LG Hildesheim gibt Klage des vzbv gegen die Digistore24 GmbH statt: Bestellbutton muss eindeutig beschriftet sein

Aus einem Bestellbutton muss eindeutig hervorgehen, dass ein Klick auf die Schaltfläche eine zahlungspflichtige Bestellung auslöst. „Mit Kreditkarte zahlen“ und ähnliche Fomulierungen, die sich auch auf die Wahl des Zahlungsmittels beziehen können, sind unzulässig. Das hat das Landgericht Hildesheim – Urteil des LG Hildesheim vom 07.03.2023, Az. 6 O 156/22 – nicht rechtskräftig – nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen die Digistore24 GmbH entschieden.

Nach der gesetzlichen Regelung dürfe ein Bestellbutton mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. „Mit Kreditkarte bezahlen“ und ähnliche Formulierungen seien in der konkreten Gestaltung des Bestellvorgangs nicht eindeutig. Sie könnten von Verbrauchern auch so verstanden werden, dass sie mit dem Klick auf die Schaltfläche lediglich die zuvor gewählte Zahlungsweise bestätigen und dadurch noch keine verbindliche Bestellung auslösen.

Außerdem verbot das Gericht dem Unternehmen Abonnements anzubieten, ohne ausreichend über deren Gesamtpreis, Laufzeit und Kündigungsbedingungen zu informieren.

Quelle und zum Urteil: vzbv

Bundesrat stimmt für Hamburger Mieterschutz-Initiative

“Die Stadt Hamburg hat mit Erfolg einen Gesetzesantrag zur Vermietung möblierten Wohnraums und zu Kurzzeitvermietungen in den Bundesrat eingebracht. Mieterinnen und Mieter in ganz Deutschland sollen zukünftig besser vor überhöhten Mieten und dem Aushebeln der Mietpreisbremse geschützt.

Kurzzeitvermietungen, juristisch bezeichnet als „Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch“, bleiben zwar weiterhin von der Mietpreisbremse ausgenommen. Das soll jedoch regelmäßig nicht mehr für Vermietungen ab sechs Monaten Dauer und auch nicht für sogenannte Kettenverträge befristeter Kurzzeitmietverträge zwischen denselben Parteien gelten.

Beim möblierten Wohnraum muss der Möblierungszuschlag bisher nicht gesondert ausgewiesen werden. Somit ist bislang die Nettokaltmiete nicht eindeutig nachvollziehbar und mit ortsüblichen Vergleichsmieten vergleichbar. Das soll sich mit der Offenlegungspflicht des Möblierungszuschlags ändern. Gleichzeitig soll die Höhe des Zuschlags begrenzt werden: auf monatlich höchstens ein Prozent des Zeitwerts, den die Möbel zu Beginn des Mietverhältnisses haben. Als Zeitwert wiederum gilt der Anschaffungspreis abzüglich eines Betrags von fünf Prozent für jedes Jahr, das seit dem Kauf abgelaufen ist.

Die Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch betreffen die Paragraphen 549 (zu den Kurzzeitvermietungen) und 556 d (zum möblierten Wohnraum).”

Quelle und mehr: FHH – siehe auch https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/1034/tagesordnung-1034.html?cms_topNr=6#top-6

DGB: Enttäuschende Mindestlohnanpassung gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen

“Die Mindestlohnkommission hat heute gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst. Demnach soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 lediglich auf 12,41 Euro und ein ganzes Jahr später, zum 1. Januar 2025, auf 12,82 Euro steigen. Im ersten Jahr entspricht dies einer prozentualen Erhöhung um magere 3,4 Prozent, im zweiten Jahr sind es sogar nur 3,3 Prozent. Die Arbeitnehmer*innenseite hat deshalb eine eigene Stellungnahme zum Beschlusstext der Mindestlohnkommission abgegeben.

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission, sagte am Montag in Berlin: 

„Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen. Mit diesem Beschluss erleiden die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. Die Mindestlohnkommission wird damit nicht ihrer Aufgabe gerecht, den gesetzlich geforderten Mindestschutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten.

Um diesen Mindestschutz sowie einen Ausgleich der Inflation zu erreichen, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.

Vollkommen aberwitzig ist zudem, dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste Erhöhung nicht den aktuell vom Gesetzgeber festgelegten Mindestlohn von 12 Euro ansetzen. Mit dem jetzt gefassten Beschluss gehen die Arbeitgeber stattdessen vom alten Mindestlohn in Höhe von 10,45 Euro aus. Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich, der vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation die 12 Euro festgelegt hatte, um den Mindestlohn armutsfest zu gestalten.

Es ist beschämend, dass die Arbeitgeber in dieser Situation mit den höchsten Teuerungsraten gerade bei den finanziell Schwächsten des Arbeitsmarktes sparen wollen. Sie müssten de facto Einkommensverluste hinnehmen und wären komplett von der allgemeinen Lohnentwicklung abkoppelt.“

Quelle und mehr: DGB

BGH: kein vereinfachter Vollstreckungsantrag der F. OHG aus Titeln der F. GbR

Die Entscheidung des BGH, Beschluss vom 10. Mai 2023 – VII ZB 23/22 kommt sehr formal daher, sollte aber mit Blick auf die Beteiligten (“F. GbR” bzw. “F. OHG”) bekannt sein. Der amtliche Leitsatz:

Die Möglichkeit des vereinfachten Vollstreckungsantrags bei Vollstreckungsbescheiden gemäß § 829a ZPO ist für eine Gläubigerin, deren Parteibezeichnung sich nach Erlass des Vollstreckungsbescheids geändert hat, nicht eröffnet, weil sie dem zuständigen Vollstreckungsorgan die Parteiidentität mit der Titelgläubigerin zweifelsfrei nachweisen muss.

Die die Parteiidentität belegenden Urkunden müssen dem Vollstreckungsantrag beigefügt werden und schließen als vorlegungspflichtige andere Urkunden im Sinne des § 829a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Anwendung des vereinfachten Vollstreckungsantragsverfahrens gemäß § 829a ZPO aus.

Siehe auch Zwangsvollstreckung der FKH OHG aus Titeln der FKH GbR: BGH weist Rechtsbeschwerde zurück

Sachverständige:  Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne einen gültigen Fahrschein soll keine Straftat mehr sein

Bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Montag, 19. Juni 2023, hat sich die überwiegende Mehrheit der geladenen Sachverständigen dafür ausgesprochen, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne einen gültigen Fahrschein nicht mehr als Straftat nach § 265a StGB zu ahnden. In einigen Stellungnahmen wurde eine Verortung im Bereich der Ordnungswidrigkeiten vorgeschlagen. Um dem Problem zu begegnen, dass häufig arme und hilfsbedürftige Menschen und Obdachlose, die sich weder die Fahrkarte noch eine Strafzahlung leisten können, von sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen betroffen sind, plädierten mehrere Sachverständige für die Senkung der Fahrpreise und die Schaffung eines kostenfreien öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

Grundlage der öffentlichen Anhörung war ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des Strafgesetzbuchs (20/2081). Darin spricht sich die Fraktion dafür aus, das Fahren ohne Ticket künftig nicht mehr als Straftat zu behandeln. Wie die Abgeordneten schreiben, sei die in Paragraf 265a des Strafgesetzbuches („Beförderungserschleichung“) enthaltene Strafandrohung nicht verhältnismäßig und widerspreche der Funktion des Strafrechts als letztes Mittel (Ultima-Ratio-Funktion).

Es drohten Geldstrafen, bei Zahlungsunfähigkeit auch nicht selten Haft durch Ersatzfreiheitsstrafe, „obwohl beim Einsteigen in Bus oder Bahn eine Überwindung von Schutzvorrichtungen nicht erforderlich und damit die Entfaltung von ‘krimineller Energie’ nicht notwendig ist“.

Professor Roland Hefendehl von an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hält die ersatzlose Streichung der Beförderungserschleichung als Strafbarkeitsalternative für „nicht nur kriminalpolitisch sinnvoll, sondern verfassungsrechtlich geboten“ (vgl. auch dessen schriftliche Stellungnahme). Das erhöhte Beförderungsentgelt sei einschneidend genug, so der Sachverständige. Wer beklage, es sei nur schwer einzutreiben, müsse sich eingestehen, „dass dies mit einer Geldstrafe oder einem Bußgeld noch schlechter geht“. Nicht zu überzeugen vermag auch aus seiner Sicht die Lösung über das Ordnungswidrigkeitenrecht.

Quelle und mehr: Bundestag

Bundestag macht den Weg für kürzere Ersatz­freiheitsstrafen frei

Der Bundestag hat gestern einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt, wonach der Umrechnungsmaßstab einer Geld- in eine Ersatzfreiheitsstrafe in Paragraf 43b des Strafgesetzbuches halbiert werden soll.

Die Halbierung begründet die Bundesregierung mit dem Umstand, dass deren Vollzug „in der Regel keinen Beitrag zur Resozialisierung der Betroffenen leisten kann“. Die Bundesregierung führt zudem Zahlen an, nach denen die Zahl der Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, deutlich gestiegen ist, während die Zahl derer, die eine Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit vermeiden, deutlich zurückgegangen ist.

Durch entsprechende gesetzliche Änderungen will die Bundesregierung daher sicherstellen, dass Personen, denen der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe droht, von den Vollstreckungsbehörden darauf hingewiesen werden müssen, dass es die Möglichkeit für Zahlungserleichterungen sowie für gemeinnützige Arbeit („freie Arbeit“) gibt. Auch die Gerichtshilfe sowie Träger der freien Straffälligenhilfe sollen künftig stärker eingebunden werden.

Des Weiteren sollen Gerichte bei der Verhängung von Geldstrafen künftig explizit darauf achten, „dass dem Täter mindestens das zum Leben unerlässliche Minimum seines Einkommens verbleibt“. Paragraf 40 Absatz 2 Strafgesetzbuch soll entsprechend ergänzt werden. Wie die Koalitionsfraktionen zur Begründung ausführen, werde mit der Einfügung die obergerichtliche Rechtsprechung kodifiziert, nach der insbesondere bei Empfängern von Sozialleistungen eine Abweichung von Nettoeinkommensprinzip geboten sei.

Quelle und mehr: Bundestagsmeldung. Siehe auch dip.bundestag.de/