Die Aufrechterhaltung des Freizügigkeitsrecht (EU) als Arbeitnehmer setzt keine ununterbrochene Tätigkeit von mehr als einem Jahr voraus – BSG vom 13. Juli 2017, Az. B 4 AS 17/16 R Autor: Bernd Eckhardt

Der Arbeitnehmerstatus garantiert EU-BürgerInnen weitgehend den diskriminierungsfreien Zugang zu Sozialleistungen, so auch aufstockenden SGB II-Leistungen. Bei unfreiwilligem Verlust einer kurzeitigen Beschäftigung bleibt der Arbeitnehmerstatus für... → weiterlesen

Abschließende Bescheide, die während des Widerspruchsverfahrens gegen den entsprechenden vorläufigen Bescheid erlassen werden, sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens – sie können nur mittels Klage angefochten werden – BSG vom 5. Juli 2017, Az. B 14 AS 36/16 R Autor: Bernd Eckhardt

Die Frage stellt sich nicht selten in der Praxis. Ein Widerspruch gegen die vorläufige Leistungsbewilligung wurde eingelegt, aber noch nicht entscheiden. Nun wird ein abschließender... → weiterlesen

Neue Studie des IMK: Die Diskrepanz zwischen den Einkommensklassen hat sich deutlich vergrößert

„Die soziale Schere zwischen Arm und Reich hat sich deutlich geöffnet. Was die Politik dagegen tun kann, zeigt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. (…)

Dass Ungleichheit ein gravierendes Problem darstellt, zeigen die IMK-Forscher anhand der neuesten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Dabei haben sie die Bevölkerung in drei Einkommensgruppen eingeteilt: Wer weniger als 70 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gehört finanziell zur unteren Schicht, wer mindestens 150 Prozent ausgeben kann, zur oberen, der Rest zur Mitte. Den Berechnungen zufolge ist das durchschnittliche verfügbare Einkommen der oberen Gruppe von 1991 bis 2014 real um gut 17 Prozent gestiegen, das der Mitte um 10 Prozent. Die Geringverdiener mussten sich dagegen über den Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten mit Zuwächsen von insgesamt knapp 3 Prozent begnügen. Die Diskrepanz zwischen den Einkommensklassen hat sich also deutlich vergrößert.“

Quelle und mehr: PM Hans-Böckler-Stiftung

Antwort des iff auf die Fragen der High Level Expert Group zu dem Zwischenbericht Nachhaltige Finanzprodukte

Die EU hat sich an die interessierte Öffentlichkeit gewandt und um Rückmeldungen zum Zwischenbericht nachhaltige Finanzprodukte erbeten (Link). Sie will mit ihrer Initiative nachhaltige Investitionen fördern, wobei Nachhaltigkeit neben der Umwelt auch soziale Aspekte und Aspekte guter Regierungsführung beinhaltet.

Das iff unterstützt diese Initiative ausdrücklich. Die Stellungnahme des iff finden sich hier: Link.

Der Wucher ist zurück – Positionen der Parteien vor der Bundestagswahl 2017

Wer arm ist, dessen Notlage wird immer häufiger von Finanzdienstleistern ausgenutzt. Das iff hat im Vorfeld der Bundestagswahl die Positionen der Parteien dazu eingeholt.

Wir haben im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 die CDU/CSU, SPD, B90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, FDP und AfD zu ihren Positionen zu Wucher befragt. Hier finden sich die eingegangenen Antworten.

Wir haben auch selber Antworten gegeben, mit denen Sie die Standpunkte der Parteien vergleichen können. Zufrieden sind wir nämlich nicht. Wenn es beim Wucher darum geht, ob man die geschilderten Prozesse sieht, ob man sie als Problem ansieht, ob es für das Problem eine spezifische Lösung gibt, so sind wir eigentlich von allen Parteien enttäuscht. Eine Partei kennt die Prozesse nicht, eine findet, das muss so sein, eine weitere will das Problem durch die Verbraucher lösen lassen, eine andere Lösungen, die so grundlegend sind, dass sie kaum Chancen haben und schließlich meint eine Partei sogar, dass, wenn man die Betroffenen außer Landes bringt, das Problem gelöst sei. Es steht also nicht gut mit dem Wucher.

Wer arm ist, dessen Notlage wird immer häufiger von Finanzdienstleistern ausgenutzt: Kreditzinsen inklusive Provisionen für Zusatzgeschäfte stehen in keinem Verhältnis zu der dafür erbrachten Leistung, die Notlage von Migranten wird bei Überweisungen an die Familien ausgenutzt.

Wucherkampagne

Das gemeinnützige institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) setzt sich bereits seit drei Jahrzehnten wissenschaftlich mit Fragen zum Zugang zu Finanzdienstleistungen unter anderem im Auftrag verschiedener Bundesministerien, der Europäischen Kommission und des Parlaments und der Verbraucherverbände auseinander. Vor kurzem hat das iff ein Manifest gegen den Wucher veröffentlicht und wird sich im Rahmen einer Kampagne mit Verbraucherschutzorganisationen gegen den gesetzlich verbotenen Wucher einsetzen.

Hintergrund

Wucher tritt in der Finanzdienstleistungsbranche mittlerweile recht häufig auf. Er trifft insbesondere einkommensschwache Haushalte, die an der Schwelle zur Überschuldung stehen (Schwellenhaushalte) und Migranten. Diese Gruppe kann sich in der Regel nicht adäquat zur Wehr setzen. Im Kreditbereich ist der gesetzlich verbotene Wucher systemisch aufgebaut. Der einzelne Kredit sieht oft gut aus, der Wucher steckt in seiner Abfolge und Zusatzprodukten wie Restschuldversicherungen. Grundlage ist die Aneinanderreihung einzelner Kreditverträge. Kann ein Verbraucher einen Kredit nicht mehr bedienen oder braucht er dringend Zusatzkredit, so muss er sich an seinen bisherigen Kreditgeber wenden. Schuldet er zwei Kreditraten, darf die Bank den Kreditvertrag kündigen. Dadurch wird die gesamte geschuldete Restsumme auf einen Schlag fällig. Im Angesicht einer aussichtslosen Überschuldung macht die Bank dem Verbraucher also ein Umschuldungsangebot, das dieser praktisch nicht ablehnen kann – zu wucherischen Konditionen. Die Bank kann bei jeder Umschuldung einen neuen Zinssatz, neue Produkte, Raten etc. anbieten. Der Verbraucher wird alles akzeptieren, weil es keine Alternative gibt. Besonders perfide ist die Restschuldversicherung. Die Bank zwingt dem Verbraucher Versicherungen, häufig Lebensversicherungen, auf, die die Rückführung seines Kredites sicherstellen sollen. Diese Versicherungen sind im Vergleich übermäßig teuer und sind auf die Bedürfnisse der Bank zugeschnitten. Umso öfter umgeschuldet wird, umso höher ist die Rendite aus der Restschuldversicherung. Zum systemischen Wucher gehört auch, den zahlungsunfähigen oder -unwilligen Verbrauchern die Kosten für das Inkasso aufzubürden.

Antworten des iff

1. Halten Sie die Mehrbelastung von geringeren Einkommensgruppen bei Bankgeschäften mit dem Hinweis auf deren angeblich geringere Kreditwürdigkeit für gerechtfertigt? („The Poor Pay More“)

Antwort:

Ungleichbehandlungen sind Diskriminierungen, die einer Begründung bedürfen. Ein statistischer Zusammenhang reicht hier ebenso wenig wie für die Frage, ob die Anzahl der überfliegenden Störche die Geburtenrate erhöhen. Genau damit argumentiert die Kreditwirtschaft. Es gibt keine Belege, dass Arme die schlechteren Zahler sind als Reiche. Über 90% der armen Kunden zahlen ihre Kredite voll zurück, obwohl ihnen bis zu acht Mal mehr Zinsen zur Kompensation ihrer Armut auferlegt werden. Es ist der Wucher, der die Armut befördert und nicht die Armut, die den Wucher legitimiert. Wir brauchen kein neues Gesetz, sondern nur eine Anwendung der bestehenden Vorschriften.
In der Marktwirtschaft haben Anbieter das Recht zur diskriminierenden Preisgestaltung aber nur mit zwei Einschränkungen: sie müssen die Belastung transparent machen und offenlegen (Effektivzinssatz und Tilgungsplan). Sie dürfen nach dem Wucherverbot die Not nur bis zur Grenze des Doppelten des Üblichen ausbeuten. Beides ignoriert die Praxis.

Anbieter haben auch das Recht zur diskriminierenden Preisgestaltung mit zwei Einschränkungen: sie müssen die Belastung transparent machen und offen legen (Effektivzinssatz und Tilgungsplan). Sie dürfen nach dem Wucherverbot die Not nur bis zur Grenze des Doppelten des Üblichen ausbeuten.

2. Unterstützen sie eine Gesetzesinitiative, die bei der Wucherprüfung von Krediten alle Belastungen der Kreditnehmer aus zugleich abgeschlossenen anderen Verträgen wie insbesondere Versicherungsverträgen einbezieht?

Antwort:

So würde die Ersetzung der von der Finanzlobby eingefügten Ausnahme für Versicherungen in §6 Abs.4 Ziffr. 2 PAngV durch folgenden Passus ausreichen:

Jetzige Fassung: „die keine Voraussetzung für Verbraucherdarlehensvergabe …“

Neue Fassung nach EU-Vorschlag 2002: „deren Abschluss nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Kreditvergabe stehen“

 3. Werden sie die Praxis der Kettenumschuldungen eindämmen, durch die Zwangslage überschuldeter Personen zur Umschuldung in immer schlechtere Kreditkonditionen missbraucht wird?

Antwort:

Wer aus Kreditnot umschuldet hat keine Marktfreiheit. Er ist an den bisherigen Kreditgeber gebunden. Die Rechtsprechung verbietet es, aus der Not eines Kreditnehmers Vorteile zu erstreben. Dies  gilt vor allem für Umschuldungssysteme, bei denen sich statistisch nachweisen lässt, dass die Zwangslage bewusst herbeigeführt wird und die Konditionen ständig verschlechtert werden. Der strafrechtliche Wucherparagraph muss hier ausgedehnt werden auf systemischen Wucher.

Jetzige Fassung: §291 StGB „1) Wer die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten“

Neue Fassung: „Wer die Notlage, die sich durch Überschuldung, Zwang … ergibt ausbeutet oder durch die Gestaltung von Absatz oder Produkten Systeme entwickelt, in diesen solche Zwangslagen entstehen, dass er sich …“

4. Was werden sie tun, um die Belastung von Migranten bei Überweisung an ihre Familien zu Hause mit bis zu 20% des Betrages durch Gebühren zu verhindern?

Antwort:

Innerhalb des Euroraums dürfen Überweisungen nicht teurer sein als innerhalb Deutschlands. Warum aber sollen Banken dann bei 150 € Überweisung in die Türkei mehr als 20% der Summe als Gebühr einbehalten dürfen? Es geht nicht, dass Arbeitnehmer aus der Türkei so ausgebeutet werden, dass es sich für sie fast schon lohnt, sich an die wucherischen privaten Geldtransferfirmen zu wenden.

Die BaFin muss die Überweisungsentgelte erfassen und überwachen. Wucher muss verhindert werden.

5. Was werden sie tun, damit der Anteil der Schulden Überschuldeter der nicht in Darlehen besteht, die der Kunde nutzen konnte, sondern aus den darauf aufgeschlagenen Kosten, Gebühren, Zwangsvollstreckungskosten, Umschuldungverlusten und Verzugszinsen nicht weiter steigt?

Antwort:

Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt das Zinseszinsverbot, eine Deckelung von Verzugszinsen und das Prinzip, dass außergerichtliche Beitreibungskosten nur dann ersetzt verlangt werden können, wenn sie objektiv notwendig sind. Die Bundesregierung hat diese Prinzipien aufgeweicht. Durch Umschuldungen kann man Zinsen in Kapital verwandeln und darauf Zinsen nehmen. Verzichtet man bei Überschuldeten auf Kreditkündigung, so kann man die Verzugszinsdeckelung umgehen. Schaltet man einen Anwalt ein, so gilt dies immer als notwendig, auch wenn die Anwaltsbüros nichts anderes als ausgelagerte Abteilungen sind.

Auch hier wird geltendes Recht nicht angewandt.

Die BaFin ist neuerdings für die kollektiven Belange der Verbraucher zuständig. Sie macht hier nichts, legt keine Rechenschaft ab und versteckt sich hinter den Zivilgerichten. Sie sollte verpflichtet werden, alle diese Missstände zu beobachten und darüber jährlich an die Öffentlichkeit berichten.

Für die Armen fehlt es nicht an Recht, sondern an Rechtsdurchsetzung.

Marktwächter werden weiter gefördert

Die Projekte Marktwächter Digitale Welt und Marktwächter Finanzen werden bis Ende 2019 mit einer Summe von jeweils fünf Millionen Euro jährlich weiter gefördert. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Verlängerungsanträge des vzbv bewilligt.