RefE Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung

Das BMJ hat einen Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung  sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung veröffentlicht.

Siehe ausführlich auf der Seite des BMJ: www.bmj.de/…/ZwangsvollstreckungsformularVO_Aenderung.html

Die BAG-SB hat dazu Stellung genommen.

OLG Karlsruhe zum Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung: Entreicherungseinwand in Altfällen bleibt möglich

Der § 459g Abs. 5 StPO wurde bekanntlich mit Wirkung zum 1.7.2021 geändert, nämlich der Fall der Entreicherung (“soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist”) gestrichen (Synopse). Das ist sehr problematisch – siehe Stellungnahme der BAG-SB.

Zumindest für die Altfälle weist nun das OLG Karlsruhe, 25.05.2022 – 1 Ws 122/22, einen Lösungsweg. Aus der Entscheidung:

“II.2 Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und anzuordnen, dass die weitere Vollstreckung des mit Urteil des Landgerichts S. vom 18.06.2021 angeordneten Verfalls von Wertersatz i.H.v. 265.300 € unterbleibt, weil die Strafvollstreckungskammer ihrer Entscheidung nicht das für diesen Fall gem. § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 StGB anzuwendende mildeste Gesetz (§ 459g StPO a.F.) zugrunde gelegt hat (mehr …)

Hier ist die neue Pfändungstabelle 2022!

Zum ersten Mal gibt es in einem geraden Jahr eine neue Pfändungstabelle. Dies deshalb, weil nach § 850c Abs. 4 ZPO nun jährlich einen neue Tabelle erscheint und nicht mehr alle zwei Jahre. Heute wurde die neue Tabelle bekannt gemacht und zwar im Bundesgesetzblatt 2022 I Nr. 18, Seite 825. Eine druckbare Version wird es bald unter https://offenegesetze.de/veroeffentlichung/bgbl1/2022/18 geben.

Die Beträge wurden um über 6% angehoben! Ab 01.07.2022 gilt:

  • Der unpfändbare Betrag nach § 850c ZPO für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten steigt von aktuell 1.252,64 Euro auf 1.330,16 Euro.
  • Der Erhöhungsbetrag für die erste Unterhaltspflicht steigt von 471,44 Euro auf 500,62 Euro.
  • Für die zweite bis fünfte Unterhaltspflicht steigt der Erhöhungsbeitrag von 262,65 Euro auf 278,90 Euro.

Wie immer gibt es auch dieses Mal wieder unsere beliebte Übersichtstabelle in 100er-Schritten und gerundeten Zahlen. Diese sieht so aus: (mehr …)

Pfändungstabelle 2022: steigt der Pfändungsfreibetrag auf 1.330,16 Euro?

So manche fragen sich: Wann kommt die neue Pfändungstabelle? Immerhin soll diese sich nunmehr jährlich ändern (vgl. § 850c Abs. 4 ZPO).

An dieser Stelle ist beachtlich, dass der Finanzausschuss sich am 25.4.2022 mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 (Drs. 20/1333) befassen wird. Dort ist vorgesehen, den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 Euro um 363 Euro auf 10.347 Euro anzuheben. Die Änderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten!

Das hätte folgende Auswirkungen auf die neue Pfändungstabelle ab 1.7.2022:

Grundfreibetrag
nach § 32a EStG
Pfändungsfreibeträge
(Monatswerte)
absolutin % zum Vorwertohne Unterhaltspflicht1 Unterhalt2 – 5 Unterhalt
20199.168 €1.178,59 €+ 443,57 €+ 247,12 €
20219.744 €106,28 %1.252,64 €+ 471,44 €+ 262,65 €
20229.984 €102,46 %1.283,49 €+ 483,05 €+ 269,11 €
2022-Entwurf10.347 €106,19 %1.330,16 €+ 500,61 €+ 278,90 €

Mit andern Worten: es ist davon auszugehen, dass das BMJ das Gesetz abwartet und erst danach die neue Pfändungstabelle herausgeben wird. Ein Warten, welches sich lohnt. Bislang würde der Pfändungsfreibetrag (ohne Unterhaltspflicht) nur gute 30 Euro steigen, nunmehr winken weitere fast 50 Euro.

BGH zur Aufhebung der Verstrickung (Kontopfändung) in der Wohlverhaltensphase

BGH, 02.12.2021, IX ZB 10/21 – Leitsatz

Die Verstrickung einer gepfändeten Forderung kann während des Restschuldbefreiungsverfahrens dadurch beseitigt werden, dass das Vollstreckungsgericht die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben (Fortführung von BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – IX ZB 14/20)

vgl. https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/?s=verstrickung

LG Baden-Baden zur Pfändbarkeit eines PKW: Erforderlich im Sinne des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF bedeutet nicht unentbehrlich; es ist ausreichend, wenn der Gegenstand zur Erreichung des Normzwecks nötig ist

Hier der Hinweis auf Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 19.09.2021 – 3 T 28/21.

Es ging um ein PKW und ob dieser im konrekten Fall unter § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aF fällt. Eine lesenswerte Entscheidung. Die Ausgangslage war nämlich wie folgt: “Zwar ist dem Amtsgericht zuzugeben, dass der PKW zum bloßen Erreichen der Arbeitsstätte des Ehemannes nicht erforderlich erscheint. Da dieser über ein Fahrrad verfügt, kann er seine Arbeitsstelle mit dem Rad aufsuchen ….”

Warum das Landgericht dennoch im Ergebnis von einer Unpfändbarkeit ausging, kann hier und hier nachgelesen werden. Selbstredend ist das eine Einzelfallentscheidung, ist aber ggf. dennoch hilfreich.

Der damalige § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist heute in § 811 Abs. 1 Nr. 1 b) ZPO geregelt – vgl. die Synopse (buzer.de).

Dazu in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27636), S. 29: (mehr …)

Bescheinigungen des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ nach SGB II und SGB XII

Hier der Hinweis auf das Update von Dieter Zimmermann mit den neuen 2022-Zahlen: www.infodienst-schuldnerberatung.de

Im Rahmen des Schuldnerschutzes bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie bei privilegierten Aufrechnungen/Verrechnungen von Sozialleistungen ist der Nachweis des „sozialrechtlichen Existenzminimums“ insbesondere in nachfolgend beschriebenen Fallgestaltungen von Bedeutung. (mehr …)

Index der gerichtlichen Zwangsvollstreckung 2021

In diesem Beitrag wird der Index der gerichtlichen Zwangsvollstreckung weitergeschrieben. Der Index beschreibt den Vollstreckungsdruck gegenüber Privathaushalten.

BGH zur Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers bei Schuldnerpflicht zur Zutrittsgewährung zu einer Stromabnahmestelle und Duldung deren Sperrung durch Wegnahme des Stromzählers

BGH, 17.06.2021, I ZB 68/20 – Leitsätze:

  1. Ein Titel, der den Schuldner verpflichtet, Zutritt zu einer Stromabnahmestelle zu gewähren und deren Sperrung durch Wegnahme des Stromzählers zu dulden, kann insgesamt nach § 892 ZPO durch Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers vollstreckt werden.
  2. Für eine Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO reicht es aus, wenn der Gläubiger eine dem Schuldner zurechenbare Widerstandshandlung als bevorstehend behauptet. Es ist nicht erforderlich, dass der Gläubiger zu erwartenden Widerstand nachweist oder glaubhaft macht.
  3. Im Falle einer ergänzenden Handlungspflicht des Schuldners kann der Widerstand nicht nur in einem aktiven Tun, sondern auch in einem Unterlassen bestehen.
  4. Soweit ein Duldungstitel den Schuldner auch dazu verpflichtet, Zutritt zu einem Raum zu gewähren, ist für eine Vollstreckung dieser ergänzenden Handlungspflicht nach § 892 ZPO erforderlich, dass der Schuldner zumindest Mitgewahrsam an diesem Raum hat. Andernfalls richtet sich die Zwangsvollstreckung insoweit nicht gegen ihn und fehlt es an einer Widerstandsleistung des Schuldners im Sinne von § 892 ZPO.

BAG: Beiträge zur Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung mindern das pfändbare Einkommen

Hier der Hinweis auf Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Oktober 2021 – 8 AZR 96/2. Aus der Pressemitteilung des Gerichts:

“Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeitnehmer/in eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgeltumwandlung für seine/ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. (mehr …)