf den § 906 ZPO übertragbar sein.
Freigabe von Kinderbonus, Heizkostenzuschuss und Energiepauschale 2022 über die P-Konto-Bescheinigung?
Hier der Hinweis auf den Beitrag von Birgit Knaus zur Frage “Freigabe von Kinderbonus, Heizkostenzuschuss und Energiepauschale 2022 über die P-Konto-Bescheinigung?” unter www.infodienst-schuldnerberatung.de/bescheinigung-sonderzahlungen-2022/.
Siehe dazu auch www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/forum/viewtopic.php?t=86.
RefE Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung
Das BMJ hat einen Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung veröffentlicht.
Siehe ausführlich auf der Seite des BMJ: www.bmj.de/…/ZwangsvollstreckungsformularVO_Aenderung.html
Die BAG-SB hat dazu Stellung genommen.
OLG Karlsruhe zum Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung: Entreicherungseinwand in Altfällen bleibt möglich
Der § 459g Abs. 5 StPO wurde bekanntlich mit Wirkung zum 1.7.2021 geändert, nämlich der Fall der Entreicherung (“soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist”) gestrichen (Synopse). Das ist sehr problematisch – siehe Stellungnahme der BAG-SB.
Zumindest für die Altfälle weist nun das OLG Karlsruhe, 25.05.2022 – 1 Ws 122/22, einen Lösungsweg. Aus der Entscheidung:
“II.2 Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und anzuordnen, dass die weitere Vollstreckung des mit Urteil des Landgerichts S. vom 18.06.2021 angeordneten Verfalls von Wertersatz i.H.v. 265.300 € unterbleibt, weil die Strafvollstreckungskammer ihrer Entscheidung nicht das für diesen Fall gem. § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 StGB anzuwendende mildeste Gesetz (§ 459g StPO a.F.) zugrunde gelegt hat (mehr …)
Hier ist die neue Pfändungstabelle 2022!
Zum ersten Mal gibt es in einem geraden Jahr eine neue Pfändungstabelle. Dies deshalb, weil nach § 850c Abs. 4 ZPO nun jährlich einen neue Tabelle erscheint und nicht mehr alle zwei Jahre. Heute wurde die neue Tabelle bekannt gemacht und zwar im Bundesgesetzblatt 2022 I Nr. 18, Seite 825. Eine druckbare Version wird es bald unter https://offenegesetze.de/veroeffentlichung/bgbl1/2022/18 geben.
Die Beträge wurden um über 6% angehoben! Ab 01.07.2022 gilt:
- Der unpfändbare Betrag nach § 850c ZPO für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten steigt von aktuell 1.252,64 Euro auf 1.330,16 Euro.
- Der Erhöhungsbetrag für die erste Unterhaltspflicht steigt von 471,44 Euro auf 500,62 Euro.
- Für die zweite bis fünfte Unterhaltspflicht steigt der Erhöhungsbeitrag von 262,65 Euro auf 278,90 Euro.
Wie immer gibt es auch dieses Mal wieder unsere beliebte Übersichtstabelle in 100er-Schritten und gerundeten Zahlen. Diese sieht so aus: (mehr …)
Pfändungstabelle 2022: steigt der Pfändungsfreibetrag auf 1.330,16 Euro?
So manche fragen sich: Wann kommt die neue Pfändungstabelle? Immerhin soll diese sich nunmehr jährlich ändern (vgl. § 850c Abs. 4 ZPO).
An dieser Stelle ist beachtlich, dass der Finanzausschuss sich am 25.4.2022 mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 (Drs. 20/1333) befassen wird. Dort ist vorgesehen, den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro anzuheben. Die Änderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten!
Das hätte folgende Auswirkungen auf die neue Pfändungstabelle ab 1.7.2022:
Grundfreibetrag nach § 32a EStG | Pfändungsfreibeträge (Monatswerte) | ||||
absolut | in % zum Vorwert | ohne Unterhaltspflicht | 1 Unterhalt | 2 – 5 Unterhalt | |
2019 | 9.168 € | – | 1.178,59 € | + 443,57 € | + 247,12 € |
2021 | 9.744 € | 106,28 % | 1.252,64 € | + 471,44 € | + 262,65 € |
2022 | 9.984 € | 102,46 % | 1.283,49 € | + 483,05 € | + 269,11 € |
2022-Entwurf | 10.347 € | 106,19 % | 1.330,16 € | + 500,61 € | + 278,90 € |
Mit andern Worten: es ist davon auszugehen, dass das BMJ das Gesetz abwartet und erst danach die neue Pfändungstabelle herausgeben wird. Ein Warten, welches sich lohnt. Bislang würde der Pfändungsfreibetrag (ohne Unterhaltspflicht) nur gute 30 Euro steigen, nunmehr winken weitere fast 50 Euro.
BGH zur Aufhebung der Verstrickung (Kontopfändung) in der Wohlverhaltensphase
BGH, 02.12.2021, IX ZB 10/21 – Leitsatz
Die Verstrickung einer gepfändeten Forderung kann während des Restschuldbefreiungsverfahrens dadurch beseitigt werden, dass das Vollstreckungsgericht die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben (Fortführung von BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – IX ZB 14/20)
vgl. https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=verstrickung
LG Baden-Baden zur Pfändbarkeit eines PKW: Erforderlich im Sinne des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF bedeutet nicht unentbehrlich; es ist ausreichend, wenn der Gegenstand zur Erreichung des Normzwecks nötig ist
Hier der Hinweis auf Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 19.09.2021 – 3 T 28/21.
Es ging um ein PKW und ob dieser im konrekten Fall unter § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF fällt. Eine lesenswerte Entscheidung. Die Ausgangslage war nämlich wie folgt: “Zwar ist dem Amtsgericht zuzugeben, dass der PKW zum bloßen Erreichen der Arbeitsstätte des Ehemannes nicht erforderlich erscheint. Da dieser über ein Fahrrad verfügt, kann er seine Arbeitsstelle mit dem Rad aufsuchen ….”
Warum das Landgericht dennoch im Ergebnis von einer Unpfändbarkeit ausging, kann hier und hier nachgelesen werden. Selbstredend ist das eine Einzelfallentscheidung, ist aber ggf. dennoch hilfreich.
Der damalige § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist heute in § 811 Abs. 1 Nr. 1 b) ZPO geregelt – vgl. die Synopse (buzer.de).
Dazu in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27636), S. 29: (mehr …)