Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 verkündet: höhere Inkassokosten ab 1.7.2025

Heute wurde das Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 verkündet, BGBl. 2025 I Nr. 109 vom 10.04.2025.

Wir hatten auf dieses Gesetz schon am 24.3.2025 hingewiesen. Dies vor dem Hintergrund, dass dort auch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geändert wird. Siehe Erhöhung von RA- und Justizkosten

Die 1,0-Gebühr nach § 13 RVG steigt für Streitwerte bis 500 Euro von aktuell 49 Euro auf dann 51,50 Euro und für Streitwerte bis 1.000 Euro von 88 Euro auf 93 Euro.

Da die Inkassokosten oftmals an die RA-Kosten angelegt sind (vgl. § 13e RDG und 8.1 in „Forderungsprüfung und Inkassokosten“ von Seethaler / Maltry / Zimmermann im BAG-SB-Eigenverlag) wird dies auch Auswirkungen auf jene haben.

Nach Artikel 13 des Gesetzes wird diese Änderung zum 1.7.2025 in Kraft treten.

Koalitionsvertrag: „Wir stärken (…) eine kostenlose Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt.“

Heute wurde der neue Koalitionsvertrag vorgestellt, der zB unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag_2025.pdf abrufbar ist.

Ab Zeile 1289 heißt es

Wir stärken in Absprache mit den Ländern den vorsorgenden Verbraucherschutz, die nicht interessengeleitete Verbraucherbildung (Ernährung, Finanzen, Digitales) und eine kostenlose Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt.

Dazu die PM der BAG-SB: Schuldenberatung begrüßt klare Weichenstellung im Koalitionsvertrag

Daraus: „Die soziale Schuldnerberatung, die niemanden ausschließt, soll gestärkt werden. Damit greifen die wahrscheinlichen Koalitionspartner eine langjährige Forderung aus der Schuldenberatung auf – und nehmen laut Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB) zugleich ihre Verantwortung ernst, der notwendigen Umsetzung der europäischen Verbraucherkreditrichtlinie in nationales Recht nachzukommen. Die politische Anerkennung privater Überschuldung als reales soziales Problem sieht die BAG-SB als bedeutsames positives Signal. (…)

Die BAG-SB verbindet mit dem Koalitionsvertrag die klare Erwartung, dass auf die Ankündigung nun auch konkrete Maßnahmen folgen. Besonders Länder und Kommunen seien gefragt, den Ausbau der Beratungsangebote strukturell zu unterstützen – und dabei auf klar definierte fachliche Qualitätsstandards zu setzen. Zugleich ruft die BAG-SB erneut dazu auf, die Wirtschaft als verlässlichen Partner in die Finanzierung der Beratungsinfrastruktur einzubeziehen. (…)“

Quelle und mehr: https://www.bag-sb.de/fileadmin/user_upload/1_Fachverband/Positionen/2025_Positionen/2025_04_09_Staat_macht_Schulden_2025.pdf

BAG-SB Innovationspreis 2025: Zusammenspiel von Suchthilfe und Schuldenberatung

Zur Jahresfachtagung lobt die BAG-SB einen Innovationspreis aus, um den Mut zu belohnen, neue Konzepte auszuprobieren, frischen Wind in die Beratungspraxis zu bringen und weitere Zielgruppen zu erreichen. Im Jahr 2025 ist der Schwerpunkt das Zusammenspiel von Suchthilfe und Schuldenberatung. 

„Welches Arbeitsmittel, welche Methode, welches Setting oder welches Projekt ist besonders geeignet, um Menschen, die finanzielle Schwierigkeiten und eine (überwundene) Suchterkrankung haben, zu unterstützen? Wo gibt es innovative Pilotprojekte oder wo bräuchte es diese? Welches Wissen lässt sich besonders gut teilen, um Ratsuchenden zu helfen? 

Wenn Sie ein Projekt, eine Webseite, ein Video oder eine Beratungskraft kennen, die eine gelingende Zusammenarbeit von Suchthilfe und Schuldenberatung besonders gut veranschaulicht, senden Sie uns Ihren Beitrag und gewinnen Sie!“

Mehr Informationen unter www.bag-sb.de/innovation2025. Achtung: Einsendeschluss ist 10.04.2025.

81.309 Verbraucherinsolvenzverfahren in 2024

Das Statistische Bundesamt meldet in der PM Nr. 096 vom 14.3.2025: „Im Jahr 2024 gab es 71 207 Verbraucherinsolvenzen. Damit stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um 6,5 % gegenüber dem Jahr 2023.“

Ruft man dann allerdings die Tabelle 52411-0081 auf, sieht man, dass dort einzig die „Verbraucher“ gezählt sind, nicht aber die „Ehemals selbstständig Tätigen mit vereinfachtem Verfahren“. Davon gab es in 2024 immerhin auch 10.102.

Versteht man allerdings richtigerweise unter Verbraucherinsolvenzverfahren die Verfahren nach § 304 InsO, sind auch diese ehemals Selbstständigen mitzuzählen (vgl. Absatz 1 Satz 2). Dann ergibt sich eine Gesamtsumme von 81.309 Verfahren. Dies ist ein Plus von 6,57% (in 2023 gab es 66.887 Verbraucher und 9.407 ehemals selbstständig Tätigen mit vereinfachtem Verfahren, also insgesamt 76.294).

Zu den Hamburger Zahlen zu 2024 siehe: Statistikamt Nord: Verbraucherinsolvenzen in Hamburg 2024

OLG Frankfurt/M.: Die Zahlung auf eine Geldauflage zur Einstellung eines Strafverfahrens kann insolvenzrechtlich angefochten werden

Aus der PM des OLG Frankfurt/M. vom 15.1.2025 zum Urteil vom selben Tag, Az. 4 U 137/23: „Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat heute entschieden, dass auch von der Strafjustiz beschlossene Geldauflagen insolvenzrechtlich angefochten und zurückgefordert werden können. Das Land ist dabei auch für Zahlungen, die nicht der Landeskasse, sondern gemeinnützigen Einrichtungen zugutekommen, richtiger Anfechtungsgegner. (…)

Eine insolvenzrechtlich relevante Rechtsbeziehung bestehe trotz einer Geldauflage für eine gemeinnützige Einrichtung nur zwischen dem Angeklagten eines Strafverfahrens und der Strafjustiz des Landes. Der Angeklagte wollte ausschließlich an das Land leisten, damit dessen Strafjustiz das gegen ihn gerichtete Strafverfahren einstellt. (…)

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Rechtslage hinsichtlich der Möglichkeit der Insolvenzanfechtung von Geldauflagen unklar sei.“

In der Entscheidung wird auch der Beschluss LG Bonn vom 22.05.2017 – 27 Qs 5/17 genannt. Leitsatz 1: „Die infolge einer insolvenzrechtlichen Anfechtung erfolgte Rückzahlung einer im Rahmen einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO geleisteten Geldauflage hat nicht ein Wiederaufleben des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs zur Folge. Diesem steht vielmehr der in § 153a Abs. 1 S. 5 StPO normierte beschränkte Strafklageverbrauch entgegen.“ (anders: Geldstrafe, vgl. BGH 14.10.2010, IX ZR 16/10)

iff zum Thema „Finanzielle Gewalt“

Hier der Hinweis auf den lesenswerten Beitrag www.iff-hamburg.de/2025/04/02/finanzielle-gewalt-medien-greifen-engagement-und-expertise-des-iff-auf/ des instituts für finanzdienstleistungen (iff) und auf die dort genannten Stellungnahme.

Der dortige Beginn: „Finanzielle Gewalt ist eine Form von Missbrauch, bei der finanzielle Kontrolle ausgeübt wird und ökonomische Überlegenheit als Machtmittel eingesetzt wird. Sie tritt oft in engen zwischenmenschlichen Beziehungen auf, wie beispielsweise in Partnerschaften oder Familienverhältnissen und wirkt sich negativ auf die finanzielle Situation einer Person (in der Regel Frauen) aus.“

AG Köln zum gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan und Deliktsforderungen

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des AG Köln vom 04.06.2024, 70a IK 331/23. Deren Leitsatz 3 lautet:

Forderungen wegen Geldstrafen und gleichgestellten Verbindlichkeiten, die nach § 302 Nr. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind, stehen der Durchführung des gerichtlichen Schuldenbefreiungsverfahrens nicht entgegen. Solche Forderungen sind aber über den Schuldenbereinigungsplan nicht im Sinne eines zivilrechtlichen Vergleichs gemäß § 308 Abs. 1 S. 2 InsO gestaltbar. Es ist deshalb grundsätzlich erforderlich, dass eine solche Forderung entweder vollständig aus den Planregelungen herausgenommen wird oder aber eine Klausel enthält, dass die Restforderung entsprechend § 302 InsO nicht mit Erfüllung des Plans erlischt bzw. ihre Durchsetzbarkeit verliert.

nak: Es gilt, die aktuell bestehende Kausalität „Armut macht krank, Krankheit macht arm“ endlich aufzulösen

Die Nationale Armutskonferenz ruft die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages zu einer aktiven Politik der Armutsbekämpfung auf.

www.nationale-armutskonferenz.de/2025/03/27/positionen-und-vorschlaege-zu-gesundheitsbezogenen-aspekten-der-armut-in-deutschland/

Es gilt, die aktuell bestehende Kausalität „Armut macht krank, Krankheit macht arm“ endlich aufzulösen. Dazu benötigt es konkrete Handlungen in unterschiedlichen Bereichen der Gesundheitsvorsorge und -versorgung für armutsgefährdete und -betroffene Menschen.

Im Positionspapier finden Sie hierzu konkrete Vorschläge, die den Fraktionsvorsitzenden zugesendet wurden.
25-03-27 Positionspapier Armut macht krank

Die Zwischenüberschriften

  • Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes
  • Kindergesundheit und Überwindung von Armut in Familien
  • Gesundheit wohnungsloser Menschen
  • Suizidprävention

Ansen / Peters: Alleinerziehende und Schuldnerberatung

Mitte Januar hatten wir unter Familienbericht: Armutsgefährdung von Alleinerziehenden auf den 10. Familienbericht hingewiesen.

Nun liegen diverse Expertisen öffentlich vor, etwa Harald Ansen und Sally Peters „Alleinerziehende und Schuldnerberatung“. Das iff berichtet: „Die Analyse macht deutlich: Überschuldung ist für viele Alleinerziehende kein individuelles Versagen, sondern Ausdruck struktureller Benachteiligung. Alleinerziehende sind überdurchschnittlich häufig von Armut, prekären Beschäftigungsverhältnissen und finanziellen Engpässen betroffen.“ – Quelle und mehr.

Die vollständige Expertise ist hier abrufbar: https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/10_Familienbericht/DJI_Expertise_Alleinerziehende_Schuldnerberatung.pdf

Auf der Seite des Deutschen Jugendinstituts stehen noch weitere Expertisen zum Download bereit, zum Beispiel Susanne Dern und Maria Wersig, „Rechtswissenschaftliches Kurzgutachten. Alleinerziehende und SGB II Leistungen.

BAG zum Einwurf-Einschreiben als Nachweis des Zugangs

Hier der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24. Daraus (Rn. 19ff)

  • Die Vorlage des Einlieferungsbelegs begründet keine gegenüber einfachen Briefen – bei denen kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung besteht (…) – signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit für den Zugang der Sendung beim gewollten Empfänger des Einwurf-Einschreibens. Da durch die Absendung eines Schreibens nicht der Nachweis seines Zugangs erbracht werden kann, ist der Einlieferungsbeleg für die Frage des Zugangs ohne Bedeutung.
  • Der Ausdruck des Sendungsstatus, auf dem dieselbe Sendungsnummer wie auf dem Einlieferungsbeleg sowie das Zustelldatum vermerkt sind, bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr für einen Zugang. In diesem Fall lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom Bundesgerichtshof beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde. Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.
  • Für dieses Ergebnis spricht ferner, dass der von der Beklagten vorgelegte Sendungsstatus weder erkennen lässt, an wen die Zustellung erfolgt sein soll (persönlich an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder Einwurf in den Hausbriefkasten), noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Zustellbezirk. Würde ein solcher Sendungsstatus, der auch die Person des Zustellers in keiner Weise kenntlich macht, für einen Anscheinsbeweis genügen, hätte der vermeintliche Empfänger der Sendung – anders als bei dem Einwurf eines Schreibens in den Hausbriefkasten durch einen Boten – praktisch keine Möglichkeit, ihn zu erschüttern oder gar einen Gegenbeweis anzutreten. Demgegenüber hatte die Beklagte als Absenderin die Möglichkeit, die Reproduktion eines Auslieferungsbelegs anzufordern. Hierzu bestand innerhalb der von ihr angegebenen Frist von 15 Monaten, in denen die Deutsche Post AG die Kopien speichert, auch genügend Anlass, nachdem die Klägerin bereits erstinstanzlich den Zugang des Kündigungsschreibens bestritten hatte…

Siehe auch die Bundesrechtsanwaltskammer zur Vorinstanz: LAG: Einwurf-Einschreiben nur mit Auslieferungsbeleg – Nachweis Einlieferung reicht nicht!