iff Evaluation zu Inkassogesetz veröffentlicht

Auch nach Einführung des Gesetzes gibt es noch immer Handlungsbedarf. Kleinstsummen führen zu enormen Inkassokosten, Drohungen sind häufig, Informationspflichten, insbesondere zu Inkassokosten werden häufig nicht richtig erfüllt und die Aufsicht ist zu zaghaft. Von Dirk Ulbricht

Heute ist die Evaluierung der inkassorechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken des instituts für finanzdienstleistungen (iff) im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlicht worden. Die Studie sollte die neuen Darlegungs- und Informationspflichten, Regelungen zur Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten und die Regelungen zur Verbesserung der Aufsicht über Inkassounternehmen evaluieren. Im Ergebnis werden viele Verbraucher immer noch nicht richtig über die Zusammensetzung der Inkassokosten und die ursprüngliche Forderung informiert, die Kosten bei Kleinstforderungen können enorme Ausmaße annehmen und die Aufsicht greift selten hart durch.

Der Kostenrahmen, der durch die Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes gesetzt wird, wird auch bei Kleinstbeträgen und geringem Beitreibungsaufwand voll ausgeschöpft. „So kann bereits eine Forderung über einen Euro mit dem ersten Inkassoschreiben auf 71,20 Euro anwachsen,“ sagt Dirk Ulbricht vom iff. Das ursprüngliche Ziel, unverhältnismäßig hohe Inkassokosten zu verhindern, wird vom Gesetz daher verfehlt. Tatsächlich haben sich die von den Schuldnern verlangten Beträge in Bezug auf den Zeitraum vor der Novellierung vervielfacht. Unter anderem schlagen die Autoren der Studie schlagen daher vor, dass eine Erstattung von Kosten für die Beauftragung und das Tätigwerden eines Inkassounternehmens von einem Unternehmen gegenüber einem Verbraucher erst verlangt werden kann, wenn nach Verzugsbeginn der Schuldner mit zwei Schreiben gemahnt und auf die Einschaltung eines Inkassounternehmens und die damit verbundenen möglichen Kosten hingewiesen worden ist.

Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass das Bedrohungspotential, welches durch die Inkassobranche gegenüber den Schuldnern aufgebaut wird, immens ist. So rühmt sich beispielsweise ein an der Untersuchung nicht beteiligtes Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) auf der eigenen Webseite, dass „der Druck auf Ihren Kunden stetig höher wird“ und es wichtig sei, „schnell Druck auf den Schuldner auszuüben“. Die unzulässigen Drohungen betreffen insbesondere drei Fallgruppen, die Drohung mit einem Eintrag bei der Schufa oder einer sonstigen Wirtschaftsauskunftei, mit einer Strafanzeige oder mit einem Hausbesuch. Die Autoren empfehlen, dass in § 4a UWG klarstellend die hier dargestellten Fallgruppen beispielhaft zu konkretisieren sind, sodass für den Rechtsverkehr sowie für die betroffenen Schuldner schneller erkennbar ist, dass solche Praktiken unlauter sind und vor allem mit den Möglichkeiten der Verbandsklage eingedämmt werden können.

Bei den Aufsichtsbehörden existieren Anhaltspunkte für ungenügende Informationen. Als häufigste Kritikpunkte wurden das Fehlen des Namens des Auftraggebers, fehlerhafte Zinsberechnungen, über den gesetzlichen Verzugszins hinausgehende Zinssätze ohne entsprechende Erläuterungen sowie fehlerhafte Angaben zur Inkassovergütung genannt. Auch wurde von einer Aufsichtsbehörde in mehr als 25 Prozent der Fälle moniert, dass ein Hinweis auf die fehlende Vorsteuerabzugsfähigkeit nicht vorhanden war. Bei der Aktenauswertung in den Schuldnerberatungsstellen zeigte sich, dass in Hinblick auf die gesetzlichen Darlegungs- und Informationspflichten durch das Forscherteam 41,2 Prozent mindestens in einer Hinsicht als fehlerhaft bewertet wurden. Häufigstes Versäumnis war die Fehlerhaftigkeit der Vertragsinformationen, gefolgt von der Nennung des Namens. Vergleichbare Defizite wurden auch bei den Informationen zu der Inkassovergütung festgestellt. Auch bei der von uns vorgenommenen Auswertung der durch den BDIU zur Verfügung gestellten Akten wurde in 13 Prozent der Akten eine unvollständige Information festgestellt. Das Fehlen des Forderungsgrundes kam hier am häufigsten vor, gefolgt vom fehlerhaften Hinweis bei Vorsteuerabzug und der Zinsberechnung.

Die Aufsichtsbehörden haben selten von ihren Befugnissen Gebrauch gemacht. Die am häufigsten genannte Maßnahme war die Anordnung auf Abänderung bzw. Unterlassen der Inkassomaßnahme. Ebenfalls verbreitet war die Ankündigung von Auflagen. Zur Verbesserung der Aufsicht wird von dem Forscherteam vorgeschlagen, sie auf Bundesebene in einer Bundesbehörde zu zentralisieren und so die Kompetenzen in einer Behörde zu bündeln.

Hier geht es zur Studie

Finanzielle Allgemeinbildung Geflüchteter in Deutschland – eine qualitative Pilotstudie

Ein Mindestmaß an Finanzkompetenz ist Voraussetzung für eine nachhaltige Nutzung von Finanzdienstleistungen, gesellschaftlichen Teilhabe und gelungene Integration. Gefördert von der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. hat das iff eine Pilotstudie zur Finanziellen Allgemeinbildung Geflüchteter in Deutschland durchgeführt. Dabei wurde qualitativ untersucht, welche finanziellen Kompetenzen und Praktiken auf Seiten Geflüchteter vorliegen und welche Bedarfe und Hindernisse für die sinnvolle Nutzung von Finanzdienstleistungen bestehen. Sie konzentriert sich auf in Hamburg lebende Geflüchtete mit guter Bleibeperspektive aus Syrien, Irak und Eritrea. Feldbeobachtungen, Einzelinterviews und Fokusgruppendiskussionen zeigen, dass die finanzielle Bildung der Befragten gering ausgeprägt ist. Dies erklärt sich vor allem durch mangelnde Praxis sowie sprachliche Barrieren. Bereits in den Heimatländern wurden formelle Finanzdienstleistungen wenig genutzt. Finanzielle Transaktionen und Sparen werden überwiegend bar durchgeführt. Komplexere Finanzprodukte und Versicherungen werden nicht genutzt. Die finanzielle Inklusion der befragten Geflüchteten ist folglich nicht erreicht.

Link zur Studie Finanzielle Allgemeinbildung Geflüchteter_Working Paper 2018

Lesetipp: Antwort an Leutheusser-Schnarrenberger und Goebel in NJW

Der Beitrag von Leutheusser-Schnarrenberger/Goebel, NJW 2017, 3207, befasst sich ungeachtet der noch ausstehenden Veröffentlichung des Schlussberichts mit der Evaluation des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken. Damit beauftragt war das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen. Die nicht ohne Polemik vorgetragenen Bemerkungen wurden im Leserforum der NJW 09/2018 von uns kommentiert.

Hinweis: Leider ist kein Link auf die Veröffentlichung möglich.

Targobank beendet den öffentlichen Dialog mit dem Verbraucherschutz

Die Targobank zieht ihre Unterstützung für die Internationale Konferenz zu Finanzdienstleistungen des iff wegen der Gründung des Bündnisses gegen den Wucher zurück

Wie uns soeben mitgeteilt wurde, sieht die Targobank durch die Gründung des „Bündnis[ses] gegen Wucher […] die Basis für eine sachliche Debatte als beschädigt an.“ Die Targobank hat aufgrund dessen ihr Sponsoring für die diesjährige Veranstaltung eingestellt, kein Vertreter der Bank soll zudem an der Veranstaltung teilnehmen. Im Rahmen der Gründung des Bündnisses gegen den Wucher war auch ein Fall der Targobank vorgestellt und von den Medien aufgegriffen worden.

Die Targobank hatte in den vergangenen Jahren auf der jährlichen Internationalen Konferenz zu Finanzdienstleistungen des iff in Hamburg immer den öffentlichen Austausch mit dem Verbraucherschutz gesucht und die Veranstaltung auch finanziell unterstützt. „Es ist sehr schade, dass sich die Bank gerade jetzt aus dem öffentlichen Dialog mit dem Verbraucherschutz verabschiedet, reden hilft“, sagt Dr. Dirk Ulbricht, Direktor des instituts für finanzdienstleistungen e.V. (iff) Hamburg.

Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) hatte am 5.1.2018 zusammen mit den Verbraucherzentralen Sachsen und Hamburg, sowie der LAG Schuldnerberatung Hamburg und Rechtsanwalt Prof. Dr. Udo Reifner das bundesweite Bündnis gegen den Wucher ins Leben gerufen. Das Bündnis hat sich zur Aufgabe gemacht hat, Wucher im Bereich der Banken einzudämmen und mehr Rechtssicherheit für Verbraucher zu schaffen. Mittlerweile haben sich weitere Verbraucherschützer dem Bündnis angeschlossen.

Gründung des Bündnis gegen den Wucher

Die Verbraucherzentralen Sachsen und Hamburg, die LAG Schuldnerberatung Hamburg und Institut für Finanzdienstleistungen sagen Wucher den Kampf an

Kredite mit viel zu hohen Zinsen, die Restschuldversicherung wird zur Kostenfalle oder übertrieben hohe Inkassokosten – überteuerte Preise gibt es soweit das Auge reicht. Doch Verbraucher sind oft nicht sicher, ob es sich um Wucher handelt und welche Rechte sie haben.

Die Verbraucherzentralen Sachsen und Hamburg, sowie das Institut für Finanzdienstleistungen (IFF), LAG Schuldnerberatung und Rechtsanwalt Prof. Dr. Udo Reifner setzen deshalb den Startschuss für ein bundesweites Bündnis aus Finanzexperten, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wucher im Bereich der Banken einzudämmen und mehr Rechtssicherheit für Verbraucher zu schaffen.
Was:              Startschuss für das Bündnis gegen Wucher

Wann:          Donnerstag, 11. Januar 2017 um 10:30 Uhr

Wer:              Andrea Heyer, Referatsleiterin Finanzdienstleistungen Verbraucherzentrale Sachsen

                          Michael Knobloch, Vorstand Verbraucherzentrale Hamburg

                          Prof. Dr. Udo Reifner, Rechtsanwalt

                          Dr. Dirk Ulbricht, Direktor Institut für Finanzdienstleistungen (IFF), Hamburg

Wo:                Verbraucherzentrale in Leipzig, Katharinenstraße 17, 04109 Leipzig

oder               per Livestream für Medienvertreter unter dem Link: https://www.hlsplayer.net/rtmp-player,

                         Zugangscode: rtmp://195.145.155.82:8081/live/731907

Egal ob analog oder digital – wir laden Sie recht zu unserer Pressekonferenz ein und freuen uns über Ihr Kommen und eine kurze Rückmeldung vorab.

Ansprechpartner für die Medien:

Für den iff-Überschuldungsreport:
Herr Dr. Dirk Ulbricht
Tel: 040 / 3096-9110

E-Mail: dirk.ulbricht@iff-hamburg.de